Internal Investigations. Dennis Bock
e) Geheimnisse und andere Verwertungsprobleme in der Berichterstattung
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Als Problem erweisen sich in einer Berichterstattung an den Auftraggeber regelmäßig die dem Projektteam anvertrauten Geheimnisse, seien es persönliche Mitteilungen von Mitarbeitern, Hinweisgebern oder auch im Unternehmen vorhandene, nicht allgemein zugängliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, zuweilen sogar Staatsgeheimnisse. Der Untersuchungsführer bzw. ein eingerichteter Lenkungsausschuss müssen im Umgang mit der Information als solcher, der Bearbeitung, Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Information sowie Angaben zur Informationsquelle behutsam umgehen, um den jeweiligen Informanten nicht ungewollt innerbetrieblicher Kritik oder Repressalien auszusetzen. Das gilt natürlich nur, wenn die entsprechend in der Investigation verwendete Information vorher im Unternehmen nicht öffentlich gewesen ist. Selbst wenn das Unternehmen in den eigenen Vorgaben für Compliance-relevantes Verhalten jedem Mitarbeiter zusagen sollte, dass jeder Hinweise aufgegriffen wird, der Hinweisgeber aber nicht deswegen verfolgt wird, bleibt bei Arbeitskollegen ein (zuweilen auch ausgesprochener) Vorwurf des „Anschwärzens“ oder des „Verpetzens“ haften. Die Berichterstattung über den Projektstatus soll daher möglichst nicht innerbetriebliche Auseinandersetzungen befördern Freiwillige Mitarbeiterangaben gegenüber dem Untersuchungsteam sollten daher vertraulich behandelt werden und auch in der Zwischenberichterstattung grundsätzlich ohne Quellenangaben zusammengefasst wiedergegeben werden. Ggf. kann sich der Untersuchungsführer dieses Vorgehen vom Auftraggeber schriftlich bestätigen lassen, um später nicht einer Haftung zu unterliegen.
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In gleichem Maße ist es eine praxisnahe Anforderung an die Berichterstattung, etwaige vertrauliche Hinweise der Ermittlungsbehörden auf ein kritisches, untersuchungsrelevantes Verhalten entsprechend der Vorgaben zu verwenden, diese Hinweise aber nicht in einer Weise in die Berichterstattung einzuführen, dass dadurch der Zweck vereitelt würde. Es wäre daher fehlerhaft, das anvertraute Wissen durch unnötige breite Erörterung oder überbetonte Würdigung in die Berichterstattung zu integrieren. Zwar besteht in der Wissenschaft Streit darüber, ob die Ermittlungsbehörden die Bekanntgabe eines solchen Wissens mit einer Auflage verbinden dürfen, dieses Wissen nicht weiterzugeben,[27] aber in der Praxis wird das – mit Rückendeckung des jeweiligen Auftraggebers und der höchstrichterlichen Rechtsprechung[28] – regelmäßig akzeptiert, weil es keine praktischen Alternativen zur Durchsetzung einer (vorläufig verweigerten) Akteneinsicht gibt.
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Verwertungsprobleme einer etwaigen illegalen Erhebung von Informationen[29] stellen ein eigenständiges Risiko für die gesamte Berichterstattung dar. Die Informationen, die unter Verstoß gegen die prozessualen Regeln zum Schutz individueller Grundrechte, unter Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht von Arbeitnehmern oder unter Missachtung elementarer Menschenrechte erlangt worden sind, sind unverwertbar (§§ 136a, 160a, 161 II, 477 II StPO). Zwar richten sich die Verwertungsnormen des Strafverfahrensrechtes an die Strafverfolgungsbehörden, lassen also grds. ein privat erlangtes Wissen im Zuge der Internal Investigation unberührt. Da es aber das Ziel der Internal Investigation ist, in gerichtsverwertbarer Weise Informationen zusammen zu tragen und zu würdigen, ist jede illegale Art der Beweisgewinnung angreifbar. Als besonderer Eingriff in Menschenrechte sind die Ausforschung persönlicher Daten und Aufzeichnungen von Arbeitnehmern oder anderen Dritten angesehen worden, die zum Zwecke privater Recherchen ohne Einwilligung eingesammelt wurden.[30] Ob ein für die Verwertung erforderliches unabweisbares Bedürfnis des Arbeitgebers an der Beweisführung zu bejahen ist, kann sich erst anhand einer im Einzelfall darzulegenden Güterabwägung ergeben. So kann bspw. die Aufarbeitung von E-Mail-Verkehr aus betrieblichen Datenspeichern durchaus die Grenzen der Verwertbarkeit erreichen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz grds. auch für die private Nutzung bereitgestellt hat. Dann darf nicht eine „allgemeine Befugnis“ angenommen werden, solche Daten auszuwerten.[31] Von einer (auch nur mutmaßlichen) Einwilligung in die Datenrecherche kann nicht ausgegangen werden.[32] In gleicher Weise sind Informationen aus einer heimlichen, vom Betriebsrat nicht genehmigten Überwachung (§ 87 I Nr. 6 BetrVG, § 6b BDSG) in nicht öffentlich zugänglichen Räumen grundsätzlich unverwertbar.[33] Das Gleiche gilt für Aufzeichnungen von Telefonaten ohne Einwilligung der Verbindungsteilnehmer.[34] Eine Berichterstattung, die auf derartigen Recherchen beruht, ist ebenfalls nicht verwertbar.
