Linguistische Stil- und Textanalyse. Lars Bülow

Linguistische Stil- und Textanalyse - Lars Bülow


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Korrektur einer Erwartungshaltung, die durch ein konditionales Verhältnis vorgegeben ist, und kann insofern als ein Sonderfall der Begründung angesehen werden, als sie einen Grund angibt, der nicht handlungsbestimmend geworden ist. Zu den Formen, die eine konzessive Relation kennzeichnen können, zählen: obwohl, trotz allem, dennoch oder abgesehen von.

      Bei einer temporalen Verknüpfung werden Aussagen zueinander in eine zeitliche Beziehung gesetzt. Diese kann vorzeitig (z.B. nach, nachdem, worauf, anschließend), nachzeitig (z.B. vor, bevor, vorher, früher) oder gleichzeitig (z.B. während, wenn, seit, wann, solange) sein.

      Durch spezifizierende Konnektoren können erläuternde Informationen an Aussagen angeschlossen werden, entweder explikativ, indem der vorangehende Sachverhalt durch weitere Einzelheiten näher erläutert wird (z.B. insofern (als), das heißt, nämlich, also), oder restriktiv durch die Einschränkung der Gültigkeit einer Äußerung (z.B. außer, außer dass, außer wenn, abgesehen von, es sei denn, allerdings).

      Kohäsion kann schließlich hergestellt werden durch vergleichende Relationshinweise. Hierzu gehören einerseits komparative Konnektoren, die Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen zwei Sachverhalten herstellen (z.B. genauso, ebenso, ähnlich, entsprechend), andererseits proportionale Konnektoren, die zwei Sachverhalte graduierend aufeinander beziehen (z.B. in dem Maße, wie, je – desto).

      Aus textlinguistischer Perspektive sind Konnektoren also als relationsherstellende Einheiten zu verstehen, die einen metakommunikativen Status gegenüber der Vorgänger- und Nachfolgeinformation haben und somit der Steuerung des Textverständnisses dienen. In stilistischer Hinsicht ist relevant, dass für manche Konnektoren Sonderstellungen charakteristisch sind, vor allem Versetzungen von sonst syntaktisch gebundenen Ausdrücken an die Satzspitze. Dadurch können Informationen besonders auffällig hervorgehoben und die Aufmerksamkeit des Rezipienten gesteuert werden. Häufig treten derart steuernde Konnektoren deshalb in Verbindung mit bestimmten Textsorten, Textfunktionen und Textmustern auf. Ein Beispiel dafür sind Leitartikel, die durch die kommunikative Funktion ‚Meinungsbildung‘ und die ausgeprägte Verwendung argumentativer Muster gekennzeichnet sind (vgl. Kap. 3.3.2. und Kap. 4.3).

      Die folgende Abbildung zeigt einen Überblick über die verschiedenen Bedeutungsgruppen der Konnektoren (vgl. Abb. 7):

      Abb. 7:

      Bedeutungsgruppen von Konnektoren

      Tempus-, Modus- und Diathesenkonstanz

      Textkohäsion entsteht auch durch Tempus, Verbmodus und Diathese, deren Zeichen an jedem finiten Verb kodiert sind. Es geht um Informationen über den zeitlichen Zusammenhang von Aussagen im Text, die subjektive Stellungnahme des Produzenten/Senders zu dem durch die Aussage bezeichneten Sachverhalt bzw. zur Wirklichkeit des Gesagten und zur Quelle der Aussage, außerdem um Alternativen in der Darstellungsweise des Geschehens, die Möglichkeit zur Umkehrung der Handlungsrollen und zur Verschweigung der handelnden Person.

      In Bezug auf das Tempus gilt es als charakteristisch für eine textorientierte Perspektive, die Wahl der Tempusform nicht allein auf die zeitlichen Verhältnisse der im Text stehenden Aussagen zu beziehen, sondern auch das sog. Tempusregister zu berücksichtigen. Der Begriff des Tempusregisters geht auf Weinrich9 zurück, der zwischen den beiden Tempusregistern ‚Besprechen‘ und ‚Erzählen‘ unterscheidet: Besprechende Tempora (Präsens, Perfekt und Futur) legen dem Leser eine „gespannte“ Rezeptionshaltung nahe, während Erzählende Tempora (Präteritum und Plusquamperfekt) dem Leser zu verstehen geben, dass die Rezeptionssituation insofern „entspannt“ ist, als signalisiert wird, dass die Erzählung erst als Ganzes eine abgeschlossene Einheit bildet und Reaktionen des Lesers aufgeschoben sind. Wird über längere Textabschnitte ein Tempusregister beibehalten, bewirkt dies eine deutliche kohäsive Verknüpfung. Wird das Tempusregister gewechselt, entstehen textuelle Einschnitte, die Übergänge zwischen unterschiedlichen Textteilen – zwischen ereignisbezogener Erzählung und situationsbezogenem Diskurs – anzeigen, z.B.:

