Geld - Spiel - Glück. Группа авторов

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kaum jemand wusste, wie zum Beispiel einen mit einem echten Diamanten besetzten Jeton aus dem Jahr 1940 aus dem deutschen Casino Baden-Baden, der unserem Bild von der Zeit des Zweiten Weltkriegs eine neue und unerwartete Facette hinzufügt.

      Das Beispiel zeigt: Glücksspiel ist unbestritten ein Teil unserer Kulturgeschichte. Dennoch tun wir uns sehr schwer im Umgang mit dem Thema und möchten es am liebsten tabuisieren. Anders als in Asien ist das Glücksspiel in der westlichen Welt offiziell eher verpönt. Niemand erzählt in der Öffentlichkeit frank und frei von einem Casinobesuch, während das Lottospielen oder das Kartenspiel mit Freunden für uns selbstverständlich sind. Es ist eine schwierige Debatte über Moral und Unmoral, bei der offenbleibt, wer darüber bestimmt, was moralisch korrekt ist und was nicht. Sehr schnell ist man bei der Frage, warum Glücksspiel unmoralisch sein soll, wenn doch der Staat selbst Glücksspiele anbietet und hieraus hohe Einnahmen generiert. Am Ende gibt es keine allgemeingültige Antwort. Denn wie alles im Leben, so hat auch das Glücksspiel zwei Seiten: Es birgt Chancen und Risiken und jeder Mensch entscheidet individuell, wie er das Spiel des Lebens spielt.

      Es freut mich sehr, dass die Ausstellung eine Plattform für eine offene und reflektierte Auseinandersetzung mit dem Thema Glücksspiel bietet, die ohne das grosse Engagement von Dr. Jürg R. Conzett, Gründer und Präsident der Sunflower Foundation, der Dachorganisation des MoneyMuseums, nicht möglich gewesen wäre. Ihm gilt daher mein ganz persönlicher Dank.

      Eine Einleitung

      «Ein Mann kann zwischen mehreren Methoden wählen, sein Vermögen loszuwerden: Am schnellsten geht es am Roulette-Tisch, am angenehmsten mit schönen Frauen und am dümmsten an der Börse.»

      Börsen- und Finanzexperte André Kostolany

      Glücksspiele müssten eigentlich Pechspiele heissen, denn nur selten im Leben stehen die Aussichten auf einen Hauptgewinn so schlecht. Wissen Sie, wie gross Ihre Chance ist, im Lotto den Jackpot zu knacken? Sie steht etwa 1:140 Millionen und ist damit ungefähr 14 Mal geringer, als im Laufe Ihres Lebens vom Blitz erschlagen zu werden. Warum es dennoch mehr Lottomillionäre als Blitztote gibt? Ganz einfach: Während jedermann sich schnell unter ein schützendes Dach begibt, wenn es anfängt zu gewittern, spielen jahrein, jahraus Millionen von Menschen Lotto in der Hoffnung auf das grosse Geld.

      Glück – Schicksal – Zufall

      Sie alle glauben an das Glück, das ausgerechnet ihnen den ersehnten Gewinn zuspielen möge. Fortuna ist seit der Renaissance die Göttin, die aus ihrem reichen Füllhorn die Gaben über die Menschheit ausschüttet. In der Antike sah man Fortuna noch wesentlich skeptischer. «Fors» bedeutet in der lateinischen Sprache nicht nur «blinder Zufall», sondern auch das kleine Wörtlein «vielleicht». Die Göttin Fortuna war es also, die dem menschlichen Geschick nicht nur die günstigen, sondern auch die ungünstigen Umstände sandte. Kein Wunder, dass für die Künstler der Antike Fortuna ausser dem Füllhorn noch ein zweites Attribut besass: das Steuerruder, wie es auf Schiffen benutzt wurde. Damals war es schliesslich ein gefährliches Wagnis, die See zu befahren. Viele Schiffe scheiterten, wenige kamen an. Aber wer auf den wenigen seine Ladung sicher in den Hafen gebracht hatte, dessen (finanzielles) Glück war gemacht. Wem das Glück hold war, so antike Vorstellungen, der mochte sich gar die Welt unterwerfen. Und so stützt Fortuna ihr Steuerrad häufig auf die Weltenkugel.

      Die gleiche Vorstellung begegnet uns an den Wänden der christlichen Kirchen des Mittelalters. Dort beherrscht Fortuna das irdische Jammertal und thront als Königin über dem Schicksalsrad, das alle Menschen mitreisst. Nur Fortuna selbst ist diesem Kreislauf entzogen. Die Menschen aber müssen sich ihm stellen: Die Armen befördert das Rad des Schicksals nach oben, die Reichen stürzt es herab. Niemanden lässt Fortuna dort, wo er ist.

      Die Erfahrung, die hinter diesem eindrucksvollen Bild steckt, ist in unserer hoch technisierten Welt fast verloren gegangen. Der Zufall scheint keinen Platz mehr zu haben. Wir suchen die Verantwortlichen gerichtlich, wenn sich ein Radreifen an einem ICE-Wagen löst und zum schwersten Unglück der Ära der Hochgeschwindigkeitszüge führt. Ursachenforschung hat Hochkonjunktur, und wo immer uns der Zufall kalt erwischt, reagieren wir panisch.

