Apitherapie. Christian Schmid
rasch verfügbare Energie spendet, was eine allgemeine körperliche Stärkung zur Folge hat, ähnlich wie Honig.
Apitoxin (Bienengift) ist bei vielen der gefürchtetste Wirkstoff aus dem Bienenvolk. Das stammt sicher von den Schmerzen, die ein Stich verursachen kann, vielleicht auch von den Schwellungen. Entstellte Imkergesichter werden mit großem Mitleid belohnt. In Wirklichkeit ist Bienengift eines der wertvollsten Heilmittel aus dem Bienenvolk.
Blütenpollen sammeln die Bienen von verschiedenen Trachtpflanzen. Interessant ist dabei, dass Bienen beim Nektarsammeln blütenstet (blütentreu) sind. Pollen sammelt jedes Volk allerdings in einer Vielfalt, die möglichst bunt sein soll. Das stellt besonders im intensiv landwirtschaftlich genutzten Bereich eine Herausforderung dar, weil dort die Diversität verlorengeht und der Gabentisch des Biens sehr einseitig und fade ist.
Milchsäurevergorener Blütenpollen ist die wertvollste Möglichkeit, diese pflanzliche Eiweißquelle zu nutzen, und wird als Bienenbrot oder Perga bezeichnet.
Honig wird meistens als Nahrungsmittel verstanden. Er ist in der Ernährungspyramide als reiner Zucker ganz an der Spitze angeordnet und damit nur als „Gewürz“ zum äußerst sparsamen Gebrauch empfohlen.
Honig als Apitherapeutikum ist wenig bekannt und seine Wirkung auf den Körper wird oft falsch eingeschätzt. Es gilt, die vielen Irrmeinungen dazu auszuräumen.
Propolis ist ähnlich wie Honig oder Perga ein von den Bienen verarbeitetes Produkt.
Waldhonigernte in St. Corona am Wechsel
Bienen sammeln Harz von Bäumen und fermentieren es. So entsteht ein Mittel, das nicht nur gegen Bakterien, sondern auch gegen Viren und Pilzsporen wirksam ist. Antibiotika haben eine schmale Wirkungsbreite, erzeugen Resistenzen und oft quälende Nebenwirkungen. Nicht so Propolis. Das ist allseits bekannt geworden und hat in der Volksmedizin Einzug gefunden. Allerdings bedenkt kaum jemand, wie wichtig es ist, Propolis aus biologischer Betriebsweise zu verwenden; darauf werden wir im Hauptteil ausführlich eingehen.
Bienenwachs produzieren Arbeiterbienen in ihren Wachsdrüsen. Wachs war in früherer Zeit ein sehr wertvolles, vor allem im sakralen Bereich verwendetes Mittel. Kerzen für die liturgische Verwendung stellten einen wesentlichen Grund dafür dar, warum viele Klöster oder auch Priester in den dörflichen Kirchengemeinden Bienen hielten.
In der Moderne hat Bienenwachs eine Renaissance erlebt. Nicht nur der Duft von Bienenwachskerzen macht diesen Stoff begehrlich. Wachs wird auch industriell in vielen Bereichen verwendet. Einen weitaus größeren Bedarf hat natürlich die Pharmaindustrie, die Bienenwachs in unzähligen kosmetischen Produkten verarbeitet.
Bienenluftatmen ist ein sehr neuer apitherapeutischer Ansatz. Die Luft aus dem Bienenstock hat interessante Wirkungen – nicht nur auf die Atemorgane des Menschen, sondern auch bei anderen chronischen Erkrankungen.
Die in Österreich entwickelte Therapie weckte in unserem Nachbarland Deutschland eifersüchtige Reaktionen in medizinischen Kreisen, darauf will ich im Hauptteil eingehen.
Schlussendlich