Gerichtsdolmetschen. Christiane Driesen

Gerichtsdolmetschen - Christiane Driesen


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Arbeit mit Textinhalten

      Biographien, Presseberichte, Video- und Audioaufnahmen werden im Folgenden sowohl zum Selbstüben als auch für die Gruppenübung vorgestellt. Die vorgestellten Aufgaben fördern die rhetorischen Fertigkeiten, das für das Gedächtnis eines Dolmetschers höchstwichtige Visualisieren und das logische Strukturieren. Freies Vortragen und Konsekutivdolmetschen ohne Notizen werden gleichermaßen praktiziert. Unabhängig vom Setting empfiehlt es sich, ein Logbuch über Aufgaben und Aufgabenbewertung zu führen.

      2.4.7 Übung 1: Presseberichte

      Setting: Allein-Übung, Gruppenübung

      Material: Aufnahmegerät. Im Voraus zur Kenntnis genommene Medienprodukte in Mutter- und Arbeitssprache, am besten zuerst über internationale Themen.

      Übungszweck: Der Gerichtsdolmetscher ist Sachverständiger für Kultur und Politik der Länder beider Sprachen, daher muss er unter anderem täglich die Nachrichten aus den Ländern der Mutter- und Arbeitssprachen lesen, hören oder sehen.

      Die nachstehenden Übungen dienen der Förderung folgender Fertigkeiten: Rhetorik, Erweiterung der kognitiven Grundlagen (Kultur, Politik, Soziales), visualisierendes Gedächtnis, Einsatz des eigenen Allgemeinwissens für das Konsekutivdolmetschen ohne Notizen.

      Aufgabenstellung und Empfehlungen: Nach Kenntnisnahme der Information wird das Aufnahmegerät eingeschaltet. Die Inhalte sind laut möglichst treu in der Muttersprache und dann in der Arbeitssprache vorzutragen. Es sollte sowohl im Stehen als auch im Sitzen geübt werden.

      Um Informationsinhalte besser zu behalten, sollte man diese möglichst in Bilder umsetzen und gleichzeitig den roten Faden (Gliederung) verfolgen.

      Allein-Übung (max. 3 Minuten)

      Die Aufgabe ist als Allein-Übung geeignet.

      Selbstbewertung

      Aufnahme abspielen. Folgende Fragen beantworten:

       Wie war die Atmung?

       Wie war der Sprechrhythmus? (ruhig? gehetzt?)

       Wurde der Inhalt vollständig wiedergegeben?

       War die Mitteilung logisch strukturiert?

       Gab es terminologische Probleme?

      Ergebnisse in das Logbuch eintragen.

      Gruppenübung – Vortrag und Verdolmetschung

      Für jede Sitzung bereiten alle Teilnehmer eine Presseschau aus Meldungen von max. 3 Minuten vor. Diese werden von ihnen entweder in der Muttersprache oder in der Arbeitssprache vorgetragen. Die Vorträge sollten abwechselnd im Stehen oder im Sitzen erfolgen.

      Ein anderer Gruppenteilnehmer dolmetscht den Vortrag. Die Verdolmetschung erfolgt im Stehen, wenn der Vortragende im Stehen gesprochen hatte.

      Übungszweck: ständiger Erwerb von Informationen über beide Kulturwelten, rhetorische Fertigkeit, strukturierendes, visualisierendes Gedächtnis, Konsekutivdolmetschen ohne Notizen.

      Ausführung und Empfehlungen

      Der Vortragende präsentiert den Informationsinhalt in strukturierter Form. In einer kurzen Einleitung wird das Thema angekündigt und dann die Nachricht vorgetragen.

      Während Vortrag und Verdolmetschung konzentrieren sich die Gruppenteilnehmer auf die jeweiligen Darbietungen (Rhetorik, Vollständigkeit), um sich auf eine fundierte Leistungsbewertung vorzubereiten.

