Übersetzungstheorien. Radegundis Stolze

Übersetzungstheorien - Radegundis Stolze


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eines Lautbildes mit einer Vorstellung ist untrennbar – wie Vorder- und Rückseite eines Blatts Papier. Dieses statische Modell geht von der stabilen Zusammengehörigkeit einer Benennung und einer Inhaltsvorstellung aus, weshalb eine Auflösung dieser Verbindung den Zeichencharakter zerstören würde.

      Präzisiert wurde die BedeutungBedeutung eines Zeichens andererseits mit Blick auf die Kommunikationssituation durch das semiotische Dreieck von OGDENOgden/Richards/RICHARDS von 19232Ogden/Richards. Ein Zeichen (Signifikant, Wort) in seiner Gestalt symbolisiert den außersprachlichen ReferentenGemeinte (Wirklichkeit, Gemeintes) nur indirekt über das Konzept (Bedeutung, Signifikat) der gedanklichen Vorstellung als dem Zeicheninhalt:

      Sprachliche Ausdrücke lassen sich also nur über ihr begriffliches Konzept, ihre BedeutungBedeutung, auf die Wirklichkeit beziehen (SpracheSprache als KommunikationsinstrumentKommunikationsinstrument); sie gewähren keinen direkten Zugang zu den Sachen selbst. Nach diesem dynamischen, einen Prozess darstellenden Modell lässt sich die Bedeutung eines Zeichens – anders als bei SAUSSURESaussure – nur erfassen, wenn es von einem Sprecher benutzt wird, um damit auf einen Gegenstand der außersprachlichen Wirklichkeit hinzuweisen (Bezeichnungsfunktion). Die Zuordnung vom Zeichen zum Gemeinten geschieht erst durch den Zeichenbenutzer (Sprecher mit Gedanken), was durch die unterbrochene Linie im Modell graphisch dargestellt wird.

      Und auch für den Hörer steht das Zeichen nicht einfach statisch „für etwas“, sondern es ist eine Bezugsgröße (vgl. die Denktradition von PEIRCEPeirce3Peirce): Erst durch Erkennen und VerstehenVerstehen (Interpretation) der in ihm wirksamen Relationen wird das Sprachzeichen vom EmpfängerEmpfänger konstituiert und gewinnt ‘Bedeutung’: „Nichts ist ein Zeichen, wenn es nicht als Zeichen interpretiert wird“ (PEIRCE).

      Eine grundlegende Eigenschaft sprachlicher Zeichen ist deren ArbitraritätArbitrarität: Zwischen dem Bezeichnenden (Signifikant, Zeichen, SymbolSymbols. Zeichen) und dem Bezeichneten (Signifikat, BegriffBegriff, Gedanke) besteht eine beliebige, nicht naturnotwendige oder abbildende, sondern konventionell festgelegte Beziehung.

      Die Sprachzeichen selbst sind im Wortlaut nicht von der zu bezeichnenden Sache her bedingt. Die SONNE, auf dt. Sonne, engl. sun, franz. soleil, ital. sole bezeichnet, deren göttliches Wesen bei den Indern als Surja, bei den Sumerern als Utu, bei den Babyloniern als Schamasch, den Ägyptern als Re, den Griechen als Helios, den Römern als Sol, den Azteken als Tonatiuh, den Inka als Inti und den Japanern als Amaterasu verehrt wurde und wird, hat schon immer die Neugier des Menschen geweckt (DE, 10.11.95).

      ArbitraritätArbitrarität bedeutet freilich nicht, dass der Einzelne nach freier Wahl bei der Konstruktion sprachlicher Ausdrücke verfahren könnte. In der sozialen KommunikationKommunikation erfährt er vielmehr den Zusammenhang zwischen Zeichen und BedeutungBedeutung als eine gewohnheitsmäßige, konventionelle Verbindung.

      In einer weiteren Perspektive auf die Funktion der Zeichen in der RedeRedes. parole zielt schließlich Karl BÜHLERS Organon-ModellOrganon-Modell der SpracheSprache (1934:28):

      Das Sprachzeichen (Z) steht in einem dreifachen Verhältnis zu seiner Umgebung, genauer gesagt, es „funktioniert als Zeichen“ gerade durch dieses dreifache Verhältnis. Die drei Relationen sind der Sprecher, der es äußert (SenderSenders. Autor, Produzent), der Hörer, der es aufnimmt (EmpfängerEmpfänger), und die Gegenstände und Sachverhalte, die es benennt (Referent). So steht ein Zeichen in Bezug auf die Wirklichkeit in der Funktion der BezeichnungBezeichnung (Symbolfunktion), in Bezug auf den Sprecher soll es dessen Status kundtun in der Funktion des Ausdrucks (Symptomfunktion), in Bezug auf den Hörer, bei dem es eine Reaktion bewirken soll, hat es die Funktion des Appells (Signalfunktion).

