Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Alexandra Lavinia Zepter

Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ) - Alexandra Lavinia Zepter


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Tragen kommen.

      Der dritte Anforderungsbereich richtet sich schließlich auf Reflexion und Problemlösung. Hierzu gehören u.a. die Operatoren deuten, beurteilen, bewerten, begründen, kritisch Stellung nehmen, argumentieren, und im Kontext von schriftlicher Problemlösung z. B. einen eigenen Text entwerfen, planen und gestalten.

      Die Aneignung von Operatoren bzw. von für die WissensaneignungWissensaneignung und WissensvermittlungWissensvermittlung relevanten sprachlichen Handlungen – und damit u.a. die Fähigkeit, Sachverhalte zu erklären, zu beschreiben, ein Urteil zu begründen, für eine bestimmte Position zu argumentieren etc. – wird als Schlüssel für schulischen Lernerfolg erachtet. Dementsprechend stehen Operatoren/Sprachhandlungen im curricularen Fokus.

      Dabei übt man in der Primarstufe im Deutschunterricht insbesondere das Erzählen und die damit verbundenen Handlungskomponenten zunächst medial mündlich, dann schriftlich. Auf der Schwelle zur Sekundarstufe kommt das mündliche und schriftliche Beschreiben hinzu, später das mündliche und schriftliche Argumentieren mit allen involvierten sprachlichen Teilhandlungen. Einige der Unterrichtsvorschläge in diesem Lehr-/Praxisbuch fokussieren auf die Förderung einzelner Operatoren sowie der damit jeweils verbundenen sprachlichen Mittel: ErzählenErzählen (Kapitel 5, 6), BeschreibenBeschreiben und InterpretierenInterpretieren (Kapitel 19), ArgumentierenArgumentieren (Kapitel 7).

      Abschließend lässt sich in Bezug auf die in diesem Abschnitt verhandelten Zusammenhänge festhalten, dass es bei den skizzierten sprachwissenschaftlichen und sprachphilosophischen Perspektiven auf die Begriffe Performanz und Performativität vorrangig darum geht, den allgemeinen und äußerungsspezifischen Handlungscharakter von Sprache und Sprechen an sich zu analysieren. Performativ wird als Attribut zu Sprache bzw. zu bestimmten sprachlichen Äußerungen angewandt, um auszudrücken, dass diese sprachlichen Äußerungen eine spezifische Form des Handelns darstellen. Sprache/Sprechen wird grundlegend in Bezug zu Handeln gesetzt:

      Abb. 1.7:

      Performanz und performativ in der sprachwissenschaftlichen Theoriebildung

      Wohlgemerkt geschieht dies bei Austin und Searle noch, ohne ein ganzheitliches – kognitive und körperlich-sinnliche sowie ästhetische Dimensionenästhetische Dimension mit einbeziehendes – Verständnis von Sprache, Sprechen oder Handeln zu entwickeln. Letzteres begegnet uns erst im Rahmen von anderen fachtheoretischen Verhandlungen von Performativität, u.a. im Kontext von Ästhetik-, Kunst- und Theatertheorien, auf die wir im folgenden Abschnitt eingehen.

      1.3 Performativität im Kontext von KunstKunsttheorien- und TheatertheorienTheatertheorien

      Im Kontext von Kunst- und Theatertheorien findet sich eine andere Verwendung von Performativität, die dem Bedeutungskern des Handelns gleichfalls treu bleibt, weiterführend aber doch eine andere Richtung einschlägt. Hilfreich, um die sprachwissenschaftliche und die theatertheoretische Perspektive zueinander in Bezug zu setzen, ist eine Unterscheidung, auf die Hempfer (2011: 14) und ihn aufgreifend Hudelist (2017: 12) aufmerksam machen: Im Englischen kann performance sowohl ‚AusführungAusführung‘ als auch ‚AufführungAufführung‘ bedeuten. (Diesbezüglich sei an die Abb. 1.3 in Kap. 1.1 erinnert. Unter den dort aufgeführten Bedeutungen des englischen Verbs to perform findet sich neben ‚ausführenausführen‘ auch ‚vorführenvorführen‘ – im Sinne von ‚aufführenaufführen‘.) Bei der im letzten Abschnitt (1.2) thematisierten Auffassung von Austin und Searle über den Handlungscharakter sprachlicher Äußerungen ist ausschließlich Ersteres gemeint. Wenn also z. B. Searle Äußerungen auch als performances bezeichnet, dann geht es ihm um das Ausführen einer sprachlichen Handlung, nicht um das Aufführen im Sinne der Vorführung einer Handlung vor anderen auf einer Bühne.

