Die Schamanin. Hans-Peter Vogt
sich auf, bis sie kaum noch zum Schlafen kommt, und sie opfert ihr Leben dem Gemeinwohl, wie eine Art Mutter Theresa, immer im Bewusstsein, dass der Welt das Gleichgewicht abhanden gekommen ist.
In diesem Band geht es einmal nicht vordergründig um Action und um spannende Erlebnisse. Die Familie von Solveig sucht nach Wegen, um in dieser Welt zu überleben und ihre führende Rolle auszubauen, und sie sucht vor allem nach Konzepten und Strategien, die den Anforderungen einer globalen Welt gewachsen sind, und die gleichzeitig den Anforderungen von Moral und einer Ethik des Handelns zu genügen. Es ist ein sehr nachdenkliches Buch, das vom Leser verlangt sich in diese Welt hineinzuversetzen, die da in 50 Jahren sehr wahrscheinlich auf uns zukommt, weil wir über Jahrhunderte hinweg die Steuerungselemente vernachlässigt haben, um diese Welt nachhaltig vor Zerstörung und Ausbeutung zu schützen. Vieles wissen wir allerdings nicht. Es wird neue Bedrohungen geben, von denen wir erst in 5 10 oder auch 50 Jahren erfahren, teils wirtschaftlicher Art, teils militärisch, manches durch Radikalismus, und manches durch die immer größer werdenden Ströme der Menschen, die eine neue Heimat suchen, und durch ihr völlig andersartiges Wertesystem massiv die alten Gesellschaftsordnungen der Zufluchtsländer gefährden.
Das Volk der Cantara, das sich auf der Erde inzwischen vermehrt hat, aber stets unsichtbar im Hintergrund bleibt, hat aber auch ganz eigene Pläne mit dem Planeten Erde. Unabhängig vom Clan der Auserwählten - zu dem Solveig als Mutantin gehört - greift das Volk der Cantara immer mehr in das Geschehen ein.
Es gibt in diesem Buch zwar spannende Action, aber solche Beschreibungen treten völlig in den Hintergrund, weil dies nur einzelne Stationen in Solveigs Leben sind, die auf dem Weg zu einer mächtigen „Fürstin“ ist.
Diese Suche nach Überlebenskonzepten und der Kampf gegen Krankheiten prägt dieses Buch. Es geht aber auch um Wirtschaftskreisläufe und Überlebensstrategien. Im Hintergrund steht immer ein drohender dritter Weltkrieg, der alles verschlingen wird, wenn es nicht gelingt, die vielen widerstrebenden Interessen der mächtigen Clans dieser Erde konfliktfrei zu lösen.
Mit der Suche nach Lösungen gehen philosophische Betrachtungen einher. Es geht um eine globale Verantwortung für diesen Planeten und seine Bewohner, es geht aber zugleich um die soziale Verantwortung im Kleinen, in der Nachbarschaft und unter den Freunden. Es geht auch darum, wie ich mit meinen Feinden umgehe, wie ich Menschen einbeziehe und sie für eine Zusammenarbeit überzeuge. Es geht um die Bewahrung moralischer Werte, und es geht vor allem darum, solche Werte auch zu leben.
Tatsächlich wird Solveig in dieser Welt eine bedeutende Rolle einnehmen und die „Geschicke der Welt“ beeinflussen. Sie wird Trägerin des Friedensnobelpreises, aber auch dies markiert nur einen Eckpunkt auf ihrem Lebensweg.
Der Band ist ein biografischer Roman rund um diese einmalige Persönlichkeit. Es ist aber auch ein sozialpolitischer und zugleich auch ein ökonomischer und moralisch-ethischer Roman, weil die Beschäftigung mit solchen Themen die Gedankenwelt von Solveig auszeichnet und ihre Handlungen rechtfertigt. Solveig ist eine der großen Humanisten dieser Welt, wobei sie nicht durch die Entwicklung von Theorien, sondern durch praktisches und konkretes Handeln und konkrete Hilfe wirkt und Einfluss nimmt.
Dieser Roman versucht, sich an wissenschaftlichen Modellen zu orientieren,wie die Welt in 50 oder 100 Jahren aussehen könnte.
Was in diesem fiktiv ist, das sind die übersinnlichen Kräfte des Clans, zu dem Solveig gehört. In dieser Romanserie hat dieser Clan der Auserwählten seine Kräfte durch jenes legendäre Volk der Cantara erhalten, von dem ein Exemplar den weiten Weg durch den Weltraum zu unserem Planeten gefunden hat.
Über eins müssen wir uns klaren sein. Es wird wohl viel schlimmer kommen, wenn die Welt nicht endlich beschließt, wirkungsvolle Mechanismen durchzusetzen, um die Belastung der Natur radikal einzudämmen und die überall aufflammenden Konflikte zwischen mächtigen lokalen und nationalen Clans und der selbsternannten Eliten friedlich zu lösen. Hierzu gehören auch soziale Konflikte zwischen arm und reich. Das ist ein Thema, was Solveig besonders am Herzen liegt. Die Achtung vor dem Menschen erfordert nach der Überzeugung von Solveig die Versorgung mit Wasser, Nahrung, Arbeit, Kleidung und menschlicher Wärme.
