Internal Investigations. Dennis Bock
sollte zudem die notwendigen Konsequenzen gegenüber den betroffenen Mitarbeitern ziehen. Konsequenz des Fehlverhaltens kann eine Abmahnung oder sogar Entlassung, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen oder eine andere Maßnahme (wie z.B. Versetzung) sein. Lassen die aufgedeckten Verstöße auf einen Fehler in der Unternehmensorganisation oder im bestehenden Compliance-System schließen, so sollte die Unternehmensorganisation überarbeitet und das Compliance-System angepasst werden, damit zukünftige Verstöße vermieden werden.
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Diese drei Maßnahmen sind Teil der allgemeinen Compliance-Verpflichtung. Geht man nicht von einer rein präventiven Funktion der Compliance aus, sondern definiert Compliance weiter auch als Sicherstellung des gesetzestreuen Verhaltens eines Unternehmens,[1] so gehört auch die Reaktion auf Verstöße und die Anpassung des aktuellen Systems zur Compliance, wie auch das Siemens/Neubürger-Urteil zeigt.[2]
2. Einschaltung staatlicher Behörden
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Bei der Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden sind zwei Konstellationen zu unterscheiden. Es ist von großer Bedeutung für die Handhabung der Informationsweitergabe durch das Unternehmen, ob staatliche Behörden, seien es die Kartellbehörden oder die Staatsanwaltschaft, bereits Kenntnis von Verstößen erlangt und daraufhin Ermittlungen gegen das Unternehmen bzw. dessen Angehörige eingeleitet haben oder ob das Unternehmen proaktiv die Behörden erst über festgestellte Verstöße in Kenntnis setzt.
a) Keine Verpflichtung zur Meldung
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Zu den in Betracht kommenden Aufklärungsmaßnahmen zählt auch die Option, den Verdachtsfall gegenüber den staatlichen Ermittlungsbehörden anzuzeigen. Seiner Aufklärungspflicht kann sich der Vorstand auf diesem Wege allerdings nicht entledigen, da staatliche Behörden nicht im Auftrag des Unternehmens tätig werden. Vielmehr bedarf es in aller Regel auch weiterhin einer eigenen internen Untersuchung, um ein angemessenes Informationsniveau zu schaffen und risikoadäquate Handlungs- und Kooperationsstrategien entwickeln zu können.[3]
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Ob eine Anzeige als Aufklärungsoption in Frage kommt, entscheidet sich wiederum nach den vom Unternehmensinteresse getragenen Erfolgsaussichten. Zu berücksichtigen ist dabei einerseits, dass staatliche Behörden über ein umfangreiches Instrumentarium an Eingriffs- und Zwangsmöglichkeiten verfügen, die im Unternehmen gerade nicht zur Verfügung stehen. Andererseits ist zu bedenken, dass bei staatlicher Ermittlungstätigkeit eine planvolle Lenkung der Untersuchung im Unternehmensinteresse kaum mehr möglich ist.[4] Bei Wettbewerbsverstößen ist außerdem die kartellrechtliche Kronzeugenregelung in Betracht zu ziehen, die einen vollumfänglichen Erlass des drohenden Bußgeldes ermöglicht.[5]
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Im Falle einer gesetzlichen Anzeigepflicht reduziert sich das Ermessen des Vorstands auf Null, sodass der Verdacht eines betrieblichen Rechtsverstoßes im erforderlichen Umfang aufzuklären und bei Bestätigung anzuzeigen ist.[6] Eine Anzeigepflicht existiert etwa gem. § 138 StGB bei schweren Verbrechen (z.B. Mord, Totschlag, Raub), sofern der Erfolg noch abgewendet werden kann, im Falle eines auf Tatsachen gestützten Verdachts der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung (§ 11 GWG) sowie eines Insidergeschäftes oder einer Marktmanipulation (§ 10 WpHG) und gem. § 153 AO auch für die Erkenntnis, dass die betriebliche Steuererklärung unrichtig oder unvollständig ist.
