Der Blick in den See. Mart Rutkowski
von außen beurteilen. Aber wir können einen Rahmen schaffen, in welchem sich die Person so sicher fühlt, dass sie sich auf Irritationen und neue Herausforderungen einlässt. Wir können einen Rahmen schaffen, in dem die Person gut spüren kann, wo sie sich befindet – und auf dieser Basis entscheidet, was sie als nächstes tun möchte. Dies wiederum weist uns darauf hin, wie wichtig (diesmal aus gehirnphysiologischer Sicht!) eine als sicher empfundene Atmosphäre des EP-Settings ist. Der Aufbau von Vertrauen, wechselseitige Wertschätzung, ein tragfähiger Wertekonsens, psychische Sicherheit, Freiheit von Gruppen- und Leistungsdruck – all dies ist grundlegend für eine Situierung, in der sich Menschen „aufmerksam fokussiert“ mit anschlussfähigen Irritationen auseinandersetzen können. Dies propagiert keine Kuschel-Atmosphäre – Lernen beinhaltet immer ein gewisses Maß an Anstrengung.Worum es geht ist, für den Umgang mit Irritationen einen angemessen fordernden und gleichzeitig als sicher empfundenen Rahmen zu schaffen.
48 Was übrigens nicht bedeutet, dass das Wissen um Grammatik nicht trotzdem sinnvoll sein kann: Wenn ich zu Hause am Schreibtisch versuche, Sätze der neu zu erlernenden Sprache korrekt zu konstruieren und auf Lernkarten zu schreiben, hilft mir das Wissen um sprachliche Gesetzmäßigkeiten. Dennoch bildet diese Art des Lernens „nur“ eine hilfreiche Ergänzung zum Üben der Sprache in der praktischen Anwendungssituation. Der Löwenanteil des Lernens geschieht immer jenseits der Theorie in der Anwendung.
49 Dies hat mit der Tatsache zu tun, dass viele Dinge, die wir TUN, im sog. ➔ „prozeduralen Speicher“, dem „Verhaltensgedächtnis“ abgelegt sind, welches weitgehend unabhängig vom ➔ „deklarativen Speicher“ existiert, in welchem wiederum bewusste (und leicht zu versprachlichende) Wissensinhalte wiedergegeben werden.
50 Man beachte an dieser Stelle, wie sich die Vorstellung von einem Bild an zwei Kletterseilen im Gehirn einbrennt.
51 Vgl. hierzu Roth, G. und Strüber, N. (2014), S. 64
52 Ich möchte hier auf ein ähnlich reziprokes Verhältnis von Ausdruck und Eindruck im Zusammenhang mit Ritualen verweisen. Siehe dazu das Kapitel „Riten und Rituale als Raum der Reflexion.“
53 Ein andere Möglichkeit Reflexionsprozesse zu beschreiben wäre, sie in „Top-Down-“ und „Bottom-up-Prozesse“ zu unterteilen.
Dabei würden mit „Top-Down-Reflexionen“ Prozesse beschrieben, die vom Bewusstsein her kommend verlaufen und mit Hilfe von Fokussierungen, Fragen und Methoden auf kognitiv-deduktive Art und Weise etwas zu verstehen versuchen (so wie es viele angeleitete Reflexionen tun.) Unter „Bottom-up-Reflexionen“ könnte man Prozesse einordnen, welche kleinschrittige, induktive Entwicklungen vom unterbewussten Gefühl hin zu einer bewussten Erkenntnis beschreiben (was häufig bei offeneren Reflexionsräumen der Fall ist.) Wen dieser Gedanke interessiert, dem schicke ich gerne ein kleines Extrakapitel per E-Mail, welches mir für das vorliegende Buch einfach zu speziell war.
54 Siehe zu all diesen Reflexionsmethoden den Praxisteil
55 Zum Isomorphiebegriff siehe Bacon S. 32 ff
56 Mit „gut und sinnvoll“ meinen wir „den möglichen Erkenntnisgewinn maximierend“ mit Blick auf das Prozessziel bzw. Richtziel und unter Einbezug des vermuteten aktuellen Themas.
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