Der Tod setzt Segel. Robin Stevens

Der Tod setzt Segel - Robin Stevens


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Doch als der blonde Junge meinen Blick erwiderte und mich anstrahlte, war mir ebenso klar, dass es mich nicht im Geringsten kümmerte.

      Mein Brief hatte Wirkung gezeigt.

      Alexander hob den Arm und winkte, und ich winkte zurück.

      »Wong Fung Ying, was um alles in der Welt hat das zu bedeuten?«, wollte mein Vater wissen.

      Ich wurde feuerrot, bis in meine äußersten Fingerspitzen.

      »So ein Zufall«, sagte ich steif. »Das ist der Junge aus dem Orientexpress: Alexander Arcady. Er scheint mit seinem Freund George hier zu sein.«

      »Guten Morgen, mein Herr«, begrüßte George Mr Mansour höflich. »Wir sind zur Nilkreuzfahrt angemeldet: George Mukherjee und Alexander Arcady – und dies ist unser Tutor, Mr Young.«

      »Guten Morgen, die Herren«, erwiderte Mr Mansour. »Ein herzliches Willkommen unseren Gästen, Mr Mukherjee, Mr Arcady und Mr Young! Mr Mukherjee und Mr Arcady, Sie haben Zimmer Nummer zwei und Mr Young hat Zimmer vier, beide auf der Steuerbordseite.«

      »Steuerbord!«, rief Mr Young, das Gesicht vor Hitze hochrot. »Aber man hat mir geraten, auf dem Weg nach Aswan niemals eine Steuerbordkabine anzunehmen. Dort bekommt man die volle Nachmittagssonne ab – das ist nicht gut fürs Lernen! Wie Sie sehen können … wie Sie sehen, vertrage ich die Hitze nicht allzu gut. Und ich muss in der Lage sein, diesen beiden Jungen Wissen zu vermitteln. Sehen Sie, ich bin ihr Tutor und stelle ihnen die Sehenswürdigkeiten Ägyptens vor. Ihre Eltern haben sie mir anvertraut und erwarten, dass sie von neuem Wissen erfüllt zurückkehren, nicht mit einem Hitzschlag.«

      »So leid es mir tut, auf dem Salondeck waren keine Kabinen mehr verfügbar«, erklärte Mr Mansour. »Ich bitte um Verzeihung – diese Kreuzfahrt ist sehr gefragt, wissen Sie? Es gibt eine weitere Reisegruppe – sie hat die gesamte Backbordseite gebucht, bereits vor Monaten, wohingegen Ihre Anfrage recht kurzfristig kam. Ich konnte Sie nur aufgrund einer Absage unterbringen – eine Schriftstellerin und ihr Reisegefährte hatten Zimmer reserviert, die Buchung dann aber auf Februar nächstes Jahr verschoben.«

      »Das ist schlicht inakzeptabel«, sagte Mr Young. »Ich werde mich beschweren, das können Sie mir glauben.« Dann bemerkte er, dass wir alle ihn beobachteten, und hustete verlegen. »Guten Morgen«, sagte er laut und langsam. »Erfreut, Sie kennenzulernen.«

      Offensichtlich ging er davon aus, dass wir kein Englisch sprechen. Mein Vater funkelte ihn an. »Guten Morgen, Sir. Ich muss zugeben, ich bin überrascht, Ihre Reisegruppe hier anzutreffen«, fuhr er ihn an. »Ich kenne eins Ihrer Mündel: Mr Arcady. Mr Arcady, können Sie sich erklären? Wie kommen Sie ausgerechnet heute auf dieses Schiff? Oder, noch besser, vielleicht kann meine Tochter diese merkwürdige Begebenheit erleuchten. Wong Fung Ying, eine Erklärung

      Plötzlich stockte mir der Atem tatsächlich. Ich verhakte die Finger ineinander und versuchte verzweifelt, nicht zu Alexander zu blicken, der verlegen errötete. Daisy grub vor unterdrückter Schadenfreude die Finger in meinen Arm.

      »Mr Wong, Sir, ich glaube, ich kann erklären, was geschehen ist«, sagte George unerwartet.

      Ich riss den Kopf hoch und sah ihn entsetzt an. Würde er nun alles ruinieren?

      Doch dann warf George mir kaum merklich einen Blick zu – ein kurzes Zucken seiner Augen – und ich wusste, dass alles gut werden würde.

      »Wissen Sie«, begann George gefasst und lächelnd, »wir alle haben uns vergangenes Weihnachten kennengelernt, in Cambridge. Mein Bruder geht aufs St. John’s College – mein Vater war schon dort und auch ich soll einmal dort meinen Abschluss machen. Wir haben uns angefreundet und als wir im Frühling in London waren, haben wir gemeinsam das British Museum besucht. Die Ägyptenabteilung hat uns alle völlig fasziniert, vor allem die Mumien …«

      (Ich zuckte zusammen, Alexander hustete und Daisy blickte absolut sorglos drein – sie kann anderen ebenso gut etwas vormachen wie George.)