Bei all solchen hehren Zielen müssen wir Menschen uns immer wieder eingestehen, dass wir nicht frei sind vor Fehlern. Auch Solveig ist das nicht, und sie stößt immer wieder an die Grenzen ihrer Kraft. Ihre Ehe zerbricht und sie setzt ihre Kinder durch ihre permanente Arbeitsüberlastung unter gehörigen Druck.
Kapitel 1. Im Schoß der Familie
1.
Solveig ist in einer kleinen Stadt in Peru geboren. Sie ist das vierte Kind von Clara und ihrem Mann Raoul, die in der kleinen Stadt Ciudad del Sol wohnen. Sie liegt in den nordöstlichen Anden Perus. In unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung befindet sich auch die gemeinsame Privatklinik.
Raoul ist ein geschickter Unfallchirurg, der sich mit Knochenbrüchen oder Schnittverletzungen auskennt. Er hilft auch bei Risikoschwangerschaften, etwa, wenn ein Kaiser-schnitt nötig wird. Es gibt weitere Eingriffe im Bereich dessen, was man innere Medizin nennt, also etwa bei Gallensteinen oder einem Blindarmdurchbruch. Seine Frau Clara wiederum ist Allgemeinmedizinerin und Kinderärztin, und sie hilft auch bei normal verlaufenden Schwangerschaften. Clara ist außerdem Naturheilkundlerin, und sie gilt als geniale Heilerin, die bei Problemen helfen kann, wo die Schulmedizin sonst versagt.
Clara und Raoul stehen einer kleinen Privat-Klinik vor, mit vierzig Betten, 5 OP’s und sechs Behandlungszimmern. Es gibt mehrere Arzthelferinnen, zwei Assistenten und drei Hebammen. Ein Augenarzt, ein Internist und ein Urologe, die in derselben kleinen Stadt praktizieren, die haben Belegrecht, wenn es z.B. um Augenleiden oder Prostataprobleme geht.
In der kleinen Stadt, die bei Solveigs Geburt rund 40.000 Einwohner hat, da leben heute etwa 23.000 Indianer der Stämme der Aymara und der Quechua. Der Rest besteht aus spanischsprechenden Weißen.
Die Klinik liegt direkt im indianischen Viertel, und so ist es nur natürlich, dass sich die indianische Bevölkerung hier gerne behandeln lässt, zumal Raoul ein Indio ist, und Clara eine Mestizin. Aber Clara hat sich in ihrer Laufbahn den Ruf einer Wunderheilerin aufgebaut, und so gibt es auch viele weiße Patienten, die manchmal von weit her kommen, sogar aus den USA und aus den arabischen Ländern.
Auch wenn sich Clara den Völkern der Aymara und der Quechua besonders verbunden fühlt, gibt in dieser Klinik keine Bevorzugung.
Die Stadt wird von zwei etwa 8-10 Meter breiten Flüssen zerschnitten, die hier zusammenfließen, und sich zu einem gemeinsamen Strom vereinen, der ein Nebenfluss des Amazonas ist. Der größere der beiden Flüsse war in dem tiefen Tal zu einem See aufgestaut worden, und liefert das Trinkwasser der Stadt. Es gibt da aber auch Turbinen, die mit dem Elektrizitätswerk verbunden sind und der kleinen Stadt ihren Strom liefern, na zumindest einen Teil davon. Ein anderer Teil des Energiebedarfs wird über Solaranlagen, Biomasse und Erdwärmepumpen geliefert.
Trotz der langen Geschichte der Stadt und der Ausgrabung einer 4000 Jahre alten Königsstadt ist Ciudad del Sol eine junge und durchaus moderne Stadt.
Die größte Fabrik der Stadt liefert Nahrungsmittel, die über eine inzwischen gut ausgebaute Fernstraße bis nach Chile geliefert werden. Diese Fabrik gehört der Familie von Solveig, und Großvater Leon war es es auch, der dieser Stadt ein modernes Energiekonzept beschert hatte, wobei er viele Geldmittel in die Hand genommen hatte. Die Familie ist deshalb auch an dem örtlichen Elektrizitätswerk, am Wasserwerk, an der Müllentsorgung und am Biomassewerk beteiligt, das u.a. Biogas herstellt. Kurz gesagt, Solveig ist als Teil der wirtschaftlich führenden Familie dieser Stadt geboren worden, mehr noch, Solveigs Familie gehört das größte Wirtschaftsunternehmen Perus. Größer noch als all die Minengesellschaften, die z.B. Lithium abbauen, aber auch daran ist das Familienunternehmen mit 25 Prozent beteiligt.
Der See ist tief und das Wasser ist kalt. Es gibt einige wenige Stellen, wo man schwimmen kann, aber das ist nicht ungefährlich, weil es in dem See eine kräftige Strömung gibt. Wehe dem, der in den Sog der Turbinen gerät.
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