Depressionen überwinden für Dummies. Laura L. Smith
die Erkrankung oft unerkannt bleibt. Selten berichten Kinder spontan über ihre Depression. Sie können ihre Gefühle, die zu Veränderungen im Verhalten, des Appetits und des Schlafs führen, nicht einschätzen und sind abhängig von ihrem Umfeld.
Julias Mutter überraschte ihre Tochter, indem sie ihr an ihrem achten Geburtstag einen Kuchen in die Schule brachte. Die Klasse sang »Happy Birthday« für sie, doch Julia lächelte kaum. Nachdem sie den Kuchen verputzt hatten, rannten die Kinder in die Pause. Nur Julia trottete langsam hinterher.
Julias Lehrer sprach mit der Mutter: »Ich mache mir Sorgen um Julia. Sie ist sehr ruhig und interessiert sich weniger für ihre schulischen Leistungen. Ich sehe sie oft ganz allein auf dem Spielplatz. Sie meldet sich im Unterricht nicht mehr so häufig, wie sie das einmal getan hat. Ist etwas nicht in Ordnung?«
Wenn Kinder depressiv sind, verlieren sie das Interesse an Dingen, die ihnen normalerweise sehr viel Spaß bereitet haben. Wenn man sie fragt, ob sie traurig sind, können sie ihre Gefühle nicht mit Worten beschreiben. Sie werden unterschiedliche Anzeichen für eine Depression wie mangelnde Energie, veränderten Appetit, Reizbarkeit und ein geringes Selbstwertgefühl aufweisen.
Beobachten Sie Ihr Kind beim Spielen, um Anzeichen einer Depression zu erkennen. Depressive Kinder lassen häufig Themen wie Tod und Verlust in ihr Spiel einfließen. Natürlich tun das alle Kinder hin und wieder, doch bei Kindern mit Depressionen kommen solche düsteren Themen häufiger vor. Sie müssen Ihr Kind über einen gewissen Zeitraum beobachten, denn die Stimmung von Kindern ist veränderlich. Sie wirken nicht so dauerhaft depressiv, wie das bei Erwachsenen der Fall ist. Bei Kindern schwankt die Stimmung im Laufe eines Tages. Wenn Sie Zweifel haben, sollten Sie eine Fachperson konsultieren.
Kinder, Depressionen und Übergewicht
In einer Studie, die in der angesehenen Fachzeitschrift Pediatrics erschien, waren über 9.000 Jugendliche auf einen Zusammenhang zwischen Depression und Übergewicht hin untersucht worden. Die Wissenschaftler ließen die Kinder einen Fragebogen ausfüllen, mit dessen Hilfe der Body-Mass-Index bestimmt wurde und eingeschätzt werden konnte, ob der Betreffende an einer Depression leidet. Ein Jahr später wurden dieselben Kinder wieder untersucht. Übergewicht zum ersten Messzeitpunkt erhöhte zwar nicht das Risiko für eine Depression zum zweiten Zeitpunkt, aber bei den Kindern, die bei der ersten Untersuchung depressiv und übergewichtig waren, hatte das Übergewicht weiter zugenommen. Kinder, die nur depressiv, aber nicht übergewichtig waren, hatten ein doppelt so hohes Risiko, nach einem Jahr übergewichtig zu sein.
Zu der Problematik, inwieweit eine Depression das Risiko, übergewichtig zu werden, erhöht, müssen noch einige Fragen geklärt werden. Doch auch diese Untersuchung unterstreicht die Notwendigkeit, die Depression zu behandeln.
Depressionen bei Senioren
Für einige Menschen ist der Gedanke an ein hohes Alter an sich schon deprimierend. Sie glauben, dass ab einem bestimmten Alter das Leben an Qualität verliert. Das ist sicherlich nicht völlig verkehrt, denn das Alter bringt Krankheiten mit sich, man verliert Freunde, Familienangehörige und soziale Kontakte. Deshalb kann man schon ein wenig Traurigkeit erwarten.
Trotzdem ist eine Depression keine unvermeidliche Erscheinung des Alters. Die meisten Symptome einer Depression bei älteren Menschen gleichen denen aller anderen Altersgruppen. Ältere Menschen konzentrieren sich vielleicht etwas mehr auf ihre Schmerzen. Außerdem empfinden sie häufiger Bedauern oder haben ein schlechtes Gewissen wegen Dingen, die in ihrem Leben passiert sind.
