Churning. Manuel Lorenz
› III. Das Stop-Loss-Order-Fishing
III. Das Stop-Loss-Order-Fishing
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Eine weitere Manipulationstechnik ist das Stop-Loss-Order-Fishing (oder Gunning for Stop-Loss-Orders[43] ). Diese knüpft an das Setzen der Stop-Loss-Order an. Wie bereits dargestellt, zeichnet sich das Vereinbaren einer Stop-Loss-Order dadurch aus, dass ein bestimmte Wertgrenze vereinbart wird, bei deren erreichen ein automatischer Verkauf von Wertpapieren oder der Ausstieg aus einer Terminposition erfolgen soll. Beim Stop-Loss-Order-Fishing versucht der Manipulant den Kurs durch effektive Geschäfte dahingehen zu beeinflussen, dass die von Marktteilnehmern bevorzugte Stopp-Marke erreicht wird und die Wirkung der Stop-Loss-Order ausgelöst wird. Wo die Marke angesetzt ist, entnimmt der Täter zumeist einschlägiger Börsenzeitungen, deren Empfehlungen viele Anleger folgen. Bei Erreichen der Marke kommen vermehrt Verkaufsaufträge auf den Markt und bei gleichbleibender Nachfrage können die Kurse stark fallen. Dies nutzt der Manipulant, wie beabsichtigt, um sich mit dem nun günstigen Wertpapier einzudecken und diese nach Erholung des Marktes wieder gewinnbringend abzustoßen.[44]
Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › IV. Sog. Bucket-Shops respektive Bucket-Orders
IV. Sog. Bucket-Shops respektive Bucket-Orders
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Insbesondere beim Handel mit Warenterminoptionen kann es vorkommen, dass betrügerische und meist an der Börse nicht zugelassene Täter (Bucket-Shops) von Anfang an beabsichtigen, die Gelder des Kunden nicht an der Börse zu platzieren (Bucket-Orders), diese aber gleichwohl zur Investition überreden.[45] In diesen Konstellationen und bei Hinzutreten der erforderlichen täuschungsbedingten Vermögensverfügung sowie des Vermögensschadens, wird aufgrund der Täuschung über die innere Tatsache des an der Börse anlegen Wollens, in der Regel ein Eingehungsbetrug nach § 263 StGB zulasten des Anlegers bejaht werden können.[46]
Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › V. Der Handel mit sog. „nackten Optionen“
V. Der Handel mit sog. „nackten Optionen“
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Beim Handel mit „nackten Optionen“ spekuliert der Finanzdienstleister entgegen seiner dem Kunden gegenüber geäußerten Überzeugung vom zu erwartenden Kursverlauf und damit gegen eben diesen. Der Dienstleister geht also davon aus, dass der zum Beispiel auf steigende Kurse spekulierende Anleger verlieren wird.[47] Um im Gegensatz zum Anleger einen Gewinn zu erzielen, tätigt er nämlich kein Deckungsgeschäft und spiegelt die Börsennotierung nur vor.[48] Wäre er aber davon überzeugt, dass der Anleger einen Gewinn erzielen wird, würde er ein Deckungsgeschäft abschließen. Ohne ein entsprechendes Deckungsgeschäft müsste er im Gewinnfall nämlich selbst zahlen.[49] Der Dienstleister wird also nicht auf Seiten des Anlegers, sondern genau entgegengesetzt, als „Gegenspieler und geschäftlicher Widerpart des Kunden“ tätig.[50] Strafrechtlich bedeutsam ist diese Praxis vor allem im Hinblick auf den Betrugstatbestand nach § 263 StGB und zwar in Form der (konkludenten) Täuschung oder Täuschung durch Unterlassen, sowohl über eine innere (eigene Überzeugung) als auch äußere Tatsache (Werthaltigkeit oder Gewinnwahrscheinlichkeit).
Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › VI. Front-Running
VI. Front-Running
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Front-Running zeichnet sich dadurch aus, dass in Kenntnis einer bereits erteilten aber zu einem späteren Zeitpunkt auszuführenden Kundenorder ein Eigengeschäft in Form eines An- oder Verkaufs bezüglich desselben Wertes durchgeführt wird.[51] Kurzum können darunter Eigengeschäfte in Kenntnis von Kundenaufträgen verstanden werden.[52] Front-Running zählt demnach also zu den strafbewährten Insidergeschäften. Zu beachten ist die Reihenfolge der Vorgehensweise. In einem ersten Schritt erhält der Finanzdienstleister eine Kundenorder, die geeignet ist den Kurs steigen oder fallen zu lassen. In einem nachfolgenden zweiten Schritt deckt er sich mit dem entsprechenden Anlageobjekt ein, um es nach Ausführung der Kundenorder in einem dritten Schritt zum erwartungsgemäß erhöhten Preis wieder abzustoßen. Essentiell für die rechtliche Einordnung des Front-Running ist der Drittbezug der Information. Ausschließlich wenn ein solcher Drittbezug der Information gegeben ist, liegt eine Insidertatsache i.S.d. WpHG vor.[53] Wird das Eigengeschäft zeitgleich mit dem Kundenauftrag ausgeführt, spricht man von Parallel-Running.[54] Einträglich ist diese Strategie, weil Kauforder mit größerem Volumen bei entsprechender Marktenge zu einem überproportionalen Preisanstieg und damit korrespondierende Verkaufsorder zu einem Kurseinbruch des betroffenen Wertes führen können.[55] Erhält ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen demnach eine Ankaufsorder eines bestimmten Wertpapiers oder Derivats von gewissem Umfang, wird es vor deren Ausführen ein Eigengeschäft in Form eines Kaufs desselben vornehmen. Nach anschließender Ausführung der Kundenankaufsorder hat die große Nachfrage zu einem mitunter erheblichen Kursanstieg geführt und der Dienstleister kann die zuvor erworbenen Anlageobjekte mit einem zu verbuchenden Gewinn wieder verkaufen.
Teil 2 Das Phänomen Churning › B. Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen › VII. Scalping
VII. Scalping
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Teilweise als Spezialfall des Front-Running wird das Scalping als Konstellation verstanden, in der ein Finanzdienstleister zum Kauf oder Verkauf eines Anlageobjekts rät, welches er zuvor durch Kauf erworben hat.[56] Der Dienstleister beabsichtigt damit, die Nachfrage am Markt zu steigern und aufgrund der ausgelösten Kurssteigerung das Objekt sodann mit Gewinn zu veräußern.[57] Die Kaufempfehlungen werden demnach nur aus dem Grund erteilt, einen Kursanstieg zu bewirken und nicht um den vertraglich geschuldeten Pflichten nachzukommen.[58] Entscheidend ist dabei nicht die Korrektheit der gemachten Aussagen oder Ratschläge, sondern vielmehr kommt es hauptsächlich darauf an, ob die handelnde Person Positionen in dem betreffenden Finanzinstrument innehat.[59] Diese Variante erfüllt nicht immer den Tatbestand des strafbaren Insiderhandels.[60] Im Unterschied zum Front-Running gilt es beim Scalping zu beachten, dass Schritt eins und zwei vertauscht sind. Hier hat der Dienstleister das Anlageobjekt zuerst erworben, spricht sodann die Empfehlungen aus – was beim Front-Running der eingegangenen Kundenorder entspricht – und verkauft es im dritten Schritt ebenfalls zum erwartungsgemäß erhöhten Preis.[61] Eine weitere Divergenz zum Front-Running besteht nach heute wohl herrschender Auffassung darin, dass es sich bei dem Wissen des Täters, er werde die selbst erworbenen Objekte anschließend empfehlen, nicht um eine Insiderinformation im Sinne des WpHG handelt.[62] Demnach handele es sich bei selbstgeschaffenen Tatsachen nicht um eine einen Drittbezug aufweisende Information, weshalb Scalping kein Insidergeschäft im Sinne der §§ 13, 14 WpHG sei, sondern vielmehr als „sonstige Täuschung“ eine marktmanipulative Handlung im Sinne des § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG darstellt. Dies ergebe sich sprachlich bereits daraus, dass sich eine Person über eine von ihr selbst gefassten Gedanken nicht informieren könne.[63]
Anmerkungen
Arendts S. 63; Mölter wistra 2010, 53 (59); Park-Zieschang