       Als der Wassermann eines Tages nach Hause kam, sagte die Wassermannfrau zu ihm: „Heute musst du ganz leise sein. Wir haben nämlich einen kleinen Jungen bekommen.“

       „Was du nicht sagst!“, rief der Wassermann voller Freude. „Einen richtigen kleinen Jungen?“

       „Ja, einen richtigen kleinen Wassermann“, sagte die Frau.

       „Aber bitte, zieh dir die Stiefel aus und sei leise, wenn du hineingehst. Ich glaube, er schläft noch.“

      Da zog sich der Wassermann seine gelben Stiefel aus und ging auf den Zehenspitzen in das Haus. Das Haus war aus Schilfhalmen gebaut, es stand tief unten auf dem Grunde des Mühlenweihers. Statt mit Mörtel war es mit Schlamm verputzt; denn es war ja ein Wassermannshaus. Aber sonst war es genauso wie andere Häuser auch, nur viel kleiner. Es hatte eine Küche und eine Speisekammer, eine Wohnstube, eine Schlafstube und einen Flur. Die Fußböden waren sauber mit weißem Sand bestreut, vor den Fenstern hingen lustige grüne Vorhänge, die waren aus Algen und Schlingpflanzen gewebt. Und natürlich waren alle Stuben, der Flur und die Küche und auch die Speisekammer voll Wasser. (Otfried Preussler „Der kleine Wassermann“ 1956, S. 3f.)

      Zur Textkohäsion können also sowohl die Konstanz der Tempusform als auch die des Tempusregisters beitragen, folglich werden auch die textuellen Einschnitte dann am deutlichsten markiert, wenn sowohl das Tempusregister als auch die Tempusperspektive wechseln.

      Der Verbmodus stellt die zentrale Kategorie im System der Modalität dar und trägt zur Textkonstitution weniger durch seine konstante Beibehaltung, sondern eher durch seinen konsequenten Diskursbezug bei. Moduskonstanz kommt als Element zur Textverknüpfung zwar prinzipiell in Frage, ist in der Regel jedoch auf wenige Textsorten und Textfunktionen beschränkt:

       Kontakte speichern

      1 Geben Sie die Nummer im Startbildschirm ein, und drücken Sie Optionen > Ins Telefonbuch.

      2 Geben Sie die Kontaktdetails ein, und drücken Sie auf Ja, um sie zu speichern. Tipp: Drücken Sie ■ > ■ Telefonbuch > Optionen > Telefonbucheinstellungen >Bevorzugter Speicher, um festzulegen, wo Ihre Kontakte gespeichert werden sollen (SIM oder Telefon).

      (Betriebsanleitung „MOTOROLA GLEAM+ ger“ [Originalsymbole wurden durch Platzhalter ersetzt.])

      Der Modus kodiert mit seinen 4 Subkategorien die Handlungsbedeutung von Aussagen. Dabei kommt der Imperativ als Befehlsform in schriftlichen Texten – abgesehen von denen mit starker Handlungsorientierung (s.o.) – immer weniger vor. Während der Indikativ in der Regel die Wirklichkeit des Gesagten festlegt, modifiziert der Konjunktiv den Wirklichkeitsbezug als potential bzw. irreal und ermöglicht deren kleinräumige Einbindung in den Text. Die Formen des Konjunktiv I ermöglichen darüber hinaus die Integration von Aussagen Dritter ohne Haftung für ihre Richtigkeit/Wahrheit.

      Als Mittel der Textverknüpfung kann auch das wiederholte Auftreten von gleichen Formen der Diathese interpretiert werden. Sichtbar ist dies vor allem am gehäuften Auftreten von Passivformen, z.B. bei Nachrichtentexten:

      Vor einer Schule im französischen Grenoble sind zwei Männer erschossen worden. Ein weiterer Mann wurde schwer verletzt, so Le Dauphiné Libéré am Montag unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. (Der Standard 26. April 2016, S. 8)

      Folgenreich für den Textverlauf ist vordergründig, dass Passivformen sog. „täterabgewandte“ Formen darstellen, weil sie es ermöglichen, das Agens zu verschweigen.

      Beruht


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