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Ist zu erwarten, dass das Vorgehen und die Ergebnisse der Investigation auch Gegenstand von Auskunfts- und Herausgabepflichten des Auftraggebers in einem in- oder ausländischen Zivilprozess oder einem Verwaltungsverfahren sein können, sind die möglichen Informationsschutznormen des Verfahrensrechts mit dem Auftraggeber zu besprechen. Wird bspw. erwartet, dass der Auftraggeber für einen Produktmangel Haftungsforderungen nach US-amerikanischem Produkthaftungsrecht ausgesetzt sein kann, nach dessen Regeln durch ein selbstständiges Vor-Beweisverfahren (sog. pre-trial-discovery)[35] das Wissen des Unternehmens ausgeforscht werden kann, ist die Installierung eines Anwaltsprivilegs (sog. „Attorney-client-privilege“) zu erwägen und ggf. auch zu empfehlen. Auch wenn hierdurch kein umfassender Schutz vor allfälligen Verfahrenskonstellationen ausgelöst werden könnte, sollte Vorsorge vor überraschenden Entwicklungen betrieben werden, um so auch die Projektmitarbeiter und die jeweiligen Berichtsempfänger an einen disziplinierten Umgang mit Informationen zu gewöhnen.
a) Pflichtberichte und freiwillige Berichte
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Jenseits der gesetzlichen Verpflichtungen zur umgehenden Veröffentlichung von kapitalmarktrelevantem Wissen[36] bestehen für jedes in Deutschland gewerblich tätige Wirtschaftsunternehmen des privaten und des öffentlichen Sektors Verdachtsanzeigepflichten gem. § 11 GwG und § 138 StGB, Aufarbeitungs- und Berichtigungspflichten gem. § 153 AO und – branchenabhängig – Pflichten zur Unterrichtung der Aufsichtsbehörden bei Erkenntnissen, die in die jeweiligen Informationspflichten gegenüber diesen Behörden fallen. So können bspw. individuelle Regelungen zur (verwaltungspolizeilichen) Gefahrenabwehr (bspw. Produktsicherheit nach dem PSG (früher GPSG)) bestehen, aber auch Anforderungen, die einer Insolvenzgefahr (bspw. Unterrichtung bei hälftigem Kapitalverlust) vorgelagert sind oder einer gefährlichen Kettenreaktion einer für die Versorgung wichtigen Produktions- und Lieferkette vorbeugen sollen. Zielt der Auftrag zur Internal Investigation auf die Prüfung derartiger Vorgaben ab, dann ist eine sorgfältige aber auch zügige Projektdurchführung und Schlussberichterstattung geboten.
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Der Inhalt eines solchen Pflichtberichtes muss – wenn er von der mit der Investigation beauftragten Projektgruppe erstellt wird, auf alle berichtspflichtigen Details eingehen und vernünftige, rational nachvollziehbare, willkürfreie und der geltenden Rechtslage entsprechende Schlussfolgerungen enthalten. Um dies zu gewährleisten, sollte frühzeitig im Projekt entsprechendes fachliches Know-how gesichert werden. Weiter sollte das Projekt frühzeitig auf die Erkennbarkeit solcher Berichtspflichten ausgerichtet sein.
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Für Ad-Hoc-Berichte werden bspw. folgende meldepflichtige Vorgänge angeführt:[37]
– | Manipulation von Finanzinformationen, |
– | Corporate Misconduct, |
– | Vermögensdelikte mit im Vergleich zur Unternehmenstätigkeit erheblichem finanziellen Schaden, |
– | erhebliche Reputationsschäden bei anderweitigem Bekanntwerden, |
– | kriminelles Verhalten von Mitgliedern des Führungskreises. |
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