      »… und danach konnten wir nur noch davon reden, dass wir Ägypten eines Tages mit eigenen Augen sehen wollten. Folglich muss Hazel mit Ihnen geredet haben, Sir, und Alexander und ich mit unseren Eltern – und als Ergebnis sind wir nun alle gleichzeitig hier! Ein wirklich schier unglaublicher Zufall.«

      »Zufall«, wiederholte mein Vater langsam, während er von mir zu Alexander, dann zu Daisy und schließlich wieder zu George sah. »Sind Sie nicht die Jungen – Hazel, sind das nicht die Jungen, diejenigen, die bei diesem Mo–«

      »Das sind sie«, antwortete ich schnell. »Sie waren dabei, genau wie wir, aber das hat nichts zu bedeuten. Die Dinge sind einfach so geschehen, Vater, wirklich – ich habe dir doch erzählt, dass uns manchmal einfach so etwas passiert –«

      »Hm!«, unterbrach mein Vater mich. »NUN JA! Es ist, wie es ist, das Schiff ist gebucht und kurz vorm Ablegen. Ich kann schlecht mit fünf Mädchen im Schlepp wieder von Bord gehen. ABER, Wong Fung Ying, eins sage ich dir: In diesen Ferien passiert euch besser nichts einfach so

      »Natürlich nicht, Vater«, sagte ich – und einen Augenblick lang glaubte ich mir beinahe.

      10

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      Das Horn des Schiffes erklang, ein langgezogenes tiefes Heulen, das uns alle aufschreckte.

      »Fast Zeit, die Segel zu setzen«, sagte Mr Young zu Mr Mansour. »Von dieser anderen Reisegesellschaft sehe ich keine Spur, daher darf ich Sie um die Kabinen auf der Backbordseite bitten, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

      »Ich wünschte, ich könnte Ihnen den Wunsch erfüllen, Sir«, sagte Mr Mansour unglücklich. »Doch ich glaube, da kommen sie gerade.«

      Er streckte den Finger aus – und zu meiner Verblüffung hielten in diesem Moment in einer Staubwolke die Kutschen von Theodora Miller und ihrer Gruppe vor dem Schiff. Ich hörte, wie Mrs Miller den Fahrer anbrüllte, einen Mann, der regelrecht verzweifelt aussah.

      »SIE HABEN DEN LANGEN WEG GENOMMEN! DEN LANGEN! TJA, DAFÜR WERDE ICH SIE NICHT BEZAHLEN! HEPPY, STEIG AUS! NEIN, NICHT SO! MIT MEHR GRAZIE! DANIEL, HILF IHR!«

      Der junge Mann – Daniel – hüpfte leichtfüßig aus der zweiten Kutsche und bot seine Hand der kämpfenden Heppy an, deren Locken wenig elegant aus ihrem Zopf entkamen und in ihr Gesicht fielen, während sie sich mit den Beinen völlig in ihrem Kleid verfangen hatte. Einen Moment lang blickte Heppy verloren und verängstigt zum Schiff und dann zu uns, und erinnerte mich dabei an unsere Freundin Küken, wenn man sie tadelt. Als unsere Blicke sich kreuzten, muss sie den Schrecken in meinem Gesicht erkannt haben, denn schnell zog sie den Kopf wieder ein.

      Die Gruppe trat an die Landungsbrücke. Theodora segelte förmlich hinauf, als wäre sie selbst ein Schiff, und stellte sich schließlich vor Mr Mansour.

      »Ich bin THEODORA MILLER«, teilte sie ihm mit. »Ich bin mit meiner Gruppe hier, um eine Verbindung zum Alten Ägypten aufzunehmen. Ursprünglich stammen wir nämlich aus diesem Land. In unserem ersten Leben.«

      »Seien Sie mir gegrüßt, verehrte Gäste«, empfing sie Mr Mansour kleinlaut, während er von Theodora Millers strengem Gesicht zu seinem Klemmbrett und zurück schaute. »Willkommen an Bord. Sollten Sie irgendetwas benötigen, zögern Sie nicht, uns darauf anzusprechen. Nun wollen wir sehen … Ihre Reisegesellschaft …«

      »Ich gehe davon aus, dass ich in einer Kabine mit eigenem Badezimmer untergebracht bin?«, fragte Theodora. »Nun beeilen Sie sich schon – heraus mit der Sprache!«

      »Ja, äh, Madam, selbstverständlich«, sagte Mr Mansour, ordentlich aus dem Konzept gebracht. »Sie sind in der Kabine mit Badezimmer auf der Backbordseite, Nummer sieben. Ihre Tochter, Miss Hephzibah Miller, ist in Kabine Nummer eins, Ihr Sohn, Mr Daniel Miller, in Kabine drei. Miss Ida Doggett hat eine Kabine mit Bad: Nummer fünf. Mr Narcissus DeWitt ist in Kabine neun und Miss Rhiannon Bartleby ist in Kabine elf untergebracht.«

      »Aber


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