Comanchen Mond Band 2. G. D. Brademann
Lächeln verschönte ihr eingefallenes Gesicht auf wunderbare Weise. „Du weißt es sicherlich noch nicht, Schwägerin“, meinte sie, das letzte Wort besonders betonend. „Ich bin jetzt Light-Clouds Ehefrau.“ Sie zeigte in die Richtung, in die die Krieger geritten waren. „Hast du ihn gesehen? Ich musste ihm einen dicken Verband anlegen, denn er wollte unbedingt mit den Kriegern reiten. Du kennst ja unseren Light-Cloud!“
Großmutter warf ihr einen missbilligenden Blick zu. Als ob sie nichts Wichtigeres zu tun hätten, als über solche Dinge zu plaudern, sollte das wohl heißen. Vielleicht wollte sie aber auch nur nicht, dass Summer-Rain sich Sorgen machte.
Das Mädchen drehte sich zu Dream-In-The-Day um, die unter Stöhnen die nächste Wehe wegatmete.
„Und wer, bitte schön, ist dein Ehemann? Ich scheine ja ziemlich viel verpasst zu haben!“ Damit zeigte sie auf den hochgewölbten Bauch der Freundin.
Dream-In-The-Day lächelte schief. Natürlich, Summer-Rain konnte das ja nicht wissen. „Gray-Wolf ist mein Ehemann, Summer-Rain“, sagte sie sichtlich stolz.
„Weiß er, dass du hier bist und euer Kind bekommst?“
Großmutter und Dark-Night wechselten einen wissenden Blick.
„Weiß er nicht“, presste Dream-In-The-Day hervor, nach Atem ringend. „Muss er auch nicht, ich komme schon klar. Das hier ist Frauensache, da hat ein Mann nichts zu suchen.“
Wie zur Bekräftigung ihrer Worte deutete Großmutter mit einer knappen Kopfbewegung unter einen der Haselnusssträucher. Dort kauerten zwei Frauen, die Summer-Rain erst jetzt bemerkte. Die eine war Dream-In-The-Days Mutter und die andere, eine etwas ältere, die von Gray-Wolf. Innerlich stöhnte Summer-Rain auf. Auch das noch! Einen Blick auf ihr Pferd werfend, wandte sie sich ihnen zu. „Ihr beiden“, unmissverständlich wies sie mit dem Finger. „Ihr nehmt jetzt sofort mein Pferd und reitet hinter den anderen her.“
Weiter kam sie nicht, denn Gray-Wolfs Mutter richtete sich kerzengerade auf. Hinter ihren Rücken langend, holte sie ein ziemlich mitgenommen aussehendes Gewehr hervor. Eine Munitionstasche hing an ihrem Gürtel; sie fingerte darin herum, dann ergriff sie eine Handvoll Munition und schüttelte sie Summer-Rain entgegen. „Ich gehe nirgendwohin, ich kann meine Tochter beschützen!“ Entschlossen hielt sie die Waffe hoch, um sie dem Mädchen zu zeigen.
Einen Moment lang war Summer-Rain sprachlos angesichts so viel Dummheit, dann stieß sie wütend hervor:
„Wem willst du denn damit Angst einjagen?“
Die Frau blickte zuerst auf ihre Waffe, dann auf Summer-Rain. „Wie meinst du das?“
Wieder hielt sie ihr die Waffe entgegen, jedoch schon etwas unsicherer. Ihr bei einem Jagdunfall verunglückter Mann hatte sie immer in Ehren gehalten. Es musste eine gute Waffe sein!
Ungehalten schüttelte Summer-Rain den Kopf. Sie hatte keine Zeit für Erklärungen. „Steigt auf mein Pferd, alle beide“, forderte sie erneut, diesmal lauter. „Das Gewehr ist so alt, dass du daraus keinen einzigen Schuss mehr abfeuern kannst. Außerdem gehört die Munition, die du da hast, nicht zu diesem Gewehr.“ Noch während sie das sagte, war sie dem alten Trapper dafür dankbar, ihr so viel über Waffen beigebracht zu haben. „Großmutter und ich“, fuhr sie fort, „wir werden uns um Dream-In-The-Day kümmern. So, wie es jetzt aussieht, kann deine Tochter nicht einmal mehr auf einem Travois reisen, was wir im Übrigen auch gar nicht hier haben. Und reiten geht erst recht nicht. Wir müssen hier bleiben. Je weniger wir sind, umso leichter finden wir einen Ort, an dem wir vor den Soldaten sicher sind.“ Ihr Ton war jetzt milder. Sie hatte durchaus Verständnis für die beiden besorgten Mütter. Energisch griff sie nach dem Arm der älteren Frau und schob sie auf ihr Pferd zu. Die jüngere, die bisher ruhig geblieben war, legte ihre Hand auf den Rist des Ponys. „Ist schon gut – komm, hör auf sie. Dein Sohn würde das auch so wollen!“ Sich nach einem Bündel, das zusammengezurrt vor ihr lag, bückend, wuchtete sie es über den Rücken des Pferdes. Während sie es mit flinken Händen so befestigte, dass noch Platz für sie beide blieb, half Summer-Rain ihr dabei.
