Schwarz wird großgeschrieben. Группа авторов

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und ostfriesischer Zieh-Oma, und du, was ist deine Geschichte?«

      Im Jahr des Umzugs schrieb ich Quasi, mein erster vorsichtiger Schritt heraus aus dem afrodeutschen Einheitsbrei hinein in das Bestreben, nicht weiter vereinheitlicht zu werden. In Quasi spreche ich über Afrodominikaner*innen, über Haiti, über eine koloniale Trennlinie, die so viele Schwarze Leben kostete.15

      Ich verstehe, dass es für gebürtige deutsche Schwarze Menschen anstrengend ist, ständig mit Migration oder gar Flucht assoziiert zu werden. Doch es ist anstrengender, Migration tatsächlich zu erleben, warum sollten wir migrierten Schwarzen, die die Komplexität von Identität in sich erleben und tragen, es gemütlicher machen für jene? Warum haben wir Angst davor, unser Schwarzsein nicht als einheitlich, sondern unterschiedlich zu verstehen? Der Bruder, der sich an meinem Schwarzsein, das für Migration, latinidad, ja, eine niedrigere Klasse stand, störte und davon bedroht fühlte, verlangte von mir, zu schweigen, eine einheitliche Masse mit ihm und all den anderen zu bilden. Doch erfüllen wir damit genau das, was der Kolonialismus wollte: verschiedenste Menschen anhand des Konstrukts Race zu Einem zu machen.

      Unterschiedlichkeit im Schwarzsein zu zeigen bedeutet die koloniale Lüge zu entlarven. Unterschiedlichkeiten zu verschweigen hat zur Folge, dass ausschließlich diejenigen innerhalb der Bewegung die Machtpositionen besetzen, die die leichter verdauliche Schwarze deutsche Vision verkörpern.

       WIE ES IST, 500 JAHRE SCHMERZ ZU VERKÖRPERN

      Es geht mir nicht um leere Repräsentation, ich will, dass wir aufhören, nur in Vereinheitlichung Stärke zu finden, und diese koloniale Kontinuität durchbrechen, übereinander lernen. Lernen, den kolonialen Schmerz wahrzunehmen, dessen Konsequenz afrolateinamerikanisches, afroindigenes Leben ist. Ich verstehe, warum mein Schwarzsein in Zweifel gezogen wird, warum meine Sprache negiert und der Name der Indigenen Vorfahren, der Taíno, verschwiegen wird.

      Denn in meinem Gesicht liest du 500 Jahre koloniale Entwicklung, von den ersten Schiffen, dem Mord an Anakaona, über die Versklavung Schwarzer Menschen, den Genozid an den Taínos. Was du dir durch dein Ignorieren des Schmerzes ersparst, sind die Jahrhunderte des Kampfes zwischen Schwarzen Menschen in meiner Heimat, die gnadenlose Ausbeutung und Einflussnahme der USA und Europas bis in die Gegenwart hinein. Doch du verpasst auch so einiges: Resilienz, einen unerschütterlichen Willen zu leben, Musik, Tanz und, ganz unparteiisch, die besten Küchen der Welt. Du übernimmst den Blick des Westens, betrachtest diese Länder entweder als bedauernswert oder exotisiertes Paradies.

      Hör nicht bei Schwarzer deutscher und US-Geschichte auf, sondern nimm die widerständigen Geschwister in anderen Ländern wahr, um von ihren Kämpfen zu lernen, dich zu vernetzen, zu verstehen. Es ist essenziell für Schwarze Befreiungskämpfe.

      Wir können lernen, wenn wir Vereinheitlichung nicht mehr als heiligen Gral forcieren. Ich glaube fest daran: Schwarze Freiheitsbewegungen, afroindigene Bewegungen und andere rassifizierte Bewegungen stehen an einem Wendepunkt. »Unapologetic«16 nannte es die queere Schwarze Freiheitskämpferin Charlene Carruthers. Ich möchte mich unapologetic als latinx negrx verorten, Fragen beantworten, wenn mir danach ist, und sonst nicht. Von meiner Herkunft erzählen, ohne dadurch den Vorwurf erdulden zu müssen, das afrodeutsche Ziel, endlich als deutsch anerkannt zu werden, zu gefährden. Doch was kann uns dann verbinden, um gemeinsam zu kämpfen?

       MEINE LÖSUNG LIEGT IN LA FACULTAD

      Gloria Anzaldúa nannte das verbindende Gefühl Unheil zu erahnen, la facultad, ein Gespür, das jene entwickeln, die unterdrückt werden. Unterschiedlich, je nachdem, ob es um Race, Klasse, Sexualität oder Geschlecht geht. Aber in der Konsequenz dasselbe Gefühl, die Vorahnung, das Erahnen, das Sehen des Schmerzes der anderen, die diesen Sinn teilen. Eine hypersensible Wahrnehmung der Umgebung, aber auch ein Wahrnehmen jener, die dies auch spüren.17 Unsere Migrationsbiografien sind unterschiedlich, unsere Identitäten vielschichtig, unser Umgang miteinander trotz allem verzweifelt nachsichtig. Diese Nachsicht, dieses Raumgeben – ich glaube, es liegt daran, dass wir unsere facultad würdigen.

      Mein zweites Schwarzsein ist spezifischer, afrokaribianisch mit Migrations-erfahrungsdoppelpass-Geschichte. Migrant*in aus einem Land, das Haiti unterdrückt. Privilegiert disprivilegiert, es ist alles nicht so einfach. Doch am Ende des Tages werde ich in der deutschen Arztpraxis durch dieselben rassistischen Mechanismen wie die Schwester vom anderen Ende der Welt unterdrückt. Das widerspricht sich, doch ist es nicht unsere Schwarze deutsche Verpflichtung diesen Widerspruch zu kaschieren?

      Mein zweites Schwarzsein verlangt von mir meine eigenen Privilegien zu sehen, light skinned, deutscher Pass, dominikanisch statt haitianisch, ergo dem globalen Norden lieber. Es verlangt von mir, Fragen zu stellen, zuzuhören, wahrzunehmen, wie different Schwarzsein global ist. Ich will, dass wir als Community nicht nur grenzenlos, sondern vor allem unverschämter zu uns und unserer Vielstimmigkeit stehen.

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