Depressionen haben Auswirkungen auf das Erinnerungsvermögen. Wenn Sie bei Ihren Großeltern zunehmende Gedächtnisprobleme feststellen, kann das im schlimmsten Fall bedeuten, dass sie an Demenz oder Alzheimer leiden. Doch solche Gedächtnisprobleme treten auch als Folge einer Depression auf. Depressionen können bei älteren Menschen dazu führen, dass sie eher sterben. Wenn man ältere Menschen fragt, ob sie depressiv sind, erntet man häufig nur Ablehnung. Doch wenn die Depression geleugnet wird, kann sie nicht behandelt werden.
Ältere Männer haben – allgemein betrachtet – ein etwas höheres Suizidrisiko als andere Altersgruppen (egal welchen Geschlechts). Wenn Sie Gedanken an Selbstmord haben, lassen Sie sich ärztlich oder psychotherapeutisch untersuchen, ob Sie an einer Depression leiden.
Echte Männer haben keine Depressionen, oder doch?
Die meisten Studien haben gezeigt, dass Männer nur halb so oft von Depressionen betroffen sind wie Frauen. Doch Männer neigen dazu, ihre Depression zu verbergen. Sie sprechen nur widerwillig über Schwächen und Verwundbarkeit. Warum? Viele Männer glauben, dass es unmännlich sei, emotionale Probleme zuzugeben. Diese Männer haben von frühester Kindheit an gelernt, negative Gefühle zu verbergen.
Rainer stand kurz vor seiner Pensionierung als Marketingchef. Er konnte es kaum erwarten, endlich zu reisen und seinen Hobbys nachzugehen. Drei Monate, nachdem er in Rente gegangen war, reichte seine Frau nach zwanzigjähriger Ehe die Scheidung ein. Geschockt, doch ohne große Emotionen, sagte er zu Familie und Freunden: »Das Leben geht weiter.« Rainer begann zu trinken. Er betrieb Extremsport, ging beim Klettern, Drachenfliegen und Skifahren auf abgelegenen Pisten an seine Grenzen. Er distanzierte sich von Familie und Freunden. Seine Stimmung wandelte sich. Doch er verleugnete seine Depression gegenüber Personen, die ihm nahestanden.
Männer können sich häufig ihre Gefühle nicht eingestehen. Sie neigen bei dem Versuch, eine Depression zu bewältigen, eher dazu, zu Alkohol und Tabletten zu greifen. Einige Männer können ein Gefühl wie Ärger besser zum Ausdruck bringen als Traurigkeit. Andere bekommen körperliche Symptome einer Depression. Sie sind antriebslos, schlafen schlecht, haben keinen Appetit und leiden an Schmerzen.
Doch sie behaupten hartnäckig, nicht depressiv zu sein. Die Folge dieser nicht ausgedrückten Gefühle und der dadurch verpassten Hilfe ist eine vierfach höhere Selbstmordrate unter depressiven Männern im Vergleich zu depressiven Frauen.
Frauen und Depression
Warum erkranken Frauen weltweit doppelt so häufig wie Männer an einer Depression? Dabei spielen sicherlich biologische Faktoren eine Rolle. Die Depressionsraten während der Schwangerschaft, nach einer Entbindung und vor der Menopause sind höher als zu jeder anderen Zeit im Leben einer Frau. Sicherlich tragen bei Frauen auch kulturelle und soziale Faktoren zur Depression bei. Frauen, die sexuell missbraucht oder geschlagen wurden, leiden häufiger unter Depressionen als Männer mit vergleichbaren Erlebnissen. Außerdem kommen bestimmte Risikofaktoren wie ein niedriges Einkommen, Stress und die Kombination aus verschiedensten Verpflichtungen wie Haushalt, Kindererziehung und Berufstätigkeit bei Frauen häufiger vor als bei Männern.
Karla legt ihr Baby sanft in das Gitterbettchen. Schließlich ist es eingeschlafen. Von einem langen, anstrengenden Arbeitstag erschöpft möchte sie auch zu Bett gehen. Doch die Wäsche muss noch gemacht, Rechnungen müssen bezahlt werden und die Wohnung ist ein einziges Chaos. Vor sechs Monaten wurde ihr Mann beruflich mit einem Auslandseinsatz beauftragt. Seitdem ist das Leben nicht mehr, wie es einst war. Karla erkennt, dass ihre andauernde Erschöpfung und ihre Appetitlosigkeit Symptome einer beginnenden Depression sind.
Macht die Depression Unterschiede?
Bei jedem zeigt sich die Depression auf individuelle Weise. Verallgemeinerungen, die lediglich auf der Zugehörigkeit zu bestimmten Bevölkerungsgruppen basieren, führen schnell zu Missverständnissen. Doch zu den Risikofaktoren einer Depression zählen auch Diskriminierung, soziale Ausgrenzung, Armut oder der Verlust des Arbeitsplatzes oder eines