Das Sprachverständnis des Paulus im Rahmen des antiken Sprachdiskurses. Nadine Treu

Das Sprachverständnis des Paulus im Rahmen des antiken Sprachdiskurses - Nadine Treu


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      Nadine Treu

      Das Sprachverständnis des Paulus im Rahmen des antiken Sprachdiskurses

      Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

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      © 2018 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

      Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

      www.francke.de[email protected]

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen

      ePub-ISBN 978-3-7720-0011-9

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      Meinen Eltern

      Vorwort

      Die vorliegende Arbeit wurde im Jahr 2016 als Dissertation der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angenommen und für die Drucklegung leicht überarbeitet. Eine solche Arbeit kann nicht ohne Unterstützung erfolgen. Deshalb möchte ich mich bei den Personen bedanken, die mich in der Entstehungszeit der Dissertation in irgendeiner Weise begleitet und unterstützt haben:

      Prof. Dr. Dr.h.c Oda Wischmeyer, herzlichen Dank für das Angebot zur Promotion, für die fachliche Unterstützung und für jede nette Unterhaltung über Philon, Paulus, Reisen, Kindererziehung u.Ä. Ich hoffe, wir führen diese Gespräche auch in Zukunft fort.

      Prof. Dr. Lukas Bormann, danke für die Erstellung des Zweitgutachtens der Arbeit und für die langjährige Begleitung vom Grundstudium in Bayreuth an bis hin zur Promotion in Erlangen.

      Dr. Maximilian Paynter, danke für die viele gemeinsame Zeit, die wir zusammen in unserem Zimmer in der Bibliothek verbracht und gearbeit haben; danke aber auch für die gemeinsamen Kaffeepausen und die fachlichen Unterhaltungen.

      Dr. Daniel Wanke, danke für das Korrekturlesen der Arbeit und für das Mutmachen in allen Lebenssituationen.

      Nina Irrgang, M.A., danke für das Korrekturlesen der Arbeit, stundenlanges Tüfteln über Philotexten und die langjährige Freundschaft.

      Vom Narr Francke Attempo Verlag danke ich Isabel Johe und Vanessa Weihgold für die unkomplizierte Zusammenarbeit.

      Den Herausgebern von NET danke ich herzlich für die Aufnahme in die vorliegende Reihe.

      Für die finanzielle Unterstützung der Drucklegung bin ich der Evang.-luth. Kirche in Bayern, der Vereinigten Evang.-luth. Kirche Deutschlands und der Ilse und Dr. Alexander Mayer-Stiftung zu Dank verpflichtet.

      Jana Kraus, Pia Neidhardt und Daniela Wallner, euch gilt ein ganz besonderer Dank für eure Freundschaft, in der ihr immer viel Geduld mit mir und meinen Fragen und Problemen beweist.

      Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei meiner Familie, meinen Eltern Rosemarie und Gerhard Wedel, meiner Schwester Nicole Wedel und meinem Ehemann Tobias Treu für die Unterstützung in jeder denkbaren Lebenslage. Schön, dass wir eine solche enge Bindung haben und dass ihr immer für mich da seid.

      Altenthann, Juni 2017

      Nadine Treu

      I. Einführung in die Themenstellung, den Stand der Forschung und die Vorgehensweise

      1. Einführung in die Themenstellung

      Eine Welt ohne Sprache wäre (…) eine sehr arme Welt. Aber vermutlich mehr noch: Es wäre eine Welt, in der es vieles, was uns in unserer Lebensform als wesentlich gilt, nicht gäbe. Eine menschliche Lebensform ohne Sprache ist wohl keine menschliche Lebensform.1

