Kapitalmarkt Compliance. Karl Richter
Maßgeblich für das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ist nicht nur der Zeitpunkt des erstmaligen Entstehens und der Verletzung der Meldepflicht, sondern es genügt, wenn der Meldepflichtige in der Folgezeit vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Pflichten verletzt und beispielsweise bei Erkennen oder Erkennenmüssen des Verstoßes die Mitteilung nicht nachgeholt hat.[430]
c) Rechtsverlust bei Konzernmitteilungen nach § 37 WpHG
251
Im Falle der Erfüllung der Mitteilungspflicht durch das Mutterunternehmen nach § 37 WpHG treffen die Rechtsfolgen einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Mitteilungspflicht das Tochterunternehmen gleichermaßen, als hätte es die Mitteilungspflicht selbst verletzt. Dies gilt auch für den Rechtsverlust nach § 44 WpHG.[431] Dieser erfasst Tochterunternehmen im Übrigen auch dann, wenn das Mutterunternehmen eigene Mitteilungspflichten verletzt, selbst wenn es seinerseits der Mitteilungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.[432]
3. Besondere Sorgfaltspflichten des Emittenten bei Rechtsverlust
252
Im Hinblick auf die gesetzliche Anordnung des Rechtsverlustes, ggf. auch des verlängerten Rechtsverlustes, hat der Emittent Stimmrechtsmitteilungen sorgfältig zu prüfen und Anhaltspunkten über unterlassene Stimmrechtsmitteilungen nachzugehen. Werden Dividenden ausbezahlt, obwohl ein Rechtsverlust vorliegt, so handelt der Vorstand pflichtwidrig und macht sich nach § 93 AktG schadensersatzpflichtig. Unterlässt der Leiter der Hauptversammlung, i.d.R. der Aufsichtsratsvorsitzende, nachzuprüfen, ob die auf der Hauptversammlung anwesenden Aktionäre stimmberechtigt sind, so macht er sich ebenfalls schadensersatzpflichtig.[433] Auf Nachfrage sind die betreffenden Aktionäre im Zweifel zur Auskunft verpflichtet.[434]
1. Ordnungswidrigkeit
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Vorsätzliche und leichtfertige Verstöße gegen die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit bedeutenden Stimmrechtsanteilen nach §§ 33 ff. WpHG werden als Ordnungswidrigkeit gem. § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d bzw. Buchst. e und Abs. 17 WpHG mit Geldbuße sanktioniert. Fahrlässige Verstöße sind von den Bußgeldvorschriften nicht erfasst. Da § 120 Abs. 17 WpHG im Höchstmaß nicht zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln unterscheidet, kann leichtfertiges Handeln gem. § 17 Abs. 2 OWG nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.[435]
a) Verstöße des Meldepflichtigen
254
Verstoß gegen | Ordnungswidrigkeit gem. | Bußgeld gem. |
---|---|---|
§ 33 Abs. 1 S. 1 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG |
§ 33 Abs. 1 S. 2 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG |
§ 33 Abs. 2 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG |
§ 38 Abs. 1 S. 1 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. e WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG |
§ 39 Abs. 1 S. 1 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. e WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG |
255
Das Bußgeld beträgt bis zu 2 Mio. EUR gegenüber juristischen Personen kann sogar eine Geldbuße bis zu 10 Mio. EUR oder bis zu 5 % dessen Gesamtumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr der Entscheidung verhängt werden. Der „Gesamtumsatz“ ist in § 120 Abs. 23 näher definiert; nach dortigem S. 2 ist bei konzernverbundenem Unternehmen der Konzernumsatz maßgeblich. Noch weitergehend kann die Geldbuße sowohl bei natürlichen als auch bei juristischen Personen das Zweifache der aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteile betragen. Wirtschaftliche Vorteile sind Gewinne und vermiedene Verluste.
b) Verstöße des Emittenten
256
Verstoß gegen | Ordnungswidrigkeit gem. | Bußgeld gem. | Bußgeldrahmen | |
---|---|---|---|---|
Natürliche Person | Juristische Person/Personenvereinigung | |||
§ 40 Abs. 1 S. 1 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a oder Nr. 10 WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG | bis 2 Mio. EUR | bis 10 Mio. EUR oder 5 % des Gesamtumsatzes |
§ 40 Abs. 1 S. 2 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG | bis 2 Mio. EUR | bis 10 Mio. EUR oder 5 % des Gesamtumsatzes |
§ 40 Abs. 2 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. f WpHG | § 120 Abs. 24 WpHG | bis 500 000 EUR | |
§ 41 Abs. 1 S. 1 (i.V.m. Abs. 2) WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a WpHG | § 120 Abs. 17 WpHG | bis 2 Mio. EUR | bis 10 Mio. EUR oder 5 % des Gesamtumsatzes |
§ 41 Abs. 1 S. 2 (i.V.m. Abs. 2) WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. g WpHG | § 120 Abs. 24 WpHG | bis 500 000 EUR | |
§ 41 Abs. 1 S. 3 WpHG | § 120 Abs. 2 Nr. 10 WpHG | § 120 Abs. 24 WpHG | bis 500 000 EUR |
257
§ 43 WpHG ist nicht bußgeldbewehrt.
258
Zur Berechnung des Gesamtumsatzes vgl. Rn. 254. In den Fällen des § 120 Abs. 17 WpHG kann die Geldbuße auch bis zum Zweifachen der aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteile betragen. Vgl. hierzu Rn. 254.
III. Naming and Shaming
259
Soweit die BaFin eine Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten aus §§ 33 ff. WpHG erlässt, wird diese gem. § 124 WpHG auf ihrer Internetseite bekanntgemacht. Dabei wird die für den Verstoß verantwortliche Person namentlich benannt und die Vorschrift bekanntgegeben, gegen die verstoßen wurde. Nur in den Ausnahmefällen des § 124 Abs. 3 WpHG wird von einer Nennung personenbezogener Daten abgesehen oder die Bekanntmachung aufgeschoben.
Eine Löschung der Bekanntmachung erfolgt gem. § 124 Abs. 4 WpHG nach fünf Jahren, die Löschung personenbezogener Daten u.U. bereits früher.
1. Insiderverstöße
260
Das Insiderrecht, welches das Verbot von Insidergeschäften nach Art. 14 MAR, die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität nach Art. 17 MAR und die Verpflichtung zur Mitteilung von Directors' Dealings nach Art. 19 MAR umfasst, auf der einen Seite sowie die Beteiligungstransparenz nach §§ 33 ff. WpHG andererseits sind rechtlich getrennte Regelungskomplexe. Entsprechend kann ein Verstoß gegen die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten aus §§ 33 ff. WpHG zwar nicht als solcher, der zugrunde liegende Sachverhalt aber gleichzeitig einen Verstoß gegen insiderrechtliche Vorschriften, insbesondere:
– | das Verbot des Insiderhandels, |
– | die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität und |
– | die Pflicht zur Mitteilungsveröffentlichung von Directors' Dealings |
darstellen.
2. Marktmanipulation
261
Wenn einer Meldepflicht, beispielsweise aufgrund abgestimmten Verhaltens i.S.v. §