      Die Aufführung bzw. Vorführung wird jedoch zu einem zentralen Kriterium in kunst- bzw. theaterwissenschaftlichen Perspektiven auf den Begriff der Performativität. Entscheidend in diesen Fachdiskursen ist, dass der Ausgangs- und Ankerpunkt für die Attribuierung von performativ nicht mehr (nur) die sprachliche Äußerung ist. Performativ wird nun (breiter) auf bestimmte Prozesse und Formen von Kunst, Kunstwerken und Kultur bezogen – und in diesen Zusammenhängen auch auf besondere Formen des künstlerisch-kreativen Handelns sowie des ästhetischen Erlebens und Erfahrens, die den gesamten Körper miteinbeziehen.

      Abb. 1.8:

      Performative Kunstperformative Kunst

       Körp erKörper , körperlich-sinnliche Dimension enkörperlich-sinnliche Dimensionen

      Körper kann sich im Prinzip auf die materielle/physische Substanz und den Raumumfang von Objekten und Gegenständen aller Art beziehen. Wir meinen in diesem Lehr- und Praxisbuch in der Regel aber stets den menschlichen Körper in seiner lebendigen und vom Menschen selbst (leiblich) erlebten Form.

      Dieser menschliche Körper integriert grob gefasst drei verschiedene (körperlich-sinnliche) Dimensionen (vgl. Zepter 2013):

      1 Die Dimension der SinneSinne bzw. der sinnlichen Wahrnehmung. Traditionell werden fünf Sinne unterschieden: die visuelle Wahrnehmung (Sehen), die auditive WahrnehmungWahrnehmung (Hören), die olfaktorische Wahrnehmung (Riechen), die gustatorische Wahrnehmung (Schmecken) und die taktile Wahrnehmung (Fühlen über die Haut). Relevant ist aber auch die propriozeptive Wahrnehmung (die Eigenwahrnehmung); sie bezieht sich auf die Wahrnehmung des eigenen Körpers, dessen Haltung, Stellung im Raum und dessen Bewegungen.

      2 Die Dimension der MotorikMotorik, die alle Bewegungen des Körpers bzw. einzelner Körperteile umfasst.

      3 Die Dimension der EmotionenEmotionen (vgl. detaillierter u.a. Holodynski 2006).

       Ästhetische Erfahru ngästhetische Erfahrung

      Ästhetische Erfahrung wird in zahlreichen kunst- und theatertheoretischen Diskursen und oft auch in unserem alltäglichen Sprachgebrauch thematisiert; eine genaue Definition ist aber kaum möglich, da der Begriff des Ästhetischen äußerst vielschichtig ist und (ähnlich wie der Begriff der Performativität) in diversen Fachdiskursen aus unterschiedlichen Perspektiven verhandelt wird.

      Wir folgen hier im Wesentlichen Brandstätter (2012/2013):

      In einem engeren Begriffsverständnis bezeichnet ästhetische Erfahrung das, was wir im Rahmen der sinnlichen Wahrnehmung von Kunst bzw. Kunstwerken erfahren. Solche auf Kunst gerichteten sinnlichen Wahrnehmungen können sich sowohl im Zuge der Kunstrezeption ereignen (→ ich betrachte ein Bild, das ich nicht selbst gemalt habe; ich höre ein Musikstück von meiner Lieblingssängerin etc.) als auch im Kontext der Kunstproduktion (→ ich komponiere ein Musikstück und in diesem Prozess halte ich inne und höre mir das bereits Komponierte an etc.).

      Brandstätter (2012/2013) betont, dass begrifflich weiter gefasst nicht nur der Umgang mit ausgewiesenen Kunstwerken, sondern auch alltägliche Begebenheiten Anlässe für ästhetische Erfahrungen bieten können. Wesentlich für eine ästhetische Erfahrung ist u.a., dass die sinnliche Wahrnehmung:

      1 ganzheitlich körperlich vollzogen wird: Dass also ggf. mehrere Sinne (z. B. bei einem Musikstück Hören und Propriozeption) und auch die Dimension der Emotionen die Erfahrung gemeinsam konstituieren;

      2 nicht einseitig zweckorientiert ist: Dass also die ästhetische Erfahrung quasi sich selbst genügt und als solche auch wahrgenommen wird. Ich muss z. B. das, was ich akustisch höre, als Musik erleben und empfinden bzw. wertschätzen; oder ich muss einen Text, den ich lese, als eine Form von Literatur/Kunst erfahren und wertschätzen und nicht nur als eine einfache Quelle für Sachinformationen.


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