Inneren Frieden bewahren. Gesche Rabten

Inneren Frieden bewahren - Gesche Rabten


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und Durst und solch geringfügigen Problemen wie Ausschlag?

      16  Bin ich ungeduldig im Ertragen von Hitze und Kälte, Wind und Regen, Krankheit, Knechtschaft und Schlägen, werde ich nur noch mehr darunter leiden.

      17  Einige werden besonders tapfer und standhaft, wenn sie ihr eigenes Blut sehen; einige jedoch werden schwach und fallen in Ohnmacht, wenn sie das Blut anderer sehen.

      18  Das rührt daher, daß ihr Geist entweder fest oder zaghaft ist. Daher beachte ich mir zugefügtes Übel nicht - Leid kann mir nichts anhaben.

      19  Auch im Leiden bleibt der Geist der Weisen leuchtend klar und makellos, denn wenn der Kampf gegen die Verblendungen aufgenommen wird, erfährt man viel Schlimmes in Zeiten der Schlacht.

      20  Die siegreichen Krieger sind jene, welche, die Leiden nicht beachtend, die Feinde Hass und Zorn überwinden. Gewöhnliche Krieger erschlagen nur Leichname.

      21  Darüber hinaus hat das Leid gute Eigenschaften: Es macht uns verzagt, und der Hochmut vergeht. Wir entwickeln Mitgefühl für die Wesen im Daseinskreislauf.Wir vermeiden das Böse und freuen uns an heilsamem Tun.

      22  Da große Leiden wie Gelbsucht mich nicht zornig werden lassen, warum sollte ich den Lebewesen zürnen, die auch in Abhängigkeit der Umstände handeln?

      23  Obwohl sie nicht gewünscht sind, entstehen diese Krankheiten, und obwohl sie nicht gewollt sind, entstehen diese störenden Verblendungen mit Macht.

      24  Wir denken nicht: »Ich werde zornig«, und doch widerstehen wir nicht dem Zorn. Der Zorn denkt nicht: »Ich werde entstehen«, und doch entsteht er wie von selbst.

      25  Alle Fehler, die begangen werden, und all die verschiedenen Arten des Übels entstehen durch die Macht der Umstände. Sie bestimmen sich nicht selbst.

      26  Diese Ansammlung von Umständen will nichts absichtlich hervorbringen, noch wünscht ihr Resultat hervorgebracht zu werden.

      27  Das, was als Ursubstanz geltend gemacht wird, und das, was als Atman bezeichnet wird, ist beides nicht mit der Absicht entstanden: »Ich werde entstehen.«

      28  Wenn sie nicht erschaffen und nicht-existent sind, was wird dann als »entstanden« angenommen? Da es seine Objekte ständig erfassen würde, könnte es auch nicht aufhören, zu existieren.

      29  Gäbe es nämlich ein permanentes Selbst, so würde es zweifellos von jeglicher Handlung frei sein, so wie der Raum. Selbst wenn es mit anderen Umständen zusammenträfe, was könnte auf seine unveränderliche Natur einwirken?

      30  Trotz fremder Einwirkungen würde es unverändert bleiben. Was also könnten Handlungen ihm anhaben? Würde ich sagen, daß Umstände auf ein permanentes Selbst wirken, wie könnten sie in einer ursächlichen Beziehung zueinander stehen?

      31  So wird alles von vielen Faktoren gelenkt, die ihrerseits von anderen Faktoren beeinflußt werden, und nichts bestimmt sich selbst. Habe ich dies verstanden, sollte ich nicht auf Phänomene zornig werden, die bloße Erscheinungen sind.

      32  So gibt es nichts, das zurückhält, und nichts, das zurückgehalten wird.Wollte man aber sagen, daß Zurückhaltung unangebracht ist, wäre das falsch, da man akzeptiert, daß durch die Beseitigung (von Hass und Ärger) der Strom des Leidens aufhört.

      33  Wenn Menschen, die mir etwas bedeuten, unheilsam handeln, weil ihnen von anderen Schaden zugefügt wurde, sollte ich bedenken, daß solche Dinge aufgrund negativer Umstände geschehen, und friedlichen Geistes bleiben.

      34  Wenn die Dinge nach freier Wahl entstehen würden, würde keinem Lebewesen je ein Leid zustoßen, denn niemand leidet gern.

      35  Aus Unbedachtheit verletzt man sich sogar mit Dornen und anderem, und aus Lüsternheit nach Frauen und so weiter handelt man wie ein Besessener und entzieht sich die Nahrung.

      36  Es gibt Menschen, die sich selbst Schaden zufügen durch solch unheilsame Handlungen, wie sich aufzuhängen, von Klippen zu stürzen, Gift und ungesunde Nahrung zu sich zu nehmen.

