Zwinglis gefährdetes Erbe. Hans Peter Treichler
Anbieter zu behaupten hatten. So gesehen erscheinen die in Honneur et fidélité und anderswo verherrlichten Söldnerepisoden als vergebliche Versuche, dem blutigen Geschäft eine heroische Seite abzugewinnen. Aber weder beim Tuileriensturm noch beim Übergang über die Beresina handelte es sich um beispiellose Akte der Selbstaufgabe im Dienste eines höheren Ganzen; vielmehr kämpften hier Truppen in aussichtsloser Lage um das nackte Überleben. Mit diesem Dilemma hat wohl auch zu tun, dass die erzählende Literatur wie die darstellende Kunst der Schweiz das Thema «Söldnertum» aus den Augen verloren hat (siehe i Schweizer Söldner als Operettenheld), während noch im 19. Jahrhundert einige der populärsten Novellen Conrad Ferdinand Meyers vor dem Hintergrund der oberitalienischen Feldzüge spielten.
i Schweizer Söldner als Operettenheld. Einen internationalen Bühnenerfolg feiert die Figur des Schweizer Söldners in George Bernard Shaws 1894 uraufgeführter Komödie Helden (Originaltitel: Arms and the Man). Im Mittelpunkt steht Artilleriehauptmann Bluntschli, der im Dienst der serbischen Armee durch seine Ungeschicklichkeit für Turbulenzen sorgt. Oscar Straus taufte seine Operettenfassung des Stücks Der Pralinésoldat (1908), dies in Anspielung auf Bluntschlis Vorliebe für Schokolade.
In der Deutschschweizer Literatur wird das Söldnertum nur selten zum Thema – am eindrücklichsten bei Conrad Ferdinand Meyer in seiner Novelle Das Amulett. In Pankraz der Schmoller lässt Gottfried Keller seinen Protagonisten als Söldner bei der Ostindischen Kompanie anheuern, wo aus dem verzogenen Burschen ein verantwortungsbewusster Offizier wird. Autobiografischer Natur ist die Lebensgeschichte des Toggenburger Bauern Ulrich Bräker, der ausführlich seine Erlebnisse als Infanterist der preussischen Armee mitsamt seiner Fahnenflucht nach der Schlacht bei Lobositz (1756) schildert. Internationale Beachtung fand L’histoire du soldat des Waadtländer Dichters Charles-Ferdinand Ramuz – ein Bühnenwerk rund um einen fahnenflüchtigen Söldner, zu dem der russische Komponist Igor Strawinsky die Musik schuf.
In der bildenden Kunst nehmen Ferdinand Hodlers Marignano–Fresken (1909 vollendet) eine Sonderstellung ein. Die realistische Schilderung einer Söldnertruppe nach verlorener Schlacht löste einen öffentlichen Skandal aus. Als Wandschmuck für den Waffensaal des Landesmuseums konzipiert, stiess sie auf den Widerstand patriotisch gesinnter Bürger: Weshalb eine Niederlage festhalten, wo die Geschichte des Landes so reich an gewonnenen Schlachten ist?
In einen Teufelskreis führte die befristete Emigration in manchen Agrarregionen. Zurückkehrende Söldner taten sich schwer mit der Arbeit auf dem väterlichen Bauerngut. «Der Bauer hatte den Zwilch mit dem Sammetwams vertauscht», formuliert der Militärhistoriker Hans Rudolf Kurz in blumigen Worten, «die redliche Arbeit auf der heimatlichen Scholle verlor für viele ihren Reiz.»
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