Der Tod setzt Segel. Robin Stevens

Der Tod setzt Segel - Robin Stevens


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werden.

      Liebe Grüße an George – und dich

      Hazel

      Ich war fertig, noch bevor mir Zeit blieb, darüber nachzudenken, was ich da eigentlich tat. Diese letzten beiden Wörter – und dich – hatten sich in meinem Kopf wahnsinnig gewagt angehört, doch auf dem Papier wirkten sie eher peinlich, wie etwas, das ein überdrehter Shrimp schreiben würde. Trotzdem drehte ich den Brief möglichst schnell um, tauschte zurück zu meinem normalen Füller und schrieb:

      Lieber Alexander,

      schon zweimal Grütze diese Woche! Widerlich. Und dann diese Lateinhausaufgaben … schrecklich öde. Hoffentlich habt ihr mehr Spaß.

      Auf dem Sprung zur Andacht

      Henry

      Ich faltete den Brief und adressierte ihn an Alexander Arcady, Weston-Schule. Diese Art der Korrespondenz nutzten Alexander und ich seit Jahren, nachdem wir sie uns nach unserem ersten gemeinsamen Fall im Orientexpress ausgedacht hatten.

      Am Abend steckte ich meinen Umschlag auf dem Weg von der Schule zum Wohnheim in den Briefkasten, während Daisy Amina und Clementine, die gemeinsam kicherten, nachdrücklich ignorierte – und dann war es zu spät, mir länger den Kopf darüber zu zerbrechen.

      Eine Woche später erhielt ich eine Postkarte mit der Vorderansicht des British Museums darauf.

      Georgina liebt Mumien. Genau wie ich. Alexandra x

      Das kleine x verlieh mir Aufwind wie ein Drachen und versüßte mir endlose verregnete Sportstunden, die Streitereien zwischen Kitty und Küken und die zwischen Lavinia und dem Rest der Welt, die Andachten, Französisch und den Benimmunterricht. Ich bemühte mich sehr, nicht allzu viel hineinzuinterpretieren, konnte aber doch an nichts anderes denken.

      Wir würden tatsächlich nach Ägypten reisen. Mit einem Mal stellte ich fest, dass ich vor Aufregung kaum noch Luft bekam.

      4

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      Dennoch hatte ich es irgendwie geschafft, mir keine Gedanken über das reale Ägypten zu machen, bis ich aus dem Flugzeug und in die Hitze Kairos trat. Ich war zu sehr damit beschäftigt gewesen, mich von Kitty, Küken und Lavinia zu verabschieden, zu beschäftigt mit meinen Schuldgefühlen, weil wir sie nicht mitnahmen, und sogar noch mehr mit dem schlechten Gewissen wegen der Erleichterung darüber, unsere Probleme zurückzulassen, zumindest für einige Wochen.

      Außerdem hatte ich damit zu tun gehabt, den Schock meines ersten Flugs zu bewältigen. Als wir drei der Hausmutter zum Abschied zugewinkt und die Passagiermaschine in Southampton bestiegen hatten, war mir alles so unglaublich glamourös vorgekommen: die strahlenden Flugbegleiterinnen in den adretten Uniformen, die bequemen und schick gepolsterten Sitze. Daisy lehnte sich auf ihrem Platz zurück und seufzte glücklich. »Genau wie in Tod in den Wolken«, murmelte sie. »Oh, stell dir nur vor, es gäbe wirklich einen Mord, genau jetzt, und wir hätten ihn gelöst, noch bevor wir wieder auf dem Boden wären!«

      »Das würde nicht einmal Poirot schaffen.« Ich rollte mit den Augen und grinste sie an.

      »Wir sind viel besser als der Alte!«, meinte Daisy schnaubend. »Himmel, er hat seinen ersten Fall ja erst gelöst, als er schon uralt war – außerdem sind wir echt und er nicht, damit sind wir entschieden im Vorteil.«

      »Worüber redet ihr?«, wollte Amina neugierig wissen.

      »Nichts weiter«, antwortete Daisy. »Vergiss es.«

      Das Flugzeug, das über den Asphalt getuckert war, schoss unerwartet vorwärts und stieß ein Heulen aus, das sich zu einem schrillen Kreischen entwickelte, was mir durch und durch ging. Keuchend klammerte ich mich an Daisys Hand, während wir rüttelnd in die Höhe stiegen. Mit einem abhebenden Vogel hatte das nun wirklich nichts gemeinsam, dachte ich bei mir, als das Flugzeug über das Nichts hopste und mein Magen gleich mitmachte.

      »Ich glaube, Fliegen hasse ich fast so sehr wie Schiffe«, sagte ich durch klappernde Zähne und kniff die Augen fest zu. Amina warf den Kopf in den Nacken und lachte.

