Peter Schröcksnadel. Florian Madl
nie der Fall sein. Es sei eine lehrreiche Erfahrung gewesen, eine mit Folgen für sich und seinen weiteren Lebensweg. „Ich war 20, studierte Rechtswissenschaften – es war schlimm. Ich hatte keinen Job, meine Frau erwartete ein Kind.“ Was tun? Der Jung-Vater versuchte sich als Vertreter für eine Unterwäsche-Firma, doch glücklich wurde er damit nicht.
Die akademische Laufbahn endete jäh, eine neue Lernphase begann. Sein Fazit: „Es ist ein Vorteil, wenn du mit dem Rücken zur Wand stehst. Dann geht es nur mehr in eine Richtung.“ So habe er sein Berufsleben begonnen – mit nichts, ohne Kontakte, ohne abgeschlossene Ausbildung. Schließlich entschloss er sich zur Selbstständigkeit: „Ich wusste aber nicht, womit.“
Toni Innauer
Es war die Gunst der besonderen Jahre
Es waren Juan Antonio Samranch und Michael Payne, die, in den Achtzigerjahren beginnend, die spektakuläre „Olympische Wende“ vollzogen: Das IOC, mit seinen verstaubten Ringen und Ladenhüter-Spielen, verwandelte sich in die bekannteste Marke der Welt. Wie eine Blaupause dazu hat Peter Schröcksnadel – eine Liga tiefer – den ÖSV von einem sportlich anerkannten, aber peinlich unterfinanzierten Laden zu einem international bestaunten Vorzeige-Sportkonzern geformt.
In beiden Fällen waren es wirtschaftlicher Instinkt, politisches Geschick und Durchsetzungskraft der Präsidenten, die in mutigen Schachzügen vieles neu gestalteten und ihre Verbände ins gelobte kommerzielle Paradies führten. Trotzdem wäre eine Heiligsprechung übertrieben. Es waren auch „die Gunst der besonderen Jahre“, die dramatisch und global veränderten politischen Rahmenbedingungen, gekoppelt mit technologischen Innovationen und Entwicklungen, die völlig neue Zugänge ermöglichten. Viele wirtschaftlich versierte und Unerschrockene konnten damals zuvor nie dagewesene Chancen identifizieren und verwerten: Der Eiserne Vorhang war gefallen, realer Kommunismus und Sozialismus lagen am Boden.
Ein endgültig enthemmter Kapitalismus entdeckte den Profisport, das scheinheilige olympische Amateurstatut wurde widerstandslos entsorgt und die Sportwelt radikal umgebaut. In den Markt drängende Unternehmen, private Fernsehanstalten, Wettbüros und das Heraufdämmern des digitalen Zeitalters fanden im Spitzensport kongeniale Partnerschaften. Die Preise für TV-Rechte und Werbepartnerschaften schraubten sich in ungeahnte Höhen.
Unser zukünftiger ÖSV-Ex-Präsident hat die Möglichkeiten rechtzeitig erkannt und mitgestaltet, verzopfte Strukturen im Verband bereinigt, essenzielle Rechte für den ÖSV juristisch durchgekämpft und ökonomisches Wachstum nachhaltig mit sportlichem Erfolg abgesichert.
Mit stolzem Blick auf sein bemerkenswertes Lebenswerk hat er den Verband neuen Lenkern übergeben und sie großmütig in die Post-Schröcksnadel-Ära entlassen!
Aber die Hintergrundgeräusche rund um seine Nachfolge klangen weniger harmonisch: Michael Huber zog sich zurück, Michael Walchhofer fiel plötzlich in Ungnade, Renate Götschl kandidierte überraschend. Es sollte zwar der Mantel, aber nicht das Zepter abgelegt werden!
Damit engte Schröcksnadel Entwicklungsmöglichkeiten und Reputation seines Nachfolgers empfindlich ein.
Lawinensuche, Selbstfindung
Schröcksnadel wurde auf die Förster-Sonde aufmerksam, eine Erfindung des gleichnamigen deutschen Physikers Friedrich Förster, die bei Lawinenabgängen eingesetzt werden konnte. „Und da hat einer gesagt: Lawinensuchen wäre gescheit.“ Einen Magneten, Vorläufer des heutigen Suchsystems, perfektionierte er. Doch der Tiroler Pionier musste Geduld aufbringen, denn Geld konnte Schröcksnadel damit zunächst keines verdienen. Zu groß waren die Vorbehalte der Bergretter – es gab schließlich auch die bewährten Lawinenhunde.
