Mythen, Macht + Menschen durchschaut!. Christoph Zollinger
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CHRISTOPH ZOLLINGER
Mythen, Macht + Menschen durchschaut!
Gegen Populismus und andere Eseleien
Kommentare 2013 – 1984
Für
Tessa, Tobias, Angela, Delia, Alison, Urs, Doris, Peter, Käti
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe durch
Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger, die
Speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien
oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur mit
ausdrücklicher und schriftlicher Genehmigung des Verlags
1. Auflage 2014
© 2014 Conzett Verlag by Sunflower Foundation, Zürich
Lektorat: Ursula Kohler
Satz und Gestaltung: Barbara Thommen
ISBN 978-3-03760-032-0
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
Inhalt
Vorwort
Intermezzo: Die Glaskugel-Gesellschaft
100 x Internetkolumne durchschaut! 2013 – 2009
Intermezzo: Der Autor
Meine Bücher
2011 – 2001
Intermezzo: Die Forder-Gesellschaft 2012
Zürichsee-Zeitungen
2004 – 2003
Intermezzo: Ursachenforschung
50 x Kilchberger Gemeindeblatt
2005 – 1984
Intermezzo: Wegwerfzeit
Schweizerische Handelszeitung
1986
Intermezzo: Warten
Nachwort
Index (Auswahl)
Vorwort
I. Persönliche Agenda
Gesucht
Die abenteuerliche Idee, einen Teil meiner in den letzten 30 Jahren publizierten Artikel in einem kleinen, harmlosen Buch zusammenzufassen, ist natürlich ein gewagtes Unternehmen. Kritikern sei, bevor sie die Stirne runzeln, versichert: Wer sich getroffen fühlt, der ist gemeint! Ja, es kommt noch besser. Leserinnen und Lesern – sofern sie überhaupt weiterblättern – sei offenbart: In Tat und Wahrheit entfaltet sich auf den nächsten 367 Seiten auch eine Art subversiver Streitschrift. Das an sich für konservative Geister schon schwer nachvollziehbare Ziel, statt vergangene Mythen zu beschwören, latente gesellschaftliche Trends aufzuspüren und damit zukünftige Szenarien zu malen, ist vordergründig durch Kommentare, Zwischenrufe und Fragen getarnt. Doch hinter der Fassade – durchschaut! – verbreiten sich, in bester Tradition eines Stéphane Hessel, Thesen eines Bürgers, der sich unablässig mit der Zukunft der Gesellschaft auseinandersetzt. Dieses wertvolle Bürgerrecht nehme ich mir heraus. Weil ich es gleichsetze mit herausfordernder Bürgerverantwortung. Ich gestatte mir ab und zu, mich zu empören. Und ich freue mich unverhohlen, wenn sich heute so etwas wie ein Epochaler Neubeginn abzeichnet. Alle Versuche der Machterhaltung sind doch à la longue zum Scheitern verurteilt, wo sie auf Unrecht, überholten Privilegien, wirtschaftlichen Missverständnissen oder sturen, politischen Denkweisen beruhen.
Meine Suche richtet sich immer auf die großen Zusammenhänge. Weniger Einzelereignisse als die gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Prozesse in ihrer Gesamtwirkung faszinieren mich. Schon immer, aber in Zeiten der digitalen Transformation erst recht, blieb und bleibt keine noch so kluge Einzellösung ohne unbedachte Nebenwirkungen. Zu oft werden diese erst im Nachhinein sichtbar.
Gefragt
Viele meiner Sätze enden mit Fragezeichen. Damit bezwecke ich zweierlei. Fragen, schon bei unseren Kleinen, sind unendlich viel mehr wert als vorschnelle Antworten, besonders jener Erwachsenen, die immer schon alles wussten. Dass unser Wissen sich gelegentlich als Scheinwissen entpuppt – das zu beweisen, darin war Sokrates, gemäß mündlicher Überlieferung, unser aller Meister –, ist eine Tatsache, die man über die Jahre immer eindrücklicher erkennt. Auch jene, dass Denken ohne zu handeln uns nicht viel weiterbringt. Der Wert des vernünftigen und dialektischen Denkens – sei es auch nur in der leisen Form des Selbstgesprächs – ist eine wichtige menschliche Tätigkeit. Es würde mich freuen, wenn meine Kolumnen zum Nachdenken anregen könnten.
