PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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Sehr schön, und dies dünkt mich allerdings kunstreicher zu sein als jenes.

      Sokrates: Das ist es auch; aber ganz lächerlich kommt offenbar das Wort heraus, wenn man es genau so nimmt wie es heißt.

      Hermogenes: Aber was sollen wir nun von dem andern sagen?

      Sokrates: Dem Körper meinst du?

      Hermogenes: Ja.

      Sokrates: Auf vielerlei Weise dünkt mich dies zu gehn, wenn man auch nur gar wenig ändert. Denn Einige sagen, die Körper wären die Gräber der Seele, als sei sie darin begraben liege für die gegenwärtige Zeit. Und wiederum weil durch ihn die Seele alles begreiflich macht, was sie andeuten will, auch deshalb heißt er mit Recht so gleichsam der Greifer und Griffel. Am richtigsten jedoch scheinen mir die Orphiker diesen Namen eingeführt zu haben, weil nämlich die Seele, weswegen es nun auch sei, Strafe leide, und deswegen nun diese Befestigung habe, damit sie doch wenigstens erhalten werde wie in einem Gefängnis. Dieses also sei nun für die Seele, bis sie ihre Schuld bezahlt hat, genau was er heißt, so daß man kaum einen Buchstaben zu ändern brauche, der Körper ihr Kerker.

      Hermogenes: Das scheint mir gut genug gesagt zu sein, Sokrates. Aber könnten wir auch von andern Göttern, wie du es vorher vom Zeus erklärt hast, auf dieselbe Weise untersuchen, in welcher Beziehung wohl ihre Namen ihnen mit Recht beigelegt sind?

      Sokrates: Ja, beim Zeus, Hermogenes, können wir es, wenn wir doch Vernunft haben, auf eine und zwar die schönste Weise, daß wir nämlich von den Göttern nichts wissen, weder von ihnen selbst noch von ihren Namen, wie sie sich unter einander nennen. Denn offenbar werden sie selbst sich richtig benennen. Die nächst dieser am meisten richtige Art aber wäre, wie es bei den Gebeten Gebrauch ist, daß, wie und woher sie selbst begehren genannt zu werden, so auch wir sie nennen, weil wir nämlich weiter von nichts (401) wissen.

      Denn das scheint mir ein sehr guter Gebrauch. Willst du also, so wollen wir den Göttern dies gleichsam vorher bedeuten, daß wir über sie gar keine solche Untersuchung anstellen wollen, denn wir bilden uns gar nicht ein, dies zu können, sondern nur über die Menschen, von was für Gedanken sie wohl ausgegangen sind bei Bestimmung ihrer Namen. Denn dies ist wohl ohne Gefährde?

      Hermogenes: Das ist ja gar bescheiden gesprochen, Sokrates, und so wollen wir es demnach machen.

      Sokrates: So laß uns denn, wie es Sitte ist, von der Hestia anfangen.

      Hermogenes: Ganz recht.

      Sokrates: Was soll man also sagen, daß sich der mag gedacht haben, der die Hestia so genannt hat?

      Hermogenes: Beim Zeus, auch das scheint mir gar nicht leicht.

      Sokrates: Es mögen wohl, mein guter Hermogenes, die ersten, welche Namen festgesetzt haben, gar nicht gemeine Leute gewesen sein, sondern von den Himmelskundigen und Hochfliegenden welche.

      Hermogenes: Wie so?

      Sokrates: Mir wird es ganz klar, daß die Bestimmung der Namen von solchen Leuten herrührt; und wenn man die fremden Wortformen mit in Betrachtung zieht, findet man erst recht was Jeder sagen will. So auch hiebei; das Sein, welches wir Usia nennen, nennen Einige Esia und Andere wieder Osia. Zuerst nun nach der einen von diesen Spracharten hat es ja ganz guten Grund, daß das wahre Sein und Wesen der Dinge Hestia genannt wird; so auch wenn wir wiederum das was an diesem Sein Anteil hat Hestia nennen, so wäre auch das in dieser Beziehung richtig, denn auch wir mögen statt Usia ehedem Esia gesagt haben. Ja auch wenn man bedenkt, wie es bei den Opfern gehalten wird, muß man glauben, bei Festsetzung dieses Namens sei hieran gedacht worden. Denn ganz billig opfern wohl diejenigen vor allen andern Göttern zuerst der Hestia, welche das Wesen aller Dinge Hestia nannten. Die aber Osia gesagt haben, mögen wohl, sollte man denken, mit dem Herakleitos geglaubt haben, alles Seiende gehe, und es bleibe nichts fest, die Ursach also und das Regierende für Alles sei das stoßende, othun, woher es denn mit Recht Osia genannt wurde. Auch das aber wollen wir nur als Nichtswissende gesagt haben. Nach der Hestia nun wenden wir uns billig zur Rhea und dem Kronos. Doch des Kronos Namen haben wir ja schon durchgenommen. – Aber vielleicht ist es Nichts, was ich sagen will.