Auch das damalige Bestreben, alle Skifahrer mit Magnet-Respondern für den Fall eines Lawinenunglücks zu versehen, stieß auf Widerstand. Für den jungen Peter Schröcksnadel war das eine weitere Lernphase, wie er später befand: „Wenn es drauf ankommt, bist allein, musst dich auf dich selbst verlassen. Du musst schauen, wie du mit der Situation fertig wirst.“
Da kam es ihm nicht ungelegen, dass die deutsche Illustrierte „Quick“ Gerüchten um verschollene Schätze nachging. Schröcksnadel wurde mit der Suche im Salzburger Hintersee betraut. Dem Auftrag zufolge ging es um drei Lkw-Ladungen Nazi-Gold des Reichsaußenministers Joachim von Ribbentrop. Der „Nibelungen-Hort“ des Kriegsverbrechers wurde zwar nie ausgehoben, aber Schröcksnadel verdiente mit 35 Deutsch-Mark Stundenlohn im Zuge dieses Projekts eine erkleckliche Summe. „Egal ob ich arbeitete, schlief oder aß – ich verdiente einen Haufen Geld damit, das half mir beim Überleben“, wurde er zitiert. Bereits beim ersten Tauchgang hätte man das unerfahrene Team aus dem Schlamm des Sees ziehen müssen. Doch bis auf ein paar Pfundnoten fand der Innsbrucker nichts, obwohl bis heute manche behaupten würden, sein Reichtum entstamme möglicherweise einem Salzkammergutsee. Zwei Monate nach diesem erfolglosen Abenteuer wollte es Schröcksnadel noch einmal versuchen, allerdings fand er an derselben Stelle eine leere Fläche vor: Man hatte in einem Stausee gesucht. „Da hat die Redaktion offensichtlich schlecht recherchiert.“ Auch am Königssee war Schröcksnadel im Einsatz, dort barg er den ersten Toten. „Ist die Leiche tot?“, hätten ihn die Beamten am Telefon gefragt.
Tote beförderte Schröcksnadel noch einige ans Tageslicht. Bei mehreren Lawinenunglücken rief man ihn in der Folge zu Hilfe, unter anderem in Sulden nahe dem Ortler, wo am 6. April 1975 eine enorme Lawine abgegangen war. Mehrere Autos in bis zu vier Meter Tiefe konnten dank Schröcksnadels Erfahrung geborgen werden, für acht Menschen kam jede Hilfe zu spät.
Am selben Tag war auch am Brennerpass eine Lawine abgegangen – mit ebenso dramatischen Folgen: 14 Tote galt es zu beklagen. Das wirkte nach, denn seit damals lockt den passionierten Skifahrer das freie Gelände nicht mehr: Das Terrain abseits der Piste sei „zu gefährlich“, befand der Experte für Ski-Sicherheit. Doch ausgerechnet die wenig einträgliche Lawinensuche brachte Schröcksnadel zum Österreichischen Skiverband: Am Dachstein-Gletscher ging ein ÖSV-Lift im Zuge anhaltenden Schneefalls verloren, eine Anlage mit Porsche-Aggregat, rund zwei Millionen Schilling teuer. ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner besann sich seines Bekannten Peter Schröcksnadel. Der war sich immer noch einer Sache sicher: „Beim Suchen bin ich der Beste gewesen.“ Er behielt Recht – und knüpfte gleichzeitig die ersten zarten Bande zum Verband.
Die Anfänge als Unternehmer
Der Startschuss der Laufbahn als Selbstständiger erfolgte 1965 – und es war nicht zuletzt die Lawinensuche, durch die Schröcksnadel in die Tourismusschiene gelenkt wurde. Durch Kontakte und auf Empfehlung nahm er an einem Symposium für Lawinensicherheit im Schweizer Dorf Mürren teil. Er sollte dort seine Förster-Sonde vorführen – und traf dabei auf Universitätsprofessor Leo Chavanne. Der hatte sich bereits dem Konzept der Pistenleitsysteme verschrieben und inspirierte damit auch Schröcksnadel. Doch wie sollte der Innsbrucker die Lizenz und den Start ins Unternehmertum finanzieren? Ein Darlehen über 10.000 Schweizer Franken legte die Schiene, Chavanne vertraute darauf, dass der damals 24-jährige Tiroler das Geld zurückzahlen würde. Der Rest ist Teil einer Erfolgsgeschichte, die sich von Mitteleuropa aus (Deutschland-Ableger Sitour 1974) bis in die USA (1984) und Kanada (1985) erstreckte und die mit der Firma feratel (seit 1978; touristischer Anbieter, u. a. Panorama-Fernsehen, Reservierungsplattform) eine Fortsetzung fand.
Juni 2021: „Ich verfolge die sogenannte Polsterzipfel-Methode. Man kann nicht gleich den ganzen Polster haben, sondern muss ihn an einem Zipfel nehmen und langsam, nach und nach zu sich ziehen. Dann hast du am Schluss den ganzen Polster.“
Peter Schröcksnadel im Abschieds-Interview mit der Austria Presse Agentur.
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