Churning. Manuel Lorenz
sich, ihre bei Vertragsschluss unbedingt eingegangenen Verbindlichkeiten über den Kauf oder Verkauf einer bestimmten Menge eines Basiswertes zu einem jetzt festgelegten Preis zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen.[18] Basiswerte (Underlying) für Finanztermingeschäfte können gemäß § 2 Abs. 2 WpHG unter anderem Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Waren, Edelmetalle, Zinssätze oder andere Erträge, sowie Devisen sein. Festgeschäfte sind darüber hinaus standardisiert und werden an einem organisierten Markt gehandelt.[19] Eine Kaufverpflichtung wird in der Fachsprache als „Long“ und eine Verkaufsverpflichtung als „Short“ bezeichnet, deren gegenseitiger Ausgleich die Glattstellung ist. Das Festgeschäft begründet unbedingte Leistungspflichten der Vertragspartner, weshalb der Verkäufer zur unbedingten Lieferung und der Käufer zur unbedingten Kaufpreiszahlung verpflichtet sind.[20] Die Ertragsmöglichkeiten hängen beim Käufer eines Festgeschäfts davon ab, inwieweit der Kurs des Basiswertes über den Basispreis steigt und sind demnach unbegrenzt.[21] Dem gegenüber steht aber auch ein unbegrenztes Verlustrisiko, das davon abhängt, inwieweit der Kurs des Basiswertes unter den Basispreis fällt.[22]
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Wer eine Kaufverpflichtung eingeht, muss diese Position, wenn er an einer tatsächlichen Lieferung kein Interesse hat, vor dem vereinbarten Liefertermin durch eine Verkaufsverpflichtung glattstellen und umgekehrt.[23] Gewinne ergeben sich aus Kursdifferenzen, das heißt der Preisdifferenz zwischen dem Kontraktwert zum Zeitpunkt des Kaufs und zum Zeitpunkt des Verkaufs. Eine Besonderheit ist, dass bei Errichtung einer Terminposition nicht sofort der gesamte Preis zu bezahlen, sondern lediglich die Hinterlegung eines Einschusses (Margin) fällig ist, dessen Höhe in der Regel bei 10 % des Kontraktwertes zum Zeitpunkt des Einstiegs liegt.[24] Dies hat eine Hebelwirkung („Leverage-Effekt“) insofern zur Folge, als dass der Gewinn respektive der Verlust anhand des vollen Kontraktwertes berechnet wird, was ein zusätzliches Risiko dieser Geschäfte bedeutet.[25] Bei Kassageschäften hingegen, die in der Regel sofort zu erfüllen sind,[26] wirken sich die Wertänderungen des Basiswertes nicht so stark aus.[27] Entwickelt sich der Kurs gegen den Spekulanten, muss er seinen Einschuss notfalls bis zur Höhe des vollen Kontraktwertes erhöhen (sogenannte Nachschusspflicht)[28]. Absichern kann sich der Anleger in diesen Fällen nur durch eine Stop-Order respektive Stop-Loss-Order, wonach der Finanzdienstleister respektive der Broker spätestens zu einem bestimmten festgelegten Kurs aussteigen muss. In Extremfällen kann dies allerdings ausgeschlossen sein, wenn an der jeweiligen Börse Höchstschwankungen erreicht sind und der Handel in diesem Fall nicht mehr stattfinden kann (Limit-Up oder Limit-Down).[29]
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Bei den Festgeschäften fallen für den Anleger als Kosten zum Beispiel die Round- oder Half-Turn-Commission an,[30] die er außer dem Einschuss zu leisten hat und deren Höhe zwischen weniger als 1 % bis 7 % des Kontraktwertes variieren.[31] Commissions sind Provisionen, die beispielsweise ein Broker für seine Tätigkeit erhält. Wenn die Commission für den Kauf und Verkauf gemeinsam erhoben wird, handelt es sich um eine Round-Turn-Commission. Wird sie hingegen nur für den Kauf oder Verkauf erhoben, handelt es sich um eine Half-Turn-Commissions. Neben den Round- oder Half-Turn-Commissions werden für gewöhnlich noch weitere Gebühren und Gewinnbeteiligungen berechnet.
Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund › A. Die Termingeschäfte › II. Die Optionsgeschäfte
II. Die Optionsgeschäfte
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Von den Festgeschäften sind die Optionsgeschäfte zu unterscheiden. Der Handel mit Warenterminoptionen ist dem Direktgeschäft quasi „aufgepfropft“[32]. Bei der auch als bedingtes Termingeschäft bezeichneten Variante erhält der Anleger (Wähler oder Optionsberechtigter), wenn das Basisobjekt (Underlying Asset) ein Terminkontrakt ist, nur ein Anrecht (keine Pflicht) zu (europäische Optionsform)[33] oder bis zu (amerikanische Optionsform)[34] einem bestimmten Zeitpunkt (Verfallsdatum = Expiration Date) zu festgelegten Konditionen (Basispreis oder Strike Price) einen Verkauf- (dann Put-Option) oder Kaufvertrag (dann Call-Option) mit dem Verkäufer (Stillhalter) abzuschließen (primäres Optionsgeschäft[35] ).[36] Demgegenüber sind Sekundärgeschäfte der Verkauf, der Rückkauf oder die Aufhebung eines bereits begründeten Optionsrechts.[37] In diesem Sekundärmarkt, bei dem im Rahmen des Optionshandels das Optionsrecht selbst einziges Handelsobjekt ist, kann der Optionsrechtsinhaber sein Engagement durch Veräußerung des Optionsrechts und der Stillhalter seine Position durch Rückkauf des Optionsrechtrechts glattstellen.[38]
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Optionen können nach dem zugrunde liegenden Markt der Basiswerte unterschieden werden. Bei einer Terminmarktposition handelt es sich um eine Option auf Futures, bei einer Kassamarktposition hingegen um eine Kassaoption.[39] Untergliedert man Kassaoptionen wiederum nach deren zugrunde liegenden Basiswert, so gibt es Warenoptionen zum Beispiel auf Getreide oder Edelmetalle und Finanzoptionen zum Beispiel auf Aktien, Devisen oder Aktienindizes.[40]
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Für das Recht aus dem primären Optionsgeschäft zahlt der Anleger einen Preis, der Prämie oder auch Bindungsgeld[41] genannt wird und mit deren Zahlung verloren ist.[42] Die Optionsprämie setzt sich zusammen aus dem inneren und dem Zeitwert.[43] Der innere Wert ist der Unterschied zwischen dem Basispreis der Option und dem aktuellen Kurs. Der Zeitwert entspricht dem Betrag, um den der Kurs einer Option ihren inneren Wert übersteigt.[44] Die Option lässt sich auf nächster Stufe nochmals anhand des inneren Wertes aufgliedern. So ist die Option „In-the-Money“, wenn der aktuelle Kurs des Basiswerts über dem Basispreis, „Out-of-Money“, wenn der Basiswert unter („Call“) respektive über („Put“) dem vereinbarten Basispreis liegt und „At-the-Money“, wenn der Basispreis dem aktuellen Kurs des Basiswertes entspricht, wobei die letzteren Beiden keinen inneren Wert mehr besitzen.[45] Die üblicherweise sofort bei Vertragsschluss zu zahlende Optionsprämie stellt für den Käufer von Optionen die obere Grenze des Verlustes bei einer Option dar.[46] Unüberschaubar ist demgegenüber allerdings das Verlustrisiko des Verkäufers einer Option, da er im Falle der Glattstellung den Basiswert kaufen respektive verkaufen muss.[47] Eine Nachschusspflicht besteht hier nicht.[48] Ein Optionsgeschäft kann entweder durch physische Lieferung des Basiswerts durch einen Barausgleich erfüllt werden.[49]
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Rechnet der Anleger mit einem Kursanstieg, erwirbt er eine Kaufoption.[50] Mit ihr bekommt er das Recht, innerhalb der Optionslaufzeit einen entsprechenden Warenterminkontrakt („Long“) zum Basispreis zu erwerben. Bei steigendem Kurs kann der Spekulant nun eine entsprechende Verkaufsverpflichtung („Short“) zum höheren Tageskurs eingehen und seine dadurch entstehende Lieferverpflichtung durch Ausübung der „Call-Option“, das heißt Erwerb des Kaufkontraktes zum niedrigeren Basispreis, erfüllen.[51] Spiegelverkehrt funktioniert dies bei der „Put-Option“, bei der der Anleger mit einem Kursverfall rechnet, aber das Recht erwirbt, zu dem hohen Basiswert zu verkaufen und seine Lieferverpflichtung durch einen entsprechenden Kauf zum niedrigeren Tageskurs glattzustellen.[52]
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Ein tatsächlicher Gewinn ist dabei erst dann zu verbuchen, wenn die jeweilige Preisdifferenz als Folge der Kursbewegungen mehr als die für den Optionserwerb aufgewandten Kosten ausmacht. Diese Spanne wird als Options- oder Prämienzone und der Punkt, ab dem ein tatsächlicher Gewinn erwirtschaftet wird, als Break-Even-Point bezeichnet. Die der Option innewohnende Gewinnchance wird dementsprechend umso kleiner, je höher die Optionsprämie ist.[53] In der Regel werden sowohl Fest- als auch Optionsgeschäfte tatsächlich nicht ausgeführt, es wird also nicht wirklich zum Beispiel die Ware geliefert.[54] Vielmehr wird die Differenz des vereinbarten Preises (Festpreis respektive Optionsausübungspreis) zu dem Preis des Basiswertes in Geld ausgeglichen.[55] Im Unterschied[56] zum Festgeschäft muss beim Optionsgeschäft die gezahlte und von Anfang an verfallene Optionsprämie zuerst durch Kurssteigerungen zurückverdient werden.[57] Nicht zurückverdient wird die Optionsprämie, wenn eine entsprechende Kurssteigerung ausbleibt oder der Kurs am