Nietzsche aus Frankreich. Jacques Derrida

Nietzsche aus Frankreich - Jacques  Derrida


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nicht vermeinte: heißt das, daß die Abwesenheit der Götter ihn zur Schöpfung neuer Götter antreibt? Oder will er die Wiederkehr der Zeiten verhindern, in denen er die Götter verehrte? Indem er die Götter noch einmal will, will er den Übergang der Menschen zu einem höheren Leben? Doch wie könnte von nun an ein Leben anders höher sein als dadurch, daß es sich dem zuwendet, was schon einmal war? Wie anders als dadurch, daß es sich zu einem Zustand zurückwendet, in dem es die Götter nicht schaffen, sondern verehren wollte? Und so wird noch einmal deutlich, daß die Lehre von der ewigen Wiederkehr als der bloße Schein und das Bild einer Lehre zu verstehen ist, deren parodistischer Charakter von der Heiterkeit als einem Attribut des sich selbst genügenden Daseins zeugt; denn sei’s, daß die Wahrheit im Lachen der Götter explodiert, sei’s, daß die Götter selber in irrem Gelächter sterben – im Grund der Ganzen Wahrheit erschallt das Gelächter:

      Sie haben sich selber einmal zu Tode – gelacht!

      Das geschah, als das gottloseste Wort von einem Gotte selber ausging – das Wort: »Es ist ein Gott! Du sollst keinen andern Gott haben neben mir!«

      Und alle Götter lachten damals und wackelten auf ihren Stühlen und riefen: »Ist das nicht eben Göttlichkeit, daß es Götter, aber keinen Gott gibt?«

      Das Lachen ist hier wie das höchste Bild, die höchste Darstellung des Göttlichen, die die ausgesprochenen Götter wieder verzehrt und sie in einem neuen Gelächter wieder ausspricht; denn wenn sich die Götter totlachen, so werden doch aus diesem Gelächter, das vom Grunde der Wahrheit erschallt, die Götter auch wiedergeboren.

      Anmerkungen

      1 Was man hier flüchtig gewahrt, ist nicht die Rückkehr zu einer Dämonologie: wie viele dunkle Mächte, so viele Dämonen, sondern zu einer Theogonie: wie viele psychische Dispositionen, so viele Götter; wie viele verträgliche oder widerstreitende Dispositionen, so viele sich bekämpfende oder sich vereinigende Gottheiten. Die Dämonologie neoplatonischer Herkunft ist schon auf dem Weg zur Psychologie, einer figurativen Psychologie gleichsam (einer Art Gestaltpsychologie), während die Pantheologie einen Begriff von Raum voraussetzt, in dem das seelische Leben und das des Kosmos einen einzigen Raum bilden, worin sich, was wir »psychisches« Ereignis nennen, als räumliches Geschehen darstellt. Insofern schafft die Pantheologie des Mythos mit seinen Götter-Genealogien, mit seinen Liebesabenteuern von Göttern und Göttinnen ein Gleichgewicht zwischen dem Menschen und seinen Kräften: denn sie finden hier ihren Ausdruck in den ewigen Göttergestalten: die praktischen Konsequenzen eines derartigen Gleichgewichts sind denen einer rein psychologischen Konzeption diametral entgegengesetzt: Bewußtsein und Wille und folglich Moral des Verhaltens. In der Theogonie herrscht nur der Austausch zwischen Gunst und Ungunst des Seins: die Gestalt eines bestimmten Gottes, welche die Gestalt einer bestimmten Göttin nach dem Gesetz der Verfolgung und der erotischen Anziehung entweder anzieht oder abstößt; hier gibt es nicht, was wir uns entschlossen haben reine Umsetzung menschlicher Erfahrung zu nennen, sondern einen Prozeß, der zu den Darstellungen des Seins gehört: der Verkehr der Geschlechter ist unter den Gottheiten eine Auslegung des Seins in den Formen des Erscheinens und des Verschwindens, während er in seiner menschlichen Form nur eine Erfahrung von Leben und Sterben ist. Was bei uns so genannt wird, ist nur eine notwendige Teilnahme an den Auslegungen des Seins in den Gestalten der Götter.

      2 I-A: ita est!

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