      Nachdem das Aufnahmegerät eingeschaltet worden ist, präsentiert ein erster Teilnehmer die Nachricht. Dabei können sowohl die Begrüßung als auch die Vorstellung in der Einleitung effizient geübt werden. Auf eine logische Strukturierung der Nachricht sollte besonderer Wert gelegt werden. Der Vortragende sollte die rhetorischen Grundregeln immer beachten.

      Gleich nach dem Vortrag erfolgt dessen Verdolmetschung durch einen anderen Teilnehmer unter Berücksichtigung derselben Grundsätze.

      Bewertung der beiden Leistungen in drei Etappen

      Die Bewertung erfolgt in drei Etappen unter Leitung des Dozenten. Zuerst formulieren der Vortragende und der Dolmetscher ihre persönlichen Eindrücke von der eigenen Leistung. War die Erfahrung positiv? Gab es besondere Schwierigkeiten?

      Dann erfolgt die Gruppenbewertung, die selbst als eine Übung betrachtet werden soll. Vortrags- und Dolmetschleistung werden sukzessive bewertet. Dabei ist für beide Aufgaben die Anwendung von präzisen, leicht nachvollziehbaren Kriterien durch Beantwortung des folgenden Fragenkatalogs wichtig:

      Fragen zur Rhetorik:

       War der Vortrag (die Verdolmetschung) überzeugend?

       Wie war die Atmung? (ruhig? gehetzt?)

       War die Artikulation deutlich?

       Wie war der Sprechrhythmus? (fließend? abgehackt?)

       War die Stimme moduliert, angemessen projiziert?

       Wie war die Haltung (Körpersprache)?

       Wie war die Gestik? (im Bereich des Oberkörpers? Hin- und Herschaukeln sowie das Verschränken der Arme sind verpönt.)

       Wie war der Blickkontakt?

       Waren Anfang und Schluss eindeutig?

      Fragen zur Wortgewandtheit:

       Wie war der Wortschatz?

       Waren die Fachtermini korrekt?

      Fragen zum visualisierenden Gedächtnis:

       War die Struktur logisch?

       War die gewählte Reihenfolge schlüssig?

       War die Verdolmetschung korrekt, logisch, vollständig?

      Solche Übungen sind sehr leicht zu gestalten: Das Internet bietet ständig nützliches Übungsmaterial: Aktualisierte Nachrichtenüberblicke in zahlreichen Sprachen finden sich zum Beispiel bei Google (http://news.google.com/) oder Yahoo (http://news.yahoo.com/). Wikipedia, Deutsche Welle und BBC bieten mehrsprachige Informationen. In Deutschland und vielen anderen Ländern werden mittlerweile die Hauptnachrichtensendungen als Video, Vidcast oder Podcast angeboten. Auch Regierungen veröffentlichen auf ihren Webseiten Reden der Staats- und Regierungschefs sowohl in Text- als auch Video- oder Audioform.

      2.4.8 Übung 2: Biographien

      Der Gerichtsdolmetscher muss immer wieder Biographien und Lebensläufe dolmetschen und übersetzen. Nachstehende Übung soll u.a. dieses trainieren.

      Setting: Gruppenübung mit oder ohne Dozent

      Material: Aufnahmegerät

      Übungszweck: strukturierendes Gedächtnis, Rhetorik, Konsekutivdolmetschen ohne Notizen. Vorbereitung auf Vernehmungen

      Aufgabenbeschreibung: Die Übung wird abwechselnd in Mutter- und Arbeitssprache ausgeführt. Ein Gruppenteilnehmer wird gebeten, die Biographie eines Familienmitglieds oder eines guten Bekannten vorzutragen.

      Eine andere beliebte Variante ist es, die Teilnehmer zu bitten, sich fünf Minuten lang gegenseitig über ihre Biographie zu interviewen und darüber in der ersten Person zu berichten.

      Die


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