      »Unfug, Watson«, sagte Daisy, die sich über mich beugte. »Oh, sieh nur, wie klein alles ist! Als wären wir Riesen. Ich glaube, ich könnte dort hinuntergreifen und das Haus da hochheben. Als würde man mit der Welt Puppe spielen.«

      Es hätte mich nicht überraschen sollen, dass Daisy den Ausblick so genoss, nur konnte ich leider nur daran denken, wie sehr er mir missfiel. Die Luft roch irgendwie falsch so weit oben und in meinen Ohren knackte es.

      »Weißt du …«, sagte Daisy, »wenn du sowieso nicht aus dem Fenster schauen willst, können wir dann den Platz tauschen?«

      Durch ihr Hochgefühl vergaß sie sogar, Amina die kalte Schulter zu zeigen, und unterhielt sich den ganzen Flug über mit ihr, bis wir in Marseille aufsetzten – und das war der Moment, in dem mir bewusst wurde, welche Schrecken vor mir lagen. Auf und ab holperten wir: Marseille, Rom, Brindisi, Athen (wo wir in einem wunderschönen Hotel übernachteten, das einem Freund von Aminas Vater gehörte, und wo Daisy sich als amerikanische Erbin ausgab), Alexandria (unter uns das Mittelmeer, unglaublich klein, nachdem wir im Lateinunterricht so viel davon gehört hatten) und zu guter Letzt, durchgerüttelt bis auf die Knochen, die Landung in Kairo.

      Ich erinnerte mich an den Augenblick, als wir im Frühling in Hongkong eingelaufen waren, und begriff endlich, wie seltsam Daisy sich dabei gefühlt haben musste. Nun kam ich selbst in einer fremden Großstadt an und hatte den Eindruck, orientierungslos in einem kilometertiefen, tiefschwarzen Meer zu schwimmen. Kairo war mir fremd, sogar fremder als London. Doch dann richtete ich mich auf und rief mir in Erinnerung, dass ich es immerhin geschafft hatte, mich in England einzuleben, also würde ich es auch in Ägypten schaffen. Innerlich mochte ich nervös sein, doch das würde ich mir nicht anmerken lassen. Ich war nicht mehr dieselbe Hazel Wong wie früher.

      Dann eilte Amina kreischend vor Freude durch die Menschenmassen und warf sich einem Mann an den Hals, den ich wiedererkannte.

      »Wo bleiben deine Manieren, Habibti!«, sagte Mr El Maghrabi – allerdings merkte ich ihm an, dass es ihm eigentlich gar nichts ausmachte. Er strahlte seine Tochter an und Amina strahlte zurück.

      »Entschuldige, Baba!«, sagte sie. »Baba, du erinnerst dich an Daisy Wells und Hazel Wong?«

      »Willkommen in Kairo!« Mr El Maghrabi schüttelte uns die Hand. »Wir freuen uns sehr, Sie bei uns als Gäste begrüßen zu dürfen, nach dem, was Sie im Sommer für uns getan haben. In schā' Allāh werden Sie eine wundervolle Zeit hier verbringen. Sie sind unsere Gäste – sollten Sie irgendeinen Wunsch haben, brauchen Sie es nur zu sagen. Miss Beauvais wird sich um Sie kümmern – Miss Beauvais! Hier drüben!«

      Er winkte einer kleinen Europäerin, die sich durch das Gedränge an Reisenden kämpfte. Sie hatte dünner werdendes, braunes Haar und wirkte reichlich missmutig. Als sie Amina sah, zog sie ein noch längeres Gesicht, beinahe, als würde sie mit dem Schlimmsten rechnen.

      »Das ist Miss Beauvais. Sie ist Aminas Gouvernante und Amina wird sich ihr gegenüber während der Ferien höchst anständig benehmen – nicht wahr, Amoona?«

      »Oh ja, Baba«, antwortete Amina und schenkte zuerst ihrem Vater, dann Miss Beauvais ihr breites, verschmitztes Lächeln. Die Gouvernante zog ein Taschentuch aus dem Ärmel und drückte es sich gegen die Stirn. »Wohin wollen wir zuerst?«

      Das war der erste von mehreren Tagen, in denen wir durch Kairo wirbelten, die Sehenswürdigkeiten und Gerüche in uns aufsaugten. Hocherfreut stellte ich fest, dass der unfassbar schnelle Verkehr, die aufsteigenden Düfte des Essens auf den Straßen, die Rufe der Menschen, die sich entweder nicht ausstehen konnten oder aber beste Freunde waren, die spielenden Kinder und die räudigen Straßenhunde, die in den gewundenen, staubigen Nebengassen kläfften, Kairo zu einem Echo Hongkongs machten. Doch während Hongkongs Hitze feucht ist, sodass die Luft schwer und köstlich auf


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