Die wilden Zeiten der Théra P.. Hans-Peter Vogt
Die Worte des Königs waren beredt und weise. Sie sahen sich noch einmal an und nickten sich zu, dann gelobten sie sich die Freundschaft. „Lasst uns diese Freundschaft umsetzen“, bat Ali. „Egal, was jetzt passiert. Lasst uns dieses Bündnis immer wieder erneuern. Ein Bündnis zwischen Siegern.“ Er sah, dass die beiden anderen nickten.
Der König sah Cennet an, und er schien zu fragen, „bist du bereit?“
Cennet deutete einen Hofknicks an, dann nahm der König ihre Hand in die Linke und die Hand Buraks in die Rechte. Er führte sie zusammen und sagte: „Wir haben heute ein Paar zusammengeführt, das würdig ist, dass Geschichten über dieses Turnier entstehen. Allah soll über die beiden wachen und sie ein Leben lang beschützen.“
Burak stockte der Atem.
Ali und Mustafa hielten die Luft an.
Die drei jungen Männer sahen sich an, dann griff Burak mit seiner Linken nach der Hand von Ali und forderte Mustafa auf, die Hände von Ali und Cennet zu nehmen um einen Kreis zu bilden.
„Im Angesicht von Allah und von Cennet, lasst uns noch einmal Treue und Freundschaft schwören, dass Cennet nie zwischen uns stehen wird.“ Er sah, dass Ali und Mustafa tief einatmeten. Sie sahen sich an, dann nickten sie. „Wir schwören bei Allah und bei Cennet.“ Das kam wie aus einem Mund.
Die Menge war atemlos. Selten hatte Théra eine solche Stille gehört. Dann brandete Jubel auf.
Die Hochzeit wurde noch am selben abend von einem Priester geweiht. Es war ein einzigartiges Erlebnis, das alle sonstigen Riten überflüssig machte. Eine Hochzeit, die direkt und unmittelbar durch den Willen Allahs herbeigeführt worden war.
Dann durfte Burak Cennet mit in sein Zelt nehmen.
Während Leyla ihrem Ali ausrichten ließ, sie liebe ihn für seine Großmut, schickte Théra eine Nachricht an Mustafa. Sie würde für ihn da sein, wenn er sie brauche.
Noch in derselben Nacht lag sie in Mustafas Armen. Die Frauen des Harems hatten ihr eingeschärft, in der Zeit ihrer Fruchtbarkeit nicht mit Mustafa zu kopulieren. Théra hielt sich daran, aber Mustafa war von einer seltenen Gabe. Er drängte sie nicht und genoß, was Théra ihm schenkte. Er hatte nicht die Liebe von Cennet errungen, aber dieses Mädchen hier schenkte ihm ihre Liebe freiwillig, wenn auch unter dem Vorbehalt, dass er sich an Vereinbarungen hielt.
Das Hochzeitsfest wurde sieben Tage lang gefeiert. In dieser Zeit sahen sich Mustafa und Théra jede Nacht, und sie erfreuten sich an der Liebe ihrer Körper. Wie gern hätte er einmal das Gesicht dieses schlanken Mädchens gesehen, aber Théra weigerte sich. „Später einmal. Da können wir das tun, aber nicht hier und nicht unter diesen Umständen. Ich habe einen Ruf zu verlieren.“
Mustafa wusste immer noch nicht, wen er da in seinen Armen hielt. Sie musste das hochrangige Mitglied einer wichtigen Familie sein, aber sie war keine Araberin. Das Mädchen hatte einen seltsamen Singsang. Er verstand alles, was sie sagte, und sie verstand auch alles, was er in die Ohren flüsterte. Dieses Mädchen war ein Phänomen, und er begann sich langsam in dieses junge Mädchen zu verlieben.
In diesen sieben Tagen hielt der König von Saudi Arabien Wort. Alle drei wurden gefeiert, wie Sieger. Keiner wurde irgendwie bevorzugt. Diese sieben Tage waren noch einmal etwas Besonderes. Man spielte Polo, es gab Ausflüge mit den Dromedaren und den Geländewagen in die Wüste. Es wurde viel getanzt und musiziert. Es war ein wunderbares und buntes Fest, das von den Männern und den Frauen natürlich auch genutzt wurde, um die verschiedensten politischen Gespräche zu führen. Es ging um viel. Um den Weltmarktpreis des Öls, um Exportquoten, um die Politik gegenüber den Ungläubigen und dem jüdischen Staat, um eine gemeinsame Politik in der Weltarena der Vereinten Nationen, um Wasserrechte, um die Verkupplung der Kinder und um bevorstehende Hochzeiten.
Von all dem bekam Théra nichts mehr mit. Sie genoss das Fest und die Nächte mit Mustafa. Sie hielt sich streng an die Abmachung der Frauen. Nie würde sie Ihr Gesicht zeigen. Nicht auf diesem Fest und nicht in den Monaten danach. Das war sie den Frauen schuldig.
