Berufsorientierte Schreibkompetenz mithilfe von SRSD fördern. Winnie-Karen Giera
Franck Ganier (Frankreich) sowie Joyce Karreman (Niederlande) war das Potsdam-Triangel-Modell (ERN-LWE, 2011, siehe Abb. 13). Dabei handelt es sich um einen Konsens darüber, wie heute im beruflichen Umfeld geschrieben wird. Das Modell fokussiert nicht nur einen Schreiber, sondern ein ganzes Kommunikationsteam, welches gemeinsam schreibt und überarbeitet, wobei die Schreibaufgabe im Zentrum steht. Die Mehrfachadressierung zeigt sich in Form des Begriffs Users.
Potsdam-Triangel-Modell (eigene Darstellung)
Die Präsentation des aktuellen Forschungsfelds Schreibkompetenz in der beruflichen Bildung zeigt, dass sowohl qualitative als auch quantitative Auswertungsmethoden genutzt werden. Die Auswertung der Schreibkompetenz über Schreibaufgaben und die damit verbundene Auswertung mit Skalen und Rastern sind gängige Praxis. Die Auswertung konzentriert sich nicht mehr so stark auf den Teilbereich Orthografie, sondern fokussiert gleichermaßen sprachpragmatische und sprachsystematische Teilbereiche aus kommunikativer Sicht. Des Weiteren wird auch der Schreibprozess näher untersucht, was durch die Erhebung über Fragebogen zur Einstellung zum Schreiben gelingt. Die Anlegung von Studien in quasi-experimentellen Untersuchungsdesigns zeigt, dass die Aussagekraft der Ergebnisse genutzt werden soll, auch wenn die Randomisierung und eine höhere Stichprobe mit mehr als 1.000 Probanden der beruflichen Bildung noch fehlen. Die Studienergebnisse belegen eine Entwicklung des Forschungsgegenstandes. Die frühen sprachsystematischen Untersuchungen werden nun immer mehr mit sprachpragmatischen Untersuchungen ergänzt. Daneben fordern Berufsschüler berufsspezifische Schreibaufgaben, die auch sprachpragmatisch ausgerichtet sind und nicht nur sprachsystematisch die Orthografie als Bewertungsmaßstab fokussieren (Wyss-Kolb, 1995; Efing & Janich, 2006; Baumann, 2014). Wird diese Perspektive erweitert, kann festgestellt werden, dass knapp zwei Drittel der (Berufs-)Schüler einen Brief sprachformal korrekt verfassen können (Lehmann et al. 2004, 2005). Für die explizite Vermittlung von Geschäftsbriefen bleibt sowohl in den Betrieben als auch im Berufsschulunterricht wenig Zeit (Fleuchhaus, 2004). Gerade in gewerblichen und handwerklichen Berufen wird das Schreiben von Fließtexten zugunsten von Tabellen und Formularen im Berufsalltag abgelöst. Die im Betrieb erstellten Texte sind mehrfachadressiert und in mehrschichtigen Handlungssituationen eingebettet (Efing & Häußler, 2011). Im beruflichen Kontext gibt es somit mehrere Adressaten (Users), die von den Schreibern einen Perspektivwechsel verlangen. Ein Fakt, der sich erheblich vom schulischen Schreiben unterscheidet. Für den beruflichen Einstieg werden sowohl in den Berufsschulen als auch vorbereitend in der Sekundarstufe I Schreibaufgaben gefordert, die handlungsorientiert sind, eine Mehrfachadressierung berücksichtigen, einen sprachsystematischen und sprachpragmatischen Fokus haben und in einem beruflichen Kontext situiert sind. Denn es hat sich gezeigt, dass eine Förderung dieser Kompetenzen der Schlüssel für den Schreibkompetenzaufbau im beruflichen Feld ist (Hoefele et al., 2015).
Nachdem der theoretische Hintergrund zum Thema Berufsbildung und deren Schreibkompetenz erläutert wurde, soll im Folgenden der Blick auf die Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld geworfen werden. Im nächsten Unterkapitel sollen die beruflichen Textsorten fokussiert werden, denn alle Schreibkompetenzmodelle heben die Relevanz der Textmuster hervor, die einen Einfluss auf den Schreibprozess haben. Ist die mit der Schreibaufgabe verbundene Textsorte bekannt, kann auf prototypische Textmuster zurückgegriffen werden. Fehlt Textmusterwissen, muss das Arbeitsgedächtnis vorhandene Muster adaptieren. Die Kenntnisse über Textsorten begünstigen den Schreibprozess, wenn die Schreibaufgabe eine bestimmte Textsorte fordert. Bis heute haben die Modelle Einfluss auch auf die Schreibforschung und Schreibdidaktik (Böhme et al., 2017:57). Durch das Schreiben entstehen Texte, die vom Rezipienten implizit und explizit beurteilt werden. Im nächsten Kapitel sollen daher der Textbegriff und der Begriff der Textsorte mit den dazugehörigen Anforderungen genau erläutert werden.
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