      Hermogenes: Was doch, Sokrates?

      Sokrates: O Guter, ich erblicke einen ganzen Schwarm Weisheit.

      Hermogenes: Was doch für einen?

      Sokrates: Lächerlich ist es freilich zu sagen, aber ich glaube doch, es hat seine Wahrscheinlichkeit.

      (402) Hermogenes: In welcher Art denn?

      Sokrates: Ich glaube zu sehen, daß Herakleitos gar alte Weisheit vorbringt, offenbar dasselbe von Kronos und Rhea was auch Homeros schon gesagt hat.

      Hermogenes: Wie meinst du das?

      Sokrates: Herakleitos sagt doch, daß Alles davon geht und nichts bleibt, und indem er alles Seiende einem strömenden Flusse vergleicht, sagt er, man könne nicht zweimal in denselbigen Fluß steigen.

      Hermogenes: Ganz richtig.

      Sokrates: Wie nun? dünkt dich der viel anders gedacht zu haben als Herakleitos, der aller andern Götter Urahnen Kronos und Rhea genannt hat? Oder meinst du, es sei von ohngefähr, daß er beiden ihre Namen von Flüssen gegeben hat? Wie auch Homeros den Okeanos den Vater der Götter nennt, und Thetys die Mutter; und ich glaube auch Hesiodos. Ja auch Orpheus sagt, wo Erst Okeanos selbst der geräuschige schreitet zur Ehe, Der sich mit Thetys von Mutterseit' ihm Schwester begattet. Betrachte nur, wie dies Alles unter sich zusammenstimmt, und wie es auch alles auf des Herakleitos Lehre sich bezieht.

      Hermogenes: Daran scheint wohl etwas zu sein, Sokrates, nur sehe ich noch nicht, was der Namen der Thetys will.

      Sokrates: Das erklärt sich ja von selbst, daß es nur etwas versteckt der Namen einer Quelle ist. Denn das sickernde, tanzende und sinternde, diattomenon und athumenon, ist das Bild einer Quelle; und aus diesen beiden Worten ist der Namen Thetys zusammengesetzt.

      Hermogenes: Das war gar herrlich, Sokrates.

      Sokrates: Was wollte es nicht! Aber wie weiter? Den Zeus haben wir schon gehabt?

      Hermogenes: Ja.

      Sokrates: Wollen wir also seine Brüder erklären, den Poseidon, und Pluton, nebst dem andern Namen, den man diesem beilegt?

      Hermogenes: Das wollen wir.

      Sokrates: Poseidon nun mag wohl deswegen so benannt worden sein von dem, der ihn zuerst so nannte, weil ihn im Gehen die Gewalt des Meeres aufhielt und ihn nicht weiter schreiten ließ, sondern ihm gleichsam eine Fessel wurde für seine Füße. Daher nannte er den diese Gewalt beherrschenden Gott Poseidon, weil er ein Posidesmos war, und das i ist vielleicht nur der Schicklichkeit wegen zum ei verlängert. Vielleicht aber wollte er auch das nicht sagen, sondern es waren anstatt des s zwei l, weil nämlich der Gott ein Polla eidos ist, vieles weiß. Vielleicht heißt er aber auch der Erschütternde, ho seion, und das p und d sind nur hineingesetzt. Pluton aber ist offenbar in Beziehung auf die Gabe des (403) Reichtums, Plutos, so genannt worden, weil nämlich der Reichtum von unten aus der Erde kommt. Durch den Namen Hades aber glauben, dünkt mich, die meisten Menschen sei eigentlich sein unscheinbares und sein Dunkel, Aeides bezeichnet, darum scheuen sie auch diesen Namen und nennen ihn lieber Pluton.

      Hermogenes: Was meinst aber du davon, Sokrates?

      Sokrates: Mir scheinen auf gar vielerlei Art die Menschen das eigentliche Wesen dieses Gottes zu verkennen, und ihn zu fürchten ohne seine Schuld. Denn daß, wer von uns einmal gestorben ist, immer dort bleibt, davor fürchten sie sich, und auch daß die Seele


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