Europarecht. Bernhard Kempen
target="_blank" rel="nofollow" href="#ulink_69c50de5-090a-564e-99db-54364ded860f">Ordre-Public-Klausel114 – 116
b)Zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls117, 118
2.Verhältnismäßigkeit119, 120
Lit.:
U. Becker, Arbeitnehmerfreizügigkeit, in: D. Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl. 2014, 355; A. Farahat, Solidarität und Inklusion, DÖV 69 (2016), 45; J. Heuschmid/N. V. Munkholm, Zur Unionsrechtskonformität der Unternehmensmitbestimmung, EuZW 28 (2017), 419; R. Rebhahn, Die Arbeitnehmerbegriffe des Unionsrechts in der neueren Judikatur des EuGH, EuZA 5 (2012), 3; H. Schulte-Westenberg, Zur Bedeutung der Keck-Rechtsprechung für die Arbeitnehmerfreizügigkeit, 2010; M. Wienbracke, „Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet“ – eine aktuelle Bestandsaufnahme zu Art. 45 AEUV, EuR 47 (2012), 483.
A › Arbeitnehmerfreizügigkeit (Michael Rafii) › I. Allgemeines
I. Allgemeines
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Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gem. Art. 45 ff. AEUV zählt zu den fundamentalen Grundsätzen des Unionsrechts und hat eine bedeutende Funktion für die Verwirklichung des → Binnenmarktes. Sie gewährleistet das Recht für die Arbeitnehmer, sich in allen Mitgliedstaaten der EU um eine Beschäftigung zu bemühen und diese auszuüben. Die Freizügigkeit verfolgt damit das politische Ziel, dass sich Arbeitnehmer in den Mitgliedstaat begeben können, in dem die Nachfrage nach ihren jeweils individuellen Qualifikationen am Größten ist und sie die für sie besten Beschäftigungsaussichten vorfinden. Gleichzeitig können auf diesem Weg Engpässe auf dem Arbeitsmarkt in dem Aufnahmemitgliedstaat beseitigt werden. Obwohl die Arbeitnehmerfreizügigkeit seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften zum Kernbestand der Unionsrechtsordnung zählt, ist sie aufgrund ihrer gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen bis heute Gegenstand lebhafter politischer Diskussionen und stand im Zentrum der Debatte während des Referendums über einen → Austritt (aus der EU) des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland.
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Art. 45 AEUV enthält für Arbeitnehmer sowohl ein Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit als auch bestimmte Freizügigkeitsrechte, insbesondere das Recht zum Aufenthalt am Arbeitsort. In Abgrenzung zum → allgemeinen Diskriminierungsverbot aus Art. 18 UAbs. 1 AEUV und zum → allgemeinen Freizügigkeitsrecht aus Art. 21 AEUV ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit in ihrem Anwendungsbereich lex specialis und geht den allgemeinen Bestimmungen vor (EuGH, Urt. v. 12.3.2014, C-457/12 – Minister voor Immigratie –, Rn. 45).
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Rechtssystematisch ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit in den Art. 45–48 AEUV gemeinsam mit der → Niederlassungsfreiheit, der → Dienstleistungsfreiheit sowie der → Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit in Titel IV des Dritten Teils des AEU-Vertrages geregelt. Zusammen mit der Niederlassungsfreiheit gewährleistet sie die Freizügigkeit der Personen, wobei die Arbeitnehmerfreizügigkeit auf die abhängig Beschäftigten und die Niederlassungsfreiheit auf die selbständig Tätigen Anwendung findet.
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Ergänzt wird die Arbeitnehmerfreizügigkeit durch die Gewährleistungen der → Grundrechtecharta. Das Freiheitsrecht für Arbeitnehmer gem. Art. 15 Abs. 2 GRCh reicht aufgrund der Vorschrift in Art. 52 Abs. 2 GRCh nicht weiter als die durch Art. 45 AEUV verbürgte Arbeitnehmerfreizügigkeit (EuGH, Urt. v. 4.7.2013, C-233/12 – Gardella –, Rn. 39). Als weitere Arbeitnehmerrechte in der Grundrechtecharta sind v.a. das Recht auf Zugang zu beruflicher Aus- und Weiterbildung gem. Art. 14 GRCh sowie die speziellen Arbeitnehmergrundrechte in den Art. 27 ff. GRCh zu beachten.
A › Arbeitnehmerfreizügigkeit (Michael Rafii) › II. Berechtigte und Verpflichtete
II. Berechtigte und Verpflichtete
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Nach ihrer Zielsetzung als Personenfreizügigkeit richten sich die Gewährleistungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit grundsätzlich an die Unionsbürger (→ Unionsbürgerschaft), die eine Arbeitsstelle in einem anderen Mitgliedstaat annehmen möchten. Darüber hinaus können sich auch Arbeitnehmer aus Drittstaaten auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen, wenn zwischen der EU und ihrem Heimatstaat ein entsprechendes Abkommen besteht. Seitdem der → Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Berufung von Arbeitgebern auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit zugelassen hat (vgl. unten Rn. 88), können sogar Unternehmen als Berechtigte der Grundfreiheit in Betracht kommen (→ Grundfreiheiten: Allgemeine Lehren).
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Die Verpflichtungsadressaten der Arbeitnehmerfreizügigkeit sind in der Regel die Mitgliedstaaten. Auch die Unionsorgane (→ Organe und Einrichtungen) sind an die Gewährleistungen gebunden. Speziell in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit hat der EuGH zudem die Eigenschaft von Privaten, wie z.B. Kollektivregelungen aufstellende Verbände oder private Arbeitgeber, als Verpflichtungsadressaten der Arbeitnehmerfreizügigkeit bestätigt (s. Rn. 110 f.).
A › Arbeitnehmerfreizügigkeit (Michael Rafii) › III. Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Arbeitnehmerfreizügigkeit
III. Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Arbeitnehmerfreizügigkeit
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Damit sich die Berechtigten auf die Gewährleistungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen können, müssen die Anwendungsvoraussetzungen der Grundfreiheit erfüllt sein.
1. Keine abschließende Regelung des Sachverhaltes durch Sekundärrecht
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Im Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine abschließende Regelung durch das → Sekundärrecht (→