Pubertät für Dummies. Michelle Dostal
Zeit sonst schnell »abgehängt« wird.
Wie Sie einen gesunden Weg der Mediennutzung finden und ihn durchsetzen können, erfahren Sie in Kapitel 10.
Kapitel 2
Ein neuer Lebensabschnitt für die ganze Familie
IN DIESEM KAPITEL
Die Entwicklung des Gehirns – und was daraus resultiert
Als Eltern in eine neue Rolle finden
Geschwisterkinder unterstützen
Das Zusammenleben organisieren
Kommt ein Kind in die Pubertät, ändert sich nach und nach für die gesamte Familie sehr viel. Nicht nur der Teenie, auch die Eltern müssen sich in einer neuen Rolle zurechtfinden. Ging es vorher oft um Nähe, Bindung und gemeinsame Quality-Time, müssen sie sich jetzt darauf einstellen, dass ihr Kind viele Freiheiten einfordert und eventuell auch weniger Kontakt haben möchte. Es ist eine ganz schöne Herausforderung, mit diesem Wechsel klarzukommen, manchmal von heute auf morgen.
Und auch für Geschwister kann es herausfordernd werden. Die jüngere Schwester verliert vielleicht eine wichtige Spielpartnerin und der ältere Bruder muss damit zurechtkommen, dass »die Kleine« jetzt ähnliche Bedürfnisse anmeldet wie er selbst.
In der gesamten Familie können die Gefühle jetzt immer wieder hochkochen – am meisten aber bei den Teenagern, deren Hormone jetzt für jede Menge Stimmungsschwankungen sorgen. Jetzt kann jedes Wort plötzlich das eine zu viel sein, das für einen Wutausbruch oder einen Weinkrampf sorgt.
Achterbahn der Gefühle
Die Gefühlsschwankungen von Jugendlichen können eine große Hürde für ein harmonisches Familienleben darstellen.
Diese Gefühlsschwankungen können Barrieren zwischen Kindern und Eltern aufbauen. Vielleicht merken Sie als Mutter oder Vater, dass es Ihrem Teenie nicht gut geht, haben aber keine Ahnung, wie Sie ihm helfen sollen, denn er lässt Sie nicht an sich heran. Teenager auf ihre Laune anzusprechen, kann genauso falsch sein wie sie zu ignorieren.
Gefühlsausbrüche aushalten
Je nachdem, was ein tobender Teenager einem an den Kopf wirft, ist es nicht leicht, das Verhalten nicht persönlich zu nehmen. Als Eltern können Sie keinen rein professionellen Umgang mit Ihrem Kind haben – dazu sind zu viele Gefühle im Spiel. Ihr Kind ist Ihnen nicht egal, deshalb tut seine Beleidigung weh, auch wenn Sie wissen, dass hier hauptsächlich die Hormone aus ihm sprechen.
In solchen Situationen hilft Folgendes:
Machen Sie sich klar, dass die allerwenigsten Probleme auf der Stelle gelöst werden müssen. Kein Streit muss sofort bis zum Ende ausgefochten werden und auch viele Entscheidungen können noch ein wenig aufgeschoben werden.
Halten Sie Ihre Impulse zu schreien, zu schimpfen oder Vorwürfe zu machen unter Kontrolle. Atmen Sie tief durch, zählen Sie bis zehn und überlegen Sie dann noch einmal, was der vernünftigste nächste Schritt wäre.
Vergessen Sie nicht, dass dieses Verhalten nur eine Phase ist. Die Pubertät geht vorbei. Und auch innerhalb der Pubertät wird Ihr Kind nicht ständig ausrasten. Sie werden noch viele schöne Momente miteinander haben!
Was bei Teenagern im Gehirn los ist
Das Gehirn Ihres Kindes befindet sich in der Pubertät in der größten Veränderungsphase seines Lebens. Es wird komplett umgebaut. Damit sich die kindlichen Denkprozesse den erwachsenen angleichen, müssen sie schneller und effektiver werden.
Das Gehirn baut sich selbst um
Während der Kindheit bilden sich ständig neue neuronale Verbindungen im Gehirn. In der Pubertät werden viele wieder aufgelöst. Es wird nur das behalten, was auch gebraucht wird. Die Verbindungen, die bestehen bleiben, werden dafür verstärkt. Am Ende der »Bauarbeiten« funktioniert das Denken schließlich so wie bei erwachsenen Menschen.
Zu Beginn werden die Hirnteile optimiert, die für folgende Bereiche verantwortlich sind:
Bewegungsabläufe
Wahrnehmung
Orientierung
Sprache
In diesen Bereichen machen Teenager daher die ersten massiven Fortschritte im Vergleich zur Kindheit.
Gefühle geben den Ton an
Im Gehirn reift am schnellsten das limbische System, das für die Gefühle verantwortlich ist. Dadurch haben die Emotionen der Teenies für eine ganze Weile das Sagen.
Der präfrontale Cortex, der für Vernunft, Vorsicht und Weitsicht zuständig ist, wird als Letztes umgebaut. Kein Wunder also, dass Teenager so oft von ihren Gefühlen überwältigt werden und Eltern zum Beispiel den Eindruck bekommen, sie hätten es gerade mit einer Dreijährigen zu tun.
Folgen dieser späten Reifung sind beispielsweise extreme Reaktionen wie:
Wutausbrüche mit knallenden Türen und Beschimpfungen
irrationale Ängste, zum Beispiel vor dem Versagen
aggressives Verhalten
sich ständig von aller Welt missverstanden fühlen
Dass Jugendliche sich häufig missverstanden fühlen oder das Gefühl haben, andere würden sie nicht mögen, hängt auch damit zusammen, dass ihre Wahrnehmungen von sozialen Interaktionen durch das limbische System gefiltert werden. Eine rationale Bewertung fällt ihnen sehr schwer.