Apitherapie. Christian Schmid
unser Land ist von besonderer Bedeutung, dass der österreichische Forscher Freiherr Karl von Frisch den Nobelpreis erhielt, weil er die Bedeutung des Schwänzeltanzes der Biene erklären konnte.
Karl von Frisch (© Wikimedia Commons, Atelier Veritas)
St. Gilgen, Karl von Frisch (© Wikimedia Commons, Foto Szojak)
Für seine Leistungen wurde er 1973 gemeinsam mit Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geehrt.
Mit der Auszeichnung wurden „ihre Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von individuellen und sozialen Verhaltensmustern“ gewürdigt.
Die Begegnung mit der Biene hat mich zu vielen Menschen geführt, die sich auf faszinierende Weise mit den Wundern der Schöpfung beschäftigen. Das hat mich in einen Bann gezogen, der mir die Vielschichtigkeit des Themas Bien bewusst gemacht hat. Der Organismus Bienenvolk übersteigt mit seiner Schwarmintelligenz bei Weitem die Fähigkeiten des Einzelindividuums, in der die scheinbare Opferfreude der einzelnen Biene dem Gemeinwohl dient.
Ich beobachte seit geraumer Zeit nicht nur die Lebensweise und die Eigenheiten der Biene. Ich habe entdeckt, dass dieses kleine Tier nicht nur Köstlichkeiten schafft, die unseren Gabentisch mit Süße würzen, sondern wirklich ALLES, was dieses Wesen erzeugt, einen Beitrag zu unserem Wohl und unserer Gesundung liefert.
Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum ich mich seit vielen Jahren mit dem Thema Apitherapie beschäftige.
Viele Imker sehen nur die Produktion eines Lebensmittels, das ohne Zweifel von hohem Wert ist.
Mir liegt es am Herzen, nicht nur den Genuss des Honigs zu fördern, sondern die gesundheitliche Bedeutung der unterschiedlichen Produkte des Biens aufzuzeigen und damit auch betriebswirtschaftliche Aspekte zu beleuchten, die nicht unbedingt einen direkten monetären Nutzen für unsere kleinteiligen Imkereibetriebe erzeugen, sondern unsere Fachkompetenz in der Beratung und der Betreuung von hilfesuchenden Menschen stärkt und uns so zu einer echten Alternative zum Supermarkt macht.
Ein Bienenstand am Dach der TU Wien (oben) und eine Bienenhütte auf dem Gelände einer Schule (unten): Viele Einrichtungen halten heutzutage Bienen.
Bienenstand in Aigen/Kirchschlag zum Sammeln von Waldhonig
In diesem Sinne versuche ich, nicht nur die verschiedenen Produkte der Biene näher zu beleuchten und vieles, was in der Volksmedizin in einem historischen Gedächtnis vielleicht sogar in Vergessenheit geraten ist, wieder zu Tage zu fördern. Mir ist es ein Anliegen, auch neue Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen und eine Zusammenschau zu gestalten, die mit verschiedenen falschen Ansichten über Bienenerzeugnisse aufräumen möchte.
Ich werde mich den verschiedensten apitherapeutischen Möglichkeiten und Ansätzen widmen, die von nahezu jedem Imker auch umgesetzt werden können. Die vorliegenden Zeilen sollen aber auch eine Hilfe für Menschen sein, die versuchen, die Schätze des Biens für sich zu bergen.
Daher wendet sich diese Publikation sowohl an Imker, um ihnen den Wert ihrer Bienenprodukte vor Augen zu führen, als auch an alle Anwender von Bienenprodukten, die nicht nur Honig genießen wollen, sondern auch andere therapeutische Produkte des Bienenvolkes wertschätzen.
Dieser Weg soll die Praxistauglichkeit der Apitherapie im täglichen Leben aufzeigen und Bienenprodukte auf einen Sockel heben, der weithin sichtbar macht, wie viel wertvolles Potential so nahe liegt.