      37  Wenn Menschen unter dem Einfluß von störenden Verblendungen sogar ihren (eigenen) kostbaren Körper vernichten, wie kann man von ihnen erwarten, daß sie den Körper anderer Lebewesen schonen?

      38  Wenn ich auch kein Mitgefühl für Menschen empfinden kann, die unter dem Einfluß von Verblendungen vielleicht versuchen wollen, mich zu töten, so wäre es doch das Letzte, über sie in Zorn zu geraten.

      39  Selbst wenn es die Natur kindischer Menschen wäre, anderen Wesen Schaden zuzufügen, so wäre es ebenso falsch, Zorn gegen sie zu hegen, wie dem Feuer vorzuwerfen, daß es brennt.

      40  Fehler sind von vergänglicher Natur, und die Wesen sind von Natur aus gut. Deshalb ist es nicht recht, ihnen zu zürnen. Man nimmt es ja auch dem Raum nicht übel, wenn er Rauch in sich entstehen läßt.

      41  Wenn ich auf einen Menschen zornig werde, der mich schlägt, obgleich es doch der Stock ist, der mich verletzt, und der Mensch nur von dem Hass, der ihn treibt, beeinflußt ist, sollte ich wirklich nur seinem Hass zürnen.

      42  Früher einmal muß ich fühlenden Wesen ähnliches Leid bereitet haben. Daher ist es recht, wenn dieses Leid auf mich zurückkommt, da ich die Ursache für deren Verletzungen bin.

      43  Beides, seine Waffe und mein Körper, sind die Ursachen meines Leidens, da er die Waffe ergriffen hat und ich meinen Körper. Wem sollte ich also zürnen?

      44  Wenn ich mich in blinder Anhaftung an dieses leidende Geschwür einer menschlichen Form klammere, das nicht ertragen kann, berührt zu werden - wem sollte ich zürnen, wenn es verletzt wird?

      45  Die Unmündigen haben sich ihre Verletzungen selbst zuzuschreiben, denn obgleich sie nicht zu leiden wünschen, sind sie den Ursachen des Leidens eng verhaftet. Warum sollten sie also über andere zornig sein?

      46  Wie die Höllenwelten mit ihren Hütern und der Schwertblätterwald, so wurde auch dieses Leiden durch meine Taten hervorgerufen. Wem also sollte ich zürnen?

      47  Durch meine eigenen Taten veranlaßt, begegnen mir jene, die mir Leid verursachen. Wenn sie durch solches Tun in die Hölle kommen, bin dann nicht ich es, der sie vernichtet?

      48  Mit ihrer Hilfe reinige ich mich von vielen Übeln, weil ich das Leid, das sie mir verursachen, geduldig hinnehme; jedoch mit meiner Hilfe fallen sie für sehr lange Zeit in höllische Qualen.

      49  Da ich ihnen also Leid verursache und sie mir Wohltaten erweisen, warum, widerspenstiger Geist, begehst du den großen Fehler, ihnen zu zürnen?

      50  Wenn mein Geist die edle Tugend (der Geduld) ausgebildet hat, werde ich nicht in die Hölle kommen; während ich mich (dadurch) davor bewahre, wie können auch sie bewahrt werden?

      51  Und wenn ich ihnen das Unrecht heimzahle, wird ihnen das auch nichts nützen. Durch solches Tun degeneriert mein Verhalten, und meine Anstrengungen werden zerstört.

      52  Da mein Geist nichts Physisches ist, kann auch niemand ihn vernichten, aber da er mit meinem Körper eng verhaftet ist, wird ihm durch (physisches) Leid geschadet.

      53  Da Geringschätzung, rohe Sprache und unfreundliche Worte meinem Körper keinerlei Schaden zufügen, warum, Geist, wirst du so zornig?

      54  »Weil andere mich nicht mögen.« Aber da mir das weder in diesem noch in einem anderen Leben schaden wird, warum ist mir dies unangenehm?

      55  »Weil mir dann vielleicht weltliche Güter vorenthalten werden.« Selbst wenn ich dies nicht wünsche, werde ich meine weltlichen Güter zurücklassen müssen, und allein meine Übeltaten werden übrigbleiben.

      56  So ist es besser, daß ich heute sterbe, als ein langes Leben voll unheilsamer Taten zu verbringen, denn selbst wenn Leute wie ich lange leben - das Leid des Todes wird es immer geben.

      57  Nehmen wir an, jemand erwacht aus einem Traum, in dem er hundert Jahre Glückseligkeit erfuhr, und nehmen wir an, ein anderer erwacht aus einem Traum, in dem er nur einen einzigen Moment des Glücks erlebte.

      58  Für beide, die aufgewacht sind, wird dieses Glück niemals zurückkehren. Genau so gilt: Ob ich ein langes oder kurzes Leben hatte, zur Todeszeit ist es ausgelöscht.

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