15.
Para wusste schon in der ersten Nacht, was Théra da trieb. Er hatte diese Energiewellen gespürt, und auch Clara wusste es inzwischen. Dennis, der immer noch in Peru war, spürte diese Hitze und er seuftze. In einer dieser ersten Nächte setzte sich auch Alanque plötzlich auf und sah Dennis an. Sie runzelte die Stirn. „Théra?“ Dennis nickte. „Hoffen wir, dass Para und Clara immer zur Stelle sind, wenn sie gebraucht werden.“
Théra brauchte Para und Clara nicht. Sie war Herrin der Lage. Die Frauen waren diskret. Sie schützten Théra und es wurde nichts bekannt.
Burak und Cennet waren in ihrer ersten Nacht sehr vorsichtig miteinander, um nichts zu zerstören. Cennet war für arabische Verhältnisse der Inbegriff der Schönheit. Sie zeigte schnell, dass sie die ihr zugeschriebenen Eigenschaften alle beherrschte, wenn es galt, ein Königreich zu erobern. Dieser junge Ehemann hatte das Zeug zu einem Herrscher. Sie spürte das mit ihrer fraulichen Intuition. Sie erlebte, dass dieser Junge nicht nur zärtlich und kraftvoll war, sondern auch das hatte, was man Weisheit nennt. Er erahnte schon im Vorraus, was sie sich wünschte. Er ging nicht auf alles bereitwillig ein, aber er gab ihr Freiheiten, die sie nicht kannte. Aber Burak setzte auch Regeln.
„Du musst lernen, zu gehorchen“, sagte er ihr in der zweiten Nacht ihrer Ehe. Dann wirst du den Platz einnehmen, der dir an meiner Seite gebührt.“ Er setzte solche Regeln nicht nur, sondern erklärte diese Regeln auch so, dass sie verstand, warum diese Regeln für sie gelten. „Ich muss dir das nicht erklären“, betonte er. Nimm diese Geste als Zeichen meiner Liebe und meines Vertrauens.“ Er warnte noch einmal: „Verwechsele mein Vertrauen nicht mit Schwäche...“ Er ließ den Rest des Satzes offen. Das würde ihr schlecht bekommen.
Er würde sie nie schlagen. Das wäre undenkbar, aber er würde sie mit Verachtung strafen und sie nie wieder in sein Bett lassen. Das wäre schlimmer als jede Tracht Prügel. Cennet kannte die Gebräuche. Ihr Vater würde nicht hinter ihr stehen. “Dein Mann wird dich nicht bestrafen, wenn du ihm keinen Grund dazu gibst”, würde er sagen, und sie zu Burak zurückschicken. Noch schlimmer wäre es, wenn Burak sie verstoßen würde. Sie müsste ihrem Vater schließlich erklären, warum sie von Burak keine Kinder bekam und sie würde in Schande leben.
Als sie in den Palast des Emirs zurückkamen, erlebte Cennet, dass ihr Mann eine ganze Etage im Südflügel des Palastes bewohnte. Der Emir hatte das angeordnet. Der Gewinner des Rennens musste in seinem Land gebührend geachtet werden.
Dann sprach er mit Burak ein ernstes Wort unter vier Augen. „Denke immer an die Lehren von Clara und Théra. Weisheit kommt von Demut. Führe fort, was du bei deiner Siegerehrung eindrucksvoll demonstriert hast. Schmiede Freundschaften und schaffe Vertrauen. Sei zuvorkommend zu deinen Freunden und hart zu deinen Feinden. Dann wirst du ein guter Herrscher sein.“
Burak wusste, dass er nur einer der Anwärter auf den Thron war. Sein Verhalten würde letztlich darüber bestimmen, an wen der Vater einmal den Thron übergeben würde. Er hatte ältere Brüder, aber keiner von ihnen hatte jemals dieses finale Rennen gewonnen. Er würde versuchen, sich die Weisheit seines Vaters anzueigen. Er würde gut zuhören. Dann würde er vielleicht einmal der Herrscher dieses Landes werden.
Er hatte schon am ersten Tag nach seinem Sieg nach Clara und Théra geschickt. Er hatte sie seiner Frau vorgestellt. „Das sind zwei Mädchen, die du dir merken solltest. Sie haben im Hause meines Vaters viel Gutes bewirkt. Du wirst sie erst in unserem Palast unverschleiert sehen und du wirst dort mit ihnen sprechen können. Hier auf diesem Fest ist das nicht möglich. Später werde ich dir mehr erzählen.“
Er hatte Clara und Théra angesehen. „Ich möchte euch noch einmal danken. Für euren Rat und eure Geduld mit mir und meinen Brüdern. Allah segne euch.“
Dann durften Clara und Théra gehen. Das interessierte Cennet natürlich sehr. Clara und Théra waren keine arabischen