Es gibt leider im Bereich der Apitherapie nicht so viel wissenschaftliche Literatur. Diese populärwissenschaftliche Zusammenstellung soll einerseits einen Impuls geben, um verschiedene Wirkungsweisen der Produkte aus dem Bienenvolk mehr zu erforschen, andererseits soll sie aber Erfahrungen mit der Apitherapie aufzeigen, die unzählige Anwender bestätigen werden. Nach dem österreichischen Gesetz ist es nur Ärzten und Apothekern erlaubt, gesundheitsbezogene Angaben zu machen. Daher dürfen auf Etiketten keine Heilwirkungen von Bienenprodukten ausgelobt werden!
Es liegt mir besonders am Herzen, dass Apitherapie nicht in den Bereich der Alternativmedizin gerückt wird.
Einige, die die Schulmedizin ablehnen, sehen allein in der Alternativmedizin die Lösung ihrer Probleme. Dabei ist bekannt, dass dieser Bereich der Medizin oft auf nichtwissenschaftlichen Methoden und Ansätzen beruht, die in den Bereich der Esoterik gehören. Therapieerfolge sind da oft nur Placeboeffekte.
Es ist außerdem gefährlich, sich nur auf traditionelle Naturheilmittel zu verlassen.
Apitherapie ist die leistungsfähigste und zugleich älteste Naturheilmethode des Menschen. Sie entwickelt sich im Bereich der Komplementärmedizin1 zu einer wichtigen Ergänzung zur Schulmedizin.
Mit Bienenprodukten werden mehr als 800 Krankheiten geheilt, verhütet und in schweren Fällen zumindest positiv beeinflusst – und es sind keine prinzipiellen negativen Nebenwirkungen bekannt. (Bengsch, Studie über das Potenzial der biomedizinischen Wirksamkeit von inhalierter Bienenluft, 2010)
Bienenschwarm – die natürliche Vermehrung eines Bienenvolkes
Die Schulmedizin hat uns nachweislich eine Erhöhung der Lebenslänge und noch dazu der Lebensqualität gebracht.
So hatte ein Mann, der 1868 geboren wurde, eine durchschnittliche Lebenserwartung von 32,69 Jahren und eine Frau von 36,20 Jahren.
Im Jahr 2017 hat ein 60-jähriger Mann noch durchschnittlich 22,27 Jahre vor sich und eine 60-jährige Frau noch 25,74 Jahre. (statistik.at, 2018)
Die Schulmedizin hat uns also in nur 150 Jahren die Lebenszeit fast verdreifacht. Warum kann man das sagen? Nun, die Naturheilmittel gab es 1868 auch schon, aber moderne Operationsverfahren, Heilmethoden, Medikamente und Hygiene entwickelten sich rasant weiter und haben zu eben diesem Ergebnis geführt.
In der Apitherapie kommen hochwirksame Stoffe zur Anwendung, die nachweislich funktionieren. Ähnlich wie in der Phytotherapie2 haben wir dabei sehr wertvolle Möglichkeiten zur Verfügung, die im Rahmen der ganzheitlichen Medizin eine Ergänzung der Schulmedizin darstellen und unbedingt gemeinsam verfolgt werden sollen.
1Komplementärmedizin wird gemäß dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz als anderer Zugang zu medizinischen Themen verstanden, die in der Ganzheitsmedizin, integrativen Medizin oder Naturheilkunde anzusiedeln sind, und wird nicht als Alternative zur Schulmedizin gesehen, sondern als wertvolle Ergänzung.
2Phytotherapie ist die Wissenschaft von der Anwendung pflanzlicher Heilmittel bei kranken Menschen. Z. B. sind Tollkirsche und Eisenhut hochwirksame pflanzliche Wirkstoffe.
BEGRIFFE DER APITHERAPIE
Apitherapie leitet sich von zwei Begriffen her, dem lateinischen Wort für Biene Apis und Therapie. Letzterer stammt aus dem griechischen (Θεραπεία) und bedeutet Dienst, Pflege, Heilung und meint alle Maßnahmen, die darauf abzielen, Behinderungen, Krankheiten und Verletzungen positiv zu beeinflussen.
Auch die Vorbeugung von krankhaften Störungen kann als Therapieansatz verstanden werden. Das spielt bei vielen Bienenprodukten eine wesentliche Rolle. Wenn wir daran denken, dass Propolis eine reinigende