      Was Georg W. Bertram in seiner Einführung in die Sprachphilosophie schreibt, gilt im 21. Jahrhundert ebenso wie für die Autoren der gesamten Antike und für Paulus im ersten nachchristlichen Jahrhundert. Nicht nur die Tatsache, dass Sprache zum Wesen des Menschen gehört, ist festzuhalten, sondern auch, dass es seit der Antike einen intensiven Diskurs über Sprache und ihr Wesen gibt; dieser stellt – die Stoa ausgenommen – allerdings keinen eigenständigen Bereich der Philosophie dar, sondern ist eingebettet in den der Ontologie, der Metaphysik oder der Erkenntnislehre.2 Auch für Paulus spielt die Sprache eine große Rolle; sie ist das Handwerkszeug, mit dem er arbeitet – ungeachtet dessen, dass er in 2 Kor 11,6 als unkundig in der Rede angefeindet wird. Sie ermöglicht es ihm, in Form von mündlicher Kommunikation, das Evangelium weiterzugeben, und dient ihm in schriftlicher Form dazu, mit seinen Gemeinden in Kontakt zu bleiben. Diese praktische Sprachtätigkeit des Paulus liegt nicht im Interesse der Untersuchung, sie kann und soll nicht in Bezug zu der aktiven Sprachtätigkeit der antiken Philosophen oder Philons gesetzt werden, obgleich auch Philon gelehrt und Vorträge gehalten hat. Es soll auch nicht erarbeitet werden, was Inhalte des paulinischen Sprechens und der paulinischen Verkündigung sind und wie die praktische Verwendung von Sprache durch Paulus aussieht. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob Paulus, wenn er selbst in derart hohem Maß mit Sprache konfrontiert ist, sich auch auf einer theoretischen Ebene mit Sprache auseinandersetzt, ob er Fragen des antiken Sprachdiskurses aufgreift, und ob er als eigene Stimme in diesem Diskurs positioniert werden kann. Im Allgemeinen ist das für die paulinischen Briefe nicht der Fall. Paulus reflektiert Sprache auf theoretischer Ebene kaum, obwohl er fortwährend mit Sprache zu tun hat. Eine Ausnahme scheint 1 Kor 14 zu sein: Im Rahmen der Charismenlehre in 1 Kor 12–14 verwendet Paulus besonders konzentriert Vokabular aus dem Bereich ‚Sprache’. Das zeigt die folgende Übersicht, ohne dass dabei eine vollständige Untersuchung des lexikalisch-semantischen Paradigmas erfolgen kann und soll.3

      Die Übersicht zeigt, dass Paulus zwar nicht alle Lexeme des Wortfelds ‚Sprache’ verwendet, dass die Lexeme dieses Wortfelds in 1 Kor 12–14 insgesamt aber gehäuft vorkommen. Das gilt v.a. für γλῶσσα, λαλέω, διδαχή, φωνή, ἑρμηνεύω/διερμηνεύω, ἑρμηνεία und διερμηνευτής. Die vier zuletzt genannten Lexeme werden ausschließlich in diesen drei Kapiteln verwendet. Die Lexeme γλῶσσα, λαλέω und φωνή sind auch in weiteren Paulusbriefen belegt, treten in 1 Kor 12–14 aber konzentriert auf. Besonders verdichtet ist das Vokabular aus dem sprachlichen Bereich in 1 Kor 14,6–12. Bereits im ersten Vers wird durch die Wendungen γλώσσαις λαλεῖν, λαλεῖν ἐν ἀποκαλύψει/ἐν γνώσει/ἐν προφητείᾳ/ἐν διδαχῇ der Fokus auf die sprachlichen Äußerungen gerichtet. In 1 Kor 14,7–11 finden sich alle Belege des Lexems φωνή für 1 Kor; von besonderem Interesse ist 1 Kor 14,10 f und die Formulierung δύναμις τῆς φωνῆς. Auch das Lexem λαλέω verzeichnet ¼ seines Vorkommens im 1. Korintherbrief in den genannten Versen.

      Das Lexem λόγος kommt vergleichsweise selten vor, was zeigt, dass 1 Kor 14 nicht vorrangig geformte Sprache thematisiert und dass nicht der Inhalt einer sprachlichen Äußerung, wie etwa der λόγος τοῦ σταυροῦ, im Vordergrund steht. 1 Kor 14 beschäftigt sich in erster Linie mit den ‚formalen’ Aspekten von Sprache, mit deren Funktion, Wirkung und Ziel. Diese Ansicht wird dadurch unterstützt, dass Ausdrücke wie beispielsweise εὐαγγέλιον und κήρυγμα fehlen. Paulus stellt Überlegungen an, die auf die Funktionen und Wirkungen einer sprachlichen Äußerung gerichtet sind und deren ethische Relevanz betonen.

      Die Begriffe, die zur Umschreibung der Charismen der Prophetie und der Glossolalie dienen, setzt Paulus in 1 Kor 12–14 besonders häufig ein. Das weist die prophetische und glossalische Rede als die beiden Sprachgaben aus, die für die Erarbeitung des paulinischen Sprachverständnisses von besonderer Bedeutung sind. Insgesamt gibt die konzentrierte Verwendung der Lexeme in 1 Kor 14, v.a. in 1 Kor 14,6–12, die dem Wortfeld


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