PLATON - Gesammelte Werke. Platon
jüngere Sokrates: Wie anders?
Fremder: Und wiederum die sittsame Natur, wenn sie jener Vorstellungen sich bemächtiget, wird sie dann nicht das wahrhaft besonnene und sittliche wie es im Staate sein soll werden? wenn sie aber mit dem was wir meinen nicht in Gemeinschaft tritt, dann mit größtem Recht in den schimpflichen Ruf der Stumpfsinnigkeit kommen?
Der jüngere Sokrates: Allerdings.
Fremder: Aber für Böse unter sich oder auch für Gute mit Bösen wollen wir nicht sagen daß diese Verflechtung und Verbindung jemals haltbar sein, noch daß sich deren irgend eine Kunst im Ernst für solche bedienen werde.
Der jüngere Sokrates: Wie sollte sie auch!
Fremder: Aber den schon von ihrer Geburt an gutgearteten (310) und ihrer Natur gemäß gebildeten Gemütern allein werden diese Vorstellungen durch die Gesetze sich einbilden, und eben unter diesen dies nun das kunstmäßige Heilmittel und wie wir gesagt haben das göttlichere Band sein für die von Natur einander unähnlichen und entgegengesetzt fortstrebenden Teile der Tugend.
Der jüngere Sokrates: Vollkommen wahr.
Fremder: Die übrigen Bande menschlicher Art sind, wenn nur dieses göttliche vorhanden ist, weder schwer zu sehen, noch wenn man sie gesehen hat schwer in Anwendung zu bringen.
Der jüngere Sokrates: Wie so aber und welche sind es?
Fremder: Durch die Ehegesetze und Verbindungen der Kinder und auch einzeln durch die Verheiratungen und Ausstattungen. Denn die Meisten binden hiebei nicht richtig zusammen zum Behuf der Kindererzeugung.
Der jüngere Sokrates: Wie so?
Fremder: Daß auf Reichtum und Macht hiebei Jagd gemacht wird, weshalb sollte man sich nur die Mühe geben dies noch ernsthaft zu tadeln?
Der jüngere Sokrates: Für nichts freilich.
Fremder: Eher wäre es billig über diejenigen, welche hiebei auf die Abkunft sehen, etwas zu sagen, ob auch diese der Sache nicht gemäß handeln.
Der jüngere Sokrates: Das wäre wohl billig.
Fremder: Und freilich handeln sie nach gar keinem richtigen Grunde, wenn sie nur der augenblicklichen Bequemlichkeit nachgehend mit denen sich gefallen die ihnen ganz ähnlich sind, und die Unähnlichen nicht leiden mögen weil sie auf das Beschwerliche dabei allzuviel Rücksicht nehmen.
Der jüngere Sokrates: Wie das?
Fremder: Die Sittsamen und Bescheidenen suchen wiederum ihre Gemütsart, heiraten soviel es sich tun läßt nur von solchen, und geben auch ihre Töchter wiederum nur an solche aus. Eben so macht es auch das tapfere Geschlecht, und geht seiner Natur nach, da beide Arten hievon ganz das Gegenteil tun sollten.
Der jüngere Sokrates: Wie? und weshalb?
Fremder: Weil die Tapferkeit, wenn sie viele Geschlechter hindurch ohne sich mit der besonnenen Natur vermischt zu haben wieder erzeugt wird, anfänglich zwar sich durch Kräftigkeit hervortut, am Ende aber ganz in Tollheiten ausschlägt.
Der jüngere Sokrates: Wahrscheinlich.
Fremder: Und wiederum die schamhafte Seele wenn sie sich ganz unvermischt mit mannhafter Keckheit viele Geschlechter hindurch erzeugt muß träger werden als recht ist, und damit endigen ganz und gar zu verkümmern.
Der jüngere Sokrates: Auch das wird sich wahrscheinlich so ereignen.
Fremder: Diese Bande nun sagte ich wären gar nicht schwer zu knüpfen, wenn nur über das Schöne und Gute beide Arten dieselben Vorstellungen haben. Denn dies ist einzig und allein das ganze Geschäft jener königlichen Zusammenwebung, daß sie niemals lasse die besonnene und die tapfere Gemütsart sich von einander trennen, sondern sie durch Gleichgesinntheit und Ehre und Schande und öffentliche Meinung und durch Geiseln die sie einander ausgeben zusammenschlägt, und wenn sie so jenes glatte und feine Gewebe aus ihnen verfertiget hat, dann ihnen gemeinschaftlich alle Gewalten in den Staaten überläßt.
Der jüngere Sokrates: Wie das?
(311) Fremder: Indem sie wo nur Ein Herrscher nötig ist einen solchen der beides in sich vereiniget zum Vorsteher wählt; wo aber mehrere, da beides mit einander vermischt. Denn besonnener Herrscher Gemütsart wird zwar für das vorsichtige, gerechte und heilsame sorgen; aber einer gewissen durchgreifenden Schärfe und Keckheit des Handelns ermangeln.
Der jüngere Sokrates: Das dünkt mich freilich auch.
Fremder: Die Tapferkeit hingegen wird in Absicht auf Gerechtigkeit und Vorsichtigkeit hinter jener zurückstehn, aber im Handeln selbst sich sehr auszeichnen. Daß es aber um den Staat in allen Dingen was das Allgemeine und was die Einzelnen betrifft wohlstehn könne, wenn diese nicht einmal beide vorhanden sind ist ganz unmöglich.
Der jüngere Sokrates: Wie sollte es auch nicht!
Fremder: Dies also wollen wir sagen sei die Vollendung des Gewebes der ausübenden Staatskunde, daß in einander eingeschossen und verflochten werde der tapferen und der besonnenen Menschen Gemütsart, wenn die königliche Kunst durch Übereinstimmung und Freundschaft beider Leben zu einem gemeinschaftlichen vereinigend, das herrlichste und trefflichste aller Gewebe bildend, alle übrigen Freien und Knechte in den Staaten umfassend unter diesem Geflechte zusammenhält und wieweit es einem Staate gegeben sein kann glückselig zu werden, davon nirgend etwas ermangelnd herrsche und regiere.
Sokrates: Vortrefflich, o Fremdling, hast du uns nun auch den königlichen und Staatsmann dargestellt.
Tetralogie III
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