Besteuerung von Unternehmen I. Wolfram Scheffler
führt zu einem proportionalen Tarif. Bei variablen Steuersätzen ist zwischen progressiven, degressiven, regressiven und fixen Tarifen zu unterscheiden. Die meisten Steuerarten kennen proportionale Tarife. Bei wichtigen Steuerarten (insbesondere Einkommensteuer sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer) werden jedoch progressive Tarife verwendet. Degressive, regressive und fixe Tarife kommen im deutschen Steuersystem nicht zur Anwendung.
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Betriebswirtschaftlich ist insbesondere die Unterscheidung zwischen Durchschnittssteuersatz und Grenzsteuersatz von Bedeutung. Der Durchschnittssteuersatz errechnet sich dadurch, dass die Steuerschuld durch die Bemessungsgrundlage dividiert wird. Der Durchschnittssteuersatz gibt an, mit welchem Betrag die (steuerrechtliche) Bemessungsgrundlage im Durchschnitt belastet ist:
Steuerschuld | |
Durchschnittssteuersatz = | |
Bemessungsgrundlage |
Der Grenzsteuersatz oder Differenzsteuersatz zeigt, welche zusätzliche Steuerschuld aus einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage resultiert. Er entspricht dem Steuersatz, mit dem die Veränderung der Bemessungsgrundlage besteuert wird:
Veränderung der Steuerschuld | δ Steuerschuld | ||
Grenzsteuersatz = | = | ||
Veränderung der Bemessungsgrundlage | δ Bemessungsgrundlage |
Von einem Grenzsteuersatz kann man nur bei einer infinitesimal kleinen Veränderung (δ) der Bemessungsgrundlage sprechen. Mathematisch gibt der Grenzsteuersatz die erste Ableitung des Steuertarifs wieder. Für die Unternehmenspraxis sind betragsmäßig eindeutig feststehende Veränderungen der Bemessungsgrundlage bedeutsamer, wie Erhöhung der Einkünfte um 10 000 €. Bezieht man die in Euro ausgedrückte Veränderung der (steuerrechtlichen) Bemessungsgrundlage auf die dadurch ausgelöste Veränderung der Steuerschuld, erhält man den Differenzsteuersatz.
Veränderung der Steuerschuld in Euro | |
Differenzsteuersatz = | |
Veränderung der Bemessungsgrundlage in Euro |
Bei einem proportionalen Tarif stimmen Durchschnittssteuersatz und Differenzsteuersatz überein. Diese Aussage gilt unabhängig davon, wie hoch die Bemessungsgrundlage ist. Bei proportionalen Tarifen decken sich sowohl der Durchschnittssteuersatz als auch der Differenzsteuersatz mit dem vorgegebenen (konstanten) Steuersatz.
Progressive Tarife sind dadurch gekennzeichnet, dass der Durchschnittssteuersatz umso höher ist, je höher die Bemessungsgrundlage ist. Progressive Tarife weisen den Anstieg des Durchschnittssteuersatzes entweder direkt oder indirekt aus.
Die direkte (offene) Progression (Abb. 1.4) kann unmittelbar aus dem Tarif ersehen werden. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich bei einem Anstieg der Bemessungsgrundlage nicht nur der Durchschnittssteuersatz erhöht, sondern auch der Differenzsteuersatz (Grenzsteuersatz). Der Anstieg des Differenzsteuersatzes verläuft steiler als die Erhöhung des Durchschnittssteuersatzes, sodass unabhängig von der Höhe der Bemessungsgrundlage der Durchschnittssteuersatz immer unter dem Differenzsteuersatz liegt. Beispiele für direkt progressive Steuertarife finden sich bei der Einkommen-, Erbschaft- und Schenkung- sowie Biersteuer und für Lastkraftwagen bei der Kraftfahrzeugsteuer.
Abb. 1.4:
Steuerschuld und Steuersatz bei einem direkt progressiven Tarif
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Die indirekte (versteckte) Progression entsteht insbesondere durch Freibeträge (Abb. 1.5, oberer Teil). Wird von der Bemessungsgrundlage ein Freibetrag abgezogen, ergibt sich trotz (formal) konstantem Steuersatz ein progressiver Tarif: (1) Liegt die Bemessungsgrundlage unter dem Freibetrag, fällt keine Steuer an. Sowohl Durchschnittssteuersatz als auch Differenzsteuersatz betragen null. (2) Die Teile der Bemessungsgrundlage, die den Freibetrag übersteigen, werden mit dem vorgegebenen Steuersatz belastet, der in diesem Bereich dem Differenzsteuersatz entspricht. Der Durchschnittssteuersatz erhöht sich sukzessive und nähert sich dem Differenzsteuersatz immer mehr an. Aufgrund des Freibetrags kann er ihn aber – mathematisch gesehen – nie erreichen.
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Freibeträge sind von Freigrenzen zu unterscheiden (Abb. 1.5, unterer Teil). Ein Freibetrag stellt einen bestimmten Teil der Bemessungsgrundlage von der Besteuerung frei, lediglich der darüber hinausgehende Teil unterliegt dem Tarif. Auch bei einer Freigrenze fällt keine Steuer an, sofern die Bemessungsgrundlage unter der Freigrenze liegt. Übersteigt die Bemessungsgrundlage die Freigrenze, unterliegt allerdings die gesamte Bemessungsgrundlage der Besteuerung, (im Gegensatz zu einem Freibetrag) nicht nur der Teil, der über die Freigrenze hinausgeht.
Bis zum Erreichen des Grenzwerts betragen sowohl bei Freigrenzen als auch bei Freibeträgen der Durchschnittssteuersatz und der Differenzsteuersatz null. Übersteigt die Bemessungsgrundlage die Freigrenze, entfaltet eine Freigrenze keine Wirkung mehr: Durchschnittssteuersatz und Differenzsteuersatz richten sich in diesem Bereich nach dem vorgegebenen Steuersatz. Beim Übergang von der Freigrenze in den steuerpflichtigen Teil kommt es zu einem sehr hohen Differenzsteuersatz. Durch die kontinuierliche Angleichung des Durchschnittssteuersatzes an den vorgegebenen Steuersatz bei einem Tarif mit Freibetrag bzw durch den starken einmaligen Anstieg des Durchschnittssteuersatzes bei einem Tarif mit Freigrenze entsteht ein (indirekter) Progressionseffekt.
Abb. 1.5:
Steuerschuld und Steuersatz bei einem indirekt progressiven Tarif
Beispiel:
Gewährt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Sachbezüge, bleiben diese außer Ansatz, wenn sie die Freigrenze von 44 €/Monat nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG). Bei Sachbezügen im Wert von 35 €/Monat hat der Arbeitnehmer diese nicht als geldwerten Vorteil zu versteuern, weil die Freigrenze unterschritten wird. Werden die Sachbezüge auf 50 €/Monat erhöht, sind diese in vollem Umfang als Arbeitslohn steuerpflichtig. Beträgt der Einkommensteuersatz des Arbeitnehmers 40%, hat er auf die Sachbezüge in jedem Monat 20 € Einkommensteuer (Lohnsteuer) zu bezahlen. Bezogen auf die zusätzlichen Sachbezüge von 15 €/Monat (= 50 €/Monat