Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik. Группа авторов
(Caspari 2019). Es ist insofern interessant, dass erst jetzt in der englischsprachigen Welt der Fremdsprachendidaktik die Forderung nach systematischer historischer Forschung geäußert wird (Smith 2015), die etwa auch in der Romania schon lange im Rahmen von SIHFLES (Société Internationale pour l’Histoire du Français Langue étrangère ou seconde) oder CIRSIL (Centro Interuniversitario di Ricerca sulla Storia degli Insegnamenti Linguistici) erfolgt.
Die Einflüsse auf die fremdsprachendidaktische Forschung in Deutschland stammen aus unterschiedlichen Feldern. Durch die feste Verankerung der Fremdsprachendidaktik in der Lehrerbildung ergeben sich Schnittmengen mit der bildungswissenschaftlichen Forschung und der in anderen Fachdidaktiken. Der Aufstieg der empirischen Bildungsforschung hat auch in der Fremdsprachendidaktik Wirkungen entfaltet. Zudem geschieht Forschung heute stärker als noch vor einigen Jahrzehnten in größeren Verbünden; das DESI-Projekt (Deutsch-Englisch-Schülerleistungen-International) ist dafür ein Beispiel. Eine größere Kooperation gibt es auch über die Grenzen einzelner Fachdidaktiken hinweg; ab 2015 ist dies häufiger im Rahmen von Verbundprojekten der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (gefördert durch das BMBF) der Fall (s. Kap. 8). Für die fremdsprachendidaktische Forschung sind auch die Initiativen und Aktivitäten des IQB (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen) von großer Bedeutung, mit denen etwa eine Entwicklung und empirische Validierung von fachspezifischen Aufgaben erfolgt, die in den Schulen die Erreichung der Bildungsstandards fördern und überprüfen sollen. Fremdsprachendidaktische Forschung war auch schon früher mit Innovationen und Entwicklungen im Schulwesen eng verknüpft. Insbesondere die Einführung des Englischunterrichts in der Grundschule führte in den 1970er (Doyé/Lüttge 1977) und frühen 1990er Jahren (Kahl/Knebler 1996) zu wichtigen Forschungsarbeiten.
Wie geforscht wird und geforscht werden kann, hängt nicht zuletzt auch mit den vorhandenen Infrastrukturen zusammen. Die fremdsprachendidaktische Forschung hat vor allem von der Etablierung von Professuren in den letzten fünfzig Jahren profitiert, aber auch von der Einrichtung des DFG-Schwerpunkts „Sprachlehrforschung“ und der Graduiertenkollegs der DFG. Zwölf Jahre lang, von 1991 bis 2003, bestand das GraduiertenkollegGraduiertenkolleg Didaktik des Fremdverstehens an der Justus-Liebig-Universität Gießen und hat durch seine Absolvent*innen, von denen weit mehr als ein Dutzend erfolgreich die Wissenschaftler*innenlaufbahn eingeschlagen haben, die deutsche Forschungslandschaft der fremdsprachendidaktischen Fächer in den vergangenen zwanzig Jahren nachhaltig geprägt. Offenbar gehen eine intensive Nachwuchsförderung und ein bedeutsamer Forschungs-Output Hand in Hand, wie ein Blick in die Zusammenstellung von Sauer (2006) zeigt. Universitäten, an denen zahlreiche Dissertationen und Habilitationsschriften entstanden sind (vgl. Sauer 2006: 75–109) – etwa Gießen, Bielefeld, Hamburg, München und Berlin – können auch als forschungsstark angesehen werden, wenngleich nicht immer in allen fremdsprachendidaktischen Fächern.
Der Blick zurück zeigt eine Reihe von parallel und sukzessive verlaufenden Entwicklungen sowie einige Konstanten. Die fremdsprachendidaktische Forschung hat sich in den letzten 130 Jahren von den Lehrern auf die Wissenschaftler*innen an Universitäten und Hochschulen verlagert. Neben die Inhalts- und Lehrperspektive ist zunehmend die Lernperspektive als Forschungsgegenstand getreten. Historische und theoretische Forschungsansätze haben zwar an Bedeutung verloren, sind jedoch keineswegs völlig obsolet. Diesen Verschiebungen im Fokus fremdsprachendidaktischer Forschungsaktivitäten stehen die Konstanten gegenüber, die sich etwa in den Forschungsfragen zeigen, von denen sich viele – zwar im jeweiligen Zeitraum anders formuliert und fokussiert – mit der Sinnhaftigkeit bestimmter Lehr-/Lernziele oder der Wirksamkeit einzelner unterrichtlicher Maßnahmen befassen. Auch die Analyse von Lehr- oder Lernmaterialien ist ein immer wieder aufgegriffenes Forschungsthema. Der Blick in diese reiche Tradition lohnt sich auch heute und in Zukunft.
› Literatur
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