      BÜHLERS drei Sprachfunktionen werden von Roman JAKOBSONJakobson (1960) noch um drei weitere ergänzt. Er unterscheidet als Funktionen der Sprache in der Kommunikation: 1) Mitteilung: in der Bezeichnungsfunktion sendet der Sprecher eine Mitteilung an den Empfänger, 2) Kontext: dies erfolgt in der außersprachlichen Welt, 3) Appell: die Mitteilung will etwas bewirken, 4) Kontakt: die phatische Funktion dient zur Eröffnung, Aufrechterhaltung und Beendigung der Kommunikation, 5) Kode: die metalinguistische Funktion betrachtet den Zeichenkode, 6) Form: die poetische Funktion meint die Form der Mitteilung (vgl. HOUSEHouse 1997:33).

      3.3 Der Zeicheninhalt

      In der PerspektivePerspektive des Sprachanalytikers, der nach der Eigenschaft der Zeichen fragt, werden jene Zeichenfunktionen zu Aspekten des Bedeutungsinhalts. Dann werden sie als DenotationDenotation und Konnotationen bezeichnet.

      Die DenotationDenotation ist der klar umrissene Bedeutungsinhalt eines Zeichens in seiner Bezeichnungsfunktion (wie z.B. ‘Tisch’, ‘Stuhl’, ‘Schraube’). Die Wörter mit Zeigegestus bezeichnen Gegenstände und Sachverhalte als Träger von Qualitäten, die distinktiv aufgewiesen werden können (z.B. ‘alt’, ‘jung’, ‘neu’); hierzu gehören auch alle technischen Fachausdrücke, die Termini. Dagegen bezeichnen Wörter mit abstraktem InhaltInhalt eher Zustände und Vorgänge (z.B. Gefühlsbezeichnungen, Entwicklungen) und sind in ihrer semantischen Komplexität anders aufgebaut als Wörter mit konkreter Denotation.

      Doch auch die Ausdrucks- und die Appellfunktion fließen in die BedeutungBedeutung von Wörtern als Konnotationen mit ein. So sagen die verwendeten Sprachzeichen etwas aus über den/die Sprecher/in, deren regionale und soziale Herkunft, die politische Einstellung, die Generationenzugehörigkeit usw. Und bestimmte Sprachformen werden rhetorisch bewusst eingesetzt, um eine bestimmte Reaktion zu erwirken oder eine Wertung anzudeuten.

      Die Wörter können qualitativ verschiedenen Sprachebenen (gehoben, umgangssprachlich, slang) angehören, sie unterscheiden sich in der Gebrauchsfrequenz (usuell, selten), der stilistischen Wirkung (schriftsprachlich, veraltet, gespreizt) und nach dem Verwendungsbereich (gemeinsprachlich, fachsprachlich, regional).

      Während die DenotationDenotation „Auto“, „Pkw“, „Kraftfahrzeug“ außersprachlich eindeutig ist, können die Wörter zu deren Benennung unterschiedliche Konnotationen hinsichtlich der Stilebene oder des Verwendungsbereichs aufzeigen, wie nachfolgende Beispiele davon, dass ein Wagen nicht mehr brauchbar ist, zeigen:

      Das Kraftfahrzeug ist nicht verkehrstauglich (amtlich)

      Das Auto fährt nicht mehr (gemeinsprachlich)

      Das Auto ist kaputt (umgangssprachlich)

      Die Karre ist hin (gesprochene Sprache, SlangSprache).

      Der Wagen streikt (familiär)

      usw.

      Die obengenannten Zeichenmodelle sind in der neueren SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik stark rezipiert worden. Als wesentliche Charakteristika sprachlicher Zeichen gelten:

      1 deren arbiträrer Charakter;

      2 die Möglichkeit, sie in Zeichenklassen einzuteilen (Strukturierung);

      3 deren Funktion, ganze Referentenklassen zu bezeichnen (begriffliche Abstrahierung), Ausnahme sind die Eigennamen;

      4 die Freiheit der Sprachzeichen, ihren Geltungsbereich zu verändern;

      5 die unterschiedliche Gliederung der Welt durch Zeichen (in verschiedenen Sprachen);

      6 die Tatsache, dass SpracheSprache in einem sozialen KontextKontext funktioniert;

      7 die doppelte Beschreibungsfunktion: Beschreibung der außersprachlichen Welt und Beschreibung der SpracheSprache selbst (Metasprache) (vgl. BUSSMANNBußmann 1990:864).

      Die SpracheSprache ist also ein Instrument


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