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Im Einzelfall kann sich unabhängig von den genannten gesetzlichen Anzeigepflichten die Möglichkeit zur Anzeige auch zu einer Anzeigepflicht verdichten. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass sich das grundsätzlich bestehende Auswahlermessen im Hinblick auf das "Wie" der Aufklärung dann zu einer Pflicht verdichten könne, eine bestimmte Aufklärungsmethode zu wählen, wenn andere Formen der Aufklärung nicht den gebotenen Erfolg versprächen.[7] In der Rechtsprechung ist diese Frage bislang nicht abschließend geklärt. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf[8] hat der Aufsichtsrat insbesondere in einer Krisensituation alle ihm nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen. Insbesondere in Fällen, in denen die dem Unternehmen selbst zur Verfügung stehenden Aufklärungsmethoden nicht zu einer hinreichenden Klärung ausgereicht haben und gleichzeitig dem Unternehmen deswegen ein erheblicher Schaden droht, dürfte daher eine Pflicht der Unternehmensleitung bestehen, den Sachverhalt über den Weg der Strafanzeige weiter aufzuklären.
b) Laufendes Ermittlungsverfahren
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Läuft hingegen bereits ein behördliches Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen oder seine Angehörigen, so wird den Unternehmen häufig anzuraten sein, mit den Behörden zu kooperieren. Die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden kann das Strafmaß im Falle einer Verurteilung oder drohende Unternehmensgeldbußen erheblich reduzieren. Das Kartellrecht sieht hierfür beispielsweise „Kronzeugenregelungen“ bzw. „Bonusregelungen“ vor, wodurch die Geldbuße der kooperierenden Unternehmen verringert werden kann.[9] Für die Unternehmensleitung ist auch zu berücksichtigen, dass die Behörden aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel in aller Regel die begangenen Verstöße aufdecken werden, wenn ein Ermittlungsverfahren erst einmal begonnen hat. So lassen sich bei Korruptionshandlungen die Zahlungsflüsse häufig unproblematisch den vorhandenen Buchhaltungsunterlagen entnehmen. Zudem bestehen regelmäßig keine Beschlagnahmeverbote zugunsten des Unternehmens, sodass die aufgefundenen Unterlagen von der Staatsanwaltschaft verwertet werden können. Schließlich steht den Gesellschaftsorganen auch kein Aussageverweigerungsrecht zu, es sei denn, sie belasten sich durch eine Aussage selbst.
c) Freiwillige Meldung von Verstößen durch Unternehmensleitung
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Haben die Behörden hingegen noch keine Kenntnis von den Verstößen, so stellt sich der Unternehmensleitung die Frage, ob eine Meldung an die Behörden dennoch angezeigt ist. Eine Pflicht hierzu besteht jedenfalls grds. nicht (Rn. 191). Die grds. Berechtigung der Unternehmensleitung zur Meldung an die Behörden richtet sich nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen, also insbesondere der Leitungssorgfaltspflicht aus §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 1 GmbHG. Die Unternehmensleitung ist stets dem Gesellschaftswohl, also insbesondere dem Bestand und der Rentabilität des Unternehmens,[10] verpflichtet. Die Beurteilung, ob eine Kooperation mit den Behörden oder das Zurückhalten jeglicher Informationen besser für die Wahrung des Unternehmenswohls geeignet ist, steht im Ermessen der Leitungsorgane. Hier gilt die Business Judgement Rule nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG bzw. einer dementsprechenden Auslegung des § 43 Abs. 1 GmbHG. Bei der Abwägung der Risiken und Vorteile einer Information der staatlichen Behörden für das Unternehmen sollte die Unternehmensleitung insbesondere die Art des Verstoßes und das Risiko der anderweitigen Kenntniserlangung durch die Behörden in den Blick nehmen. Korruptionsvergehen können beispielsweise bei einer Steuerprüfung ans Licht kommen, da bei Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für eine Straftat das Finanzamt zu einer Meldung an die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist. Für eine Meldung an die Behörden kann in einem solchen Fall sprechen, dass dem Unternehmen bei einer Kooperation eine „Bonusregelung“ und ggf. eine Milderung der Unternehmensgeldbuße zugute kommen kann. Häufig wird ein Unternehmen versuchen, einen „Deal“ mit den Behörden abzuschließen.[11] Besteht jedoch nur eine sehr geringe Gefahr, dass die Behörden überhaupt von den Verstößen erfahren könnten, so wird es in aller Regel zweckmäßig sein, von einer Mitteilung an die Behörden abzusehen. Ob eine Meldung an die Behörden im Interesse des Unternehmens ist, wird jedoch regelmäßig von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängen.
3. Weitergabe an Geschäftspartner