Flüchtig musterte die Frau das Fell, das darauf lag, während ihnen Dark-Night ein weiteres Bündel reichte. Die Miene der kleinen Mexikanerin bedeutete nichts Gutes – hatte sie Summer-Rains Worte doch gehört. Sie und Großmutter würden sich um Dream-In-The-Day kümmern? Schließlich war sie ja auch noch da!
„Dark-Night kann sich den Nachzüglern anschließen“, kam es auch schon prompt von Summer-Rain. „Jemand wird sie schon mit auf sein Pferd nehmen“, kommandierte sie mit energischem Ton.
„Du hast mir gar nichts zu sagen“, schnappte Dark-Night und stemmte beide Fäuste in die Seiten. In ihren kugelrunden schwarzen Augen blitzte es drohend auf.
Summer-Rain betrachtete sie nur kurz; dann kam sie zu dem Schluss, dass es besser war, sich nicht mit ihr anzulegen. „Also gut, wenn du darauf bestehst, dann bleib eben.“
Großmutter verzog den Mund; sie hatte nichts anderes erwartet. Diese beiden würden sich nichts schenken.
Zufrieden trat Dark-Night zu Dream-In-The-Days Mutter und half ihr beim Aufsteigen. „Ich weiß ein gutes Versteck“, sagte sie dabei mit ihrer angenehmen, melodischen Stimme, ohne sich den Ärger von eben noch anmerken zu lassen. „Dort wird deine Tochter sicher sein, bis das Baby da ist. Da oben, in den Höhlen zwischen den Felsen, wird uns niemand finden.“ Kurz zögerte sie – dann, an alle gewandt: „Ich kenne mich dort aus. Lasst mich euch die Höhle zeigen, wo wir am unsichtbarsten sind. Hier jedenfalls können wir nicht mehr bleiben.“
Großmutter kniff die Lippen ein wenig boshaft zusammen. Wie gut sie sich da oben auskannte, war schließlich zur Genüge bekannt. „Wir kommen nach“, meinte sie jedoch nur, an die beiden Frauen auf dem Pferd gewandt. Dann betrachtete sie ihre Nichte, die mit der Hand leicht über das Fell strich, und ihr wurde klar, wie viel inzwischen geschehen sein musste. Ihre Augen begegneten sich – sie würden einander eine Menge zu erzählen haben.
Dream-In-The-Day blickte den beiden sich rasch entfernenden Frauen hinterher, sichtlich froh, die Sorge um sie endlich los zu sein. Die Verantwortung für ihr Baby lastete schon schwer genug auf ihr. Sie wollte sprechen, doch es verschlug ihr den Atem, als die nächste Wehe kam.
„Los, Kind, wir müssen uns beeilen“, übernahm Großmutter das Kommando. Entschlossen raffte sie die Decken, die neben der Schwangeren auf dem Boden ausgebreitet lagen, zusammen, griff sich ein kleineres Bündel, das dort lag, und reichte alles Dark-Night. „Zeig uns den kürzesten Weg bis zu deiner Höhle. Dream-In-The-Day wird nicht laufen können. Fass mit an, Summer-Rain, wir beide tragen sie.“ Gemeinsam hoben sie die Schwangere hoch und nahmen sie in die Mitte. Das Baby wollte unbedingt jetzt in diese gefahrvolle Welt hineingeboren werden. Dream-In-The-Days Atem ging flach und sie versuchte, die stärker werdenden Wehen wieder wegzuatmen. Mit einem verkrampften Lächeln täuschte sie über ihre Schmerzen hinweg.
Der Geschützdonner kam näher. Über dem Fluss hing schwarzer Rauch. Auch die Geräusche der miteinander kämpfenden Männer konnte man bis hierher hören. Noch waren die Soldaten zu weit weg, als dass sie sie sehen konnten. Trotz ihrer Last kletterten die Frauen schnell das steinige Geröllfeld hinauf; sich hinter jedem großen Stein oder Gebüsch versteckend.
Dark-Night führte sie. Ganz oben, hinter Dornensträuchern verborgen, zeigte sie ihnen die Höhle, die sie hemeint hatte. Sie war nicht sehr groß, doch wenigstens war sie trocken und bot vorläufig Schutz. Bei Dream-In-The-Day kamen die Wehen jetzt bereits schnell hintereinander. Großmutter hatte recht gehabt. Hoffentlich waren die beiden anderen Frauen inzwischen in Sicherheit. Gut, dass Summer-Rain sie weggeschickt hatte. Für noch mehr Leute wäre es hier oben zu eng geworden. Sie richteten sich mit den mitgebrachten Decken einigermaßen ein.
Summer-Rain kniete in dem niedrigen Eingang und versuchte, durch das davor wuchernde Gesträuch etwas zu erkennen. Großmutter hockte neben ihr, während sich Dark-Night jetzt um Dream-In-The-Day kümmerte. Lange schwieg die alte Frau. Dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie musste erfahren, wie es ihrem Liebling ergangen war. Besonders die Frage nach dem Fell lag ihr auf der Zunge. Ungeachtet der Schüsse, die von