Gehört
Ich entwickelte die hier ausgewählten Beiträge über den Zeitraum von 1984–2013. Wenn ich mich über scheinbare Gewissheiten, gut getarnte, letztlich dennoch vergängliche Ideologien und rationales, vermeintliches Wissen wunderte oder amüsierte, dann vorerst aus dem einleuchtenden Grund, dass ich da zu oft nicht zustimmen mochte. Der Anspruch, die richtigen Lösungen der drängenden Probleme unserer Zeit zu kennen, liegt mir fern. Der missionarische Eifer, die Nichtwissenden aufzuklären, ist meiner Familie vor Generationen abhandengekommen. Über die Jahre habe ich – gerade weil ich mich brennend für die liberalen eher als konservativen Ideen zu begeistern vermag – eine gelassene Strategie entwickelt. »Ich weiß es nicht« ist heute eine meiner bevorzugten Antworten. Andere wissen es zwar auch nicht, aber sie wissen es nicht. Oder sie wissen nicht, was sie nicht wissen.
Gelesen
Meine gelegentlichen Seitenhiebe gegen einen Teil der Medien sind gut begründet: Immer mehr instrumentalisieren sie Personen und Vorkommnisse, indem sie daraus Skandale, Verschwörungen oder Betrügereien konstruieren. Natürlich las schon mein Großvater mit Akribie die damalige Zeitungsrückseite »Unglücksfälle und Verbrechen«. Widerspiegelte sie dannzumal vorwiegend das lokale und regionale Umfeld, ist daraus mittlerweile kontinentale und globale Aufgeregtheit entstanden: Das in unseren Köpfen medial vermittelte Weltbild entspricht nur zu einem verschwindenden Teil dem, was tatsächlich wichtig wäre.
Auch in der Wirtschaft sind charismatisch nicht unbegabte Übermenschen anzutreffen. Die Entwicklung der internationalen Finanzindustrie in den letzten 25 Jahren ist geprägt vom Wahn-Sinn jener rund 10’000 Individuen, die an der Spitze der globalisierten Finanzelite ein Inselleben führen, das für den Rest der Welt brandgefährlich ist. Auf ihren persönlichen, materiellen Vorteil fixiert, blenden sie die verheerenden, gesellschaftlichen Folgen ihrer Aktivität aus. Der entstehende Flurschaden dieses in höchstem Maße polarisierenden Verhaltens tritt mit Verzögerung ein. 2007 erschütterte die weltweite Finanz- und Bankenkrise unser naives Verständnis. In der Folge mussten die Steuerzahler weltweit einspringen, um einige eben dieser vornehmen Bankhäuser vor dem Kollaps zu retten. In der Schweiz die UBS.
Gedacht
Liberale Ideen, und was darunter aus meiner Sicht zu verstehen ist, möchte ich auch gleich vor- und klarstellen. Freiheit, ohne die Qualitäten Transparenz und Ganzheit ehrlich einzuschließen, ist nicht liberal. Heute ist der Staat nicht à priori Widersacher der persönlichen, freien Entfaltung. Schweizer Tradition und freiheitliche Ideen nur auf der Basis der Privatautonomie zu erforschen, ist mir zu eng. Offene Märkte ja, aber nicht immer und überall. Liberalismus ist freiheitliche Verantwortung. Verantwortung ist nur ganzheitlich verstanden liberal. Dann bin ich einverstanden.
Ganz offensichtlich, ja geradezu penetrant beharrlich, versuche ich seit Jahren, einen Beitrag zur rechtzeitigen Veränderung meiner Heimat vor dem Hintergrund zukünftiger Veränderungszwänge zu leisten. Dieser Drang entstammt wohl der Idee, dass die Welt nicht stillsteht.