      Wie sollen wir damit umgehen, dass die Natur eben nicht berechenbar ist? Sie schafft Menschen, die leicht, und solche, die schwer lernen. Da kann das beste Schulsystem nichts ausrichten. Was sollen wir gegen zufällige Schäden des Erbguts machen? Reale Behinderungen lassen sich nicht aus der Welt schaffen, indem man Behinderte «anders Begabte» oder «Menschen mit besonderen Fähigkeiten» nennt. Vulkane brechen aus und Börsenkurse brechen zusammen. Wann dies geschieht, kann bis heute niemand exakt vorhersagen.

      Die Welt ist vom Zufall beherrscht, jeden Tag, überall. Und doch strebt der Mensch nach Sicherheit. Sie haben Angst, einen Unfall zu erleiden? Schliessen Sie eine Unfallversicherung ab. Sie fürchten, berufsunfähig zu werden? Dagegen gibt es die Berufsunfähigkeitsversicherung. Versicherungen geben uns heute das Gefühl, dem Glücksspiel des Lebens Paroli bieten zu können. Niemand denkt dabei daran, dass Versicherungen nichts anderes tun, als dem Versicherten eine Wette gegen das Schicksal anzubieten.

      Die Gesetzmässigkeiten des Zufalls

      Hinter jedem Zufall steht nämlich eine Gesetzmässigkeit, die Versicherungen mithilfe von Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu ergründen suchen. Wir wissen, dass Menschen Unfälle haben. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass eine Frau im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, die auf dem Land wohnt und ein kleines Auto fährt, einen tödlichen Unfall verursacht? Wahrscheinlicher, als dass ein junger Mann unter 20, der in Zürich einen Porsche anmeldet, bei einem Frontalzusammenstoss Verletzungen erleidet, die ihn für den Rest des Lebens zum Krüppel machen? Ein Mathematiker könnte diese Frage mithilfe der Statistik und der Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Sicherheit richtig beantworten. Die Versicherungen müssen nun lediglich für die verschiedenen Risikogruppen die Prämien so berechnen, dass die Wahrscheinlichkeit auf ihrer Seite ist.

      Dem Zufall auf der Spur

      Entdeckt haben Philosophen den mathematischen Aspekt des Zufalls um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Damals vertrieb man sich in der internationalen guten Gesellschaft die überflüssige Zeit mit unterschiedlichen Glücksspielen. Nicht jeder reüssierte und nicht jeder hatte das Geld, seine Verluste leichten Herzens verschmerzen zu können. Kein Wunder, dass sich die vom Glück Vernachlässigten überlegten, unter welchen Umständen sich die Wahrscheinlichkeit, in einem Spiel den Sieg davonzutragen, erhöhen würde. Einer von ihnen hiess Antoine Gombaud, Chevalier de Méré (*1607, †1684). Er kannte einen Mathematiker, dem er auf einer gemeinsamen Reise die entscheidende Frage zu stellen wagte.

      Was danach folgte, ging als Geburtsstunde der Wahrscheinlichkeitsrechnung in die Geschichte ein. Blaise Pascal (*1623, †1662) schrieb im Jahr 1654 an Pierre de Fermat (*1665), einen befreundeten Mathematiker, und bat ihn, bei der mathematischen Lösung zweier Probleme zu helfen:

      1 Was ist wahrscheinlicher: Bei vier Würfen mit einem Würfel mindestens eine Sechs zu werfen oder bei 24 Würfen mit zwei Würfeln mindestens eine Doppelsechs?

      2 Eine Münze wird von zwei Spielern wiederholt geworfen. Für jede Zahl erhält der erste einen Punkt, für jeden Kopf der andere. Wer zuerst 5 Punkte erzielt, gewinnt den Einsatz. Nach sieben Würfen hat der erste Teilnehmer 4, der zweite 3 Punkte. Das Spiel muss abgebrochen werden. Wie soll der geleistete Einsatz gerecht aufgeteilt werden?

      Um dieses Problem zu lösen, griff Pierre de Fermat auf eine Methode zurück, die bereits der Mailänder Arzt Girolamo Cardano angewandt hatte: Er zählte. Wie oft, wenn er eine Münze nach oben warf, fiel sie auf die eine, wie oft auf die andere Seite? Das Ergebnis war spektakulär, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag: Es mag unmöglich sein vorauszusagen, ob beim nächsten Wurf Kopf oder Zahl fallen wird. Wenn man ein Spiel aber lange genug spielt, nähert sich die Zahl der tatsächlichen Ergebnisse der zu erwartenden Wahrscheinlichkeit an.

      Mit anderen Worten: Wenn es zwei Möglichkeiten gibt, wie eine Münze fallen kann, so stehen die angenommenen Chancen für jede der beiden Seiten 1:1. Auch wenn in der Realität vielleicht


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