Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle. Sonja Müller

Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle - Sonja Müller


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(1) ausgedrückten Inhalt bei.

(100) Im November 2018 findet in Albany die 4. Jahrestagung der American Pragmatics Association statt (1). Man rechnet mit ca. 300 Linguisten aus der ganzen Welt (2). Die vier Hauptthemen der Konferenz sind a) Pragmatische Theorien, b) Experimentelle Pragmatik, c) Interkulturelle Pragmatik und d) Anwendungen (z.B. Zweitspracherwerb) (3).
(in Anlehnung an Mann & Thompson 1988: 273)

      Besteht die Relation HINTERGRUND zwischen (Teil)sätzen, steuert der eine Satz Information bei, die den anderen Satz hinsichtlich eines Aspektes verständlicher machen soll. In (101) leisten (2) und (3) diesen Beitrag in Bezug zu (1).

(101) Ab sofort können Sie erfahren, wieviel Ihre Kollegen verdienen (1). Zum 06.01.2018 ist das Lohntransparenz-Gesetz in Kraft getreten (2). Über den Betriebsrat kann ein Antrag gestellt werden, um Informationen über Vergleichsgruppen zu erhalten (3). (in Anlehnung an Mann & Thompson 1988: 273)

      Inzwischen ist der Ansatz von Mann & Thompson (1988) in verschiedenen Arbeiten weiterentwickelt worden. Man hat sich u.a. mit dem Inventar der Relationen, ihrer Systematisierung und ihrer formalen Repräsentation beschäftigt (vgl. u.a. Kehler 2002, Sanders et al. 1992, Asher & Lascarides 2003) (zu einem Überblick zur RST vgl. Taboada & Mann 2006).

      2. Vorfeldbesetzung

      

In Abschnitt 1.1.2 haben wir bereits gesehen, dass das VorfeldVorfeld eine abgeleitete Position ist. Das heißt, dort wird kein Element basisgeneriert, sondern das Vorfeld ist das Ziel von A'-BewegungA'-BewegungNon-Argument-Bewegung.

      Das Treppenhaus wird in (1) dorthin versetzt, hier durch kurze A'-BewegungKurze A'-Bewegung.

(1) [Das Treppenhaus]1 renoviert der Handwerker t1.

      Eine derartige Besetzung des Vorfelds kann auch auf Distanz erfolgen. In (2) wird das Treppenhaus aus dem dass-Nebensatz ins Vorfeld bewegt.

(2) [Das Treppenhaus]2 hat Albert behauptet, [CP dass der Handwerker t2 renoviert].

      In aktueller generativer Syntaxtheorie wird (anders als noch im Stadium des in Abschnitt 1.1.3 skizzierten Modells) angenommen, dass Bewegung aufgrund bestimmter Anforderungen der Schnittstellen des Grammatiksystems (LF und/oder PF) erforderlich wird (vgl. z.B. Rizzi 2004, Fanselow 2006, 2008). Es gibt folglich interpretatorische oder phonologische Gründe für Bewegung.

      Aber welche Konstituenten besetzen das Vorfeld? Gibt es Einheiten, die dort bevorzugt stehen, vielleicht sogar stehen müssen, oder andere, die aus dieser Position ausgeschlossen sind?

      2.1 Drei Möglichkeiten der Vorfeldbesetzung

      Da der linke Satzrand mit bestimmten informationsstrukturellen DimensionenInformationsstrukturelle Dimension in Verbindung gebracht wird, sollte man sich nach Frey (2006: 236) fragen, welche DiskursfunktionenDiskursfunktion die Phrasen, die im Vorfeld positioniert sind, aufweisen. Grundsätzlich können die Vorfeld-Phrasen ganz verschiedene pragmatische Eigenschaften haben, wobei ebenfalls auffällt, dass die Sätze je nach Vorfeldfüllung unterschiedlich gut bewertet werden (vgl. (3)).

(3) a. (Ich erzähle dir etwas über Hans.)
Den Hans wird eine polnische Gräfin heiraten.
b. Dem Hans hat Maria nicht geholfen, aber dem Otto.
c. Wem hat Maria geholfen? Hans hat sie geholfen.
d. Fast jeden Kollegen schätzt der Hans.
e. Fast jeder Kollege schätzt den Hans.
f. Leider hat keiner dem alten Mann geholfen.
g. Fast überall spielen Jungen gern Fußball. (Frey 2006: 236)

      In (3a) steht das TopikTopik im Vorfeld, in (3b) wird die Vorfeldkonstituente kontrastivKontrastfokus fokussiert und in (3c) ist die Position in der ersten Äußerung durch eine w-Phrase besetzt und in der zweiten durch den InformationsfokusInformationsfokus der Antwort. In (3d) kann fast jeden Kollegen kein Topik sein, weil die quantifizierte Phrase nicht referiert. Sie macht auch nicht den Fokus der Äußerung aus. Im Vergleich mit (3e) wirkt der Satz in Isolation markiert. Die Sätze unterscheiden sich darin, dass in (3e) ein Subjekt eines transitiven Verbs im Vorfeld steht, in (3d) ein Objekt. Mit einem passenden Kontext (vgl. (4)) verliert der Satz aus (3d) seine Markiertheit.

(4) Hans fühlt sich wohl an seinem neuen Arbeitsplatz.
Fast jeden Kollegen schätzt der berühmte Linguist. (Frey 2006: 237)

      In (3f) und (g) stehen schließlich AdverbialeAdverbial im Vorfeld. Diese Exemplare eignen sich nicht als Topik, müssen hier aber auch nicht den Fokus ausmachen. Die beiden Sätze sind als unmarkiert einzustufen.

      

Freys Interesse ist, herauszufinden, wie das Vorfeld besetzt werden kann. Das heißt, was kann die Bewegung in die SpecCP-Position auslösen? Und warum führen manche Besetzungen zu Markiertheit? Wie aus den Daten in (3) ersichtlich wird, eignen sich nicht alle Konstituenten gleich gut für die Voranstellung ins Vorfeld.

      2.1.1 Formale Bewegung

      Der Vergleich von (3d) und (3e) hat gezeigt, dass ein Satz, in dem das Objekt eines transitiven Verbs im Vorfeld steht, markiert ist, während ein Satz, in dem ein Subjekt im Vorfeld steht, in diesem Fall unmarkiert ist. Es gibt allerdings auch Sätze, in denen ein Objekt im Vorfeld steht, die Sätze aber unmarkiert zu bewerten sind.

(5) a. Dem Karl hat das Spiel gut gefallen.
b. Einem Mitbewohner wurde die Geldbörse entwendet. (Frey 2006: 238)

      In (5) liegt in (a) das Objekt eines Psychverbs (das einen psychologischen Zustand/Prozess bezeichnet) und in (b) eines passivischen Verbs vor. Aus dem Kontrast zwischen (3d) und (5) lässt sich schließen, dass die Art des Objekts Einfluss auf die Akzeptabilität der Struktur hat.

      In (3f) und (3g), die völlig unmarkiert einzustufen sind, ist das Vorfeld jeweils durch ein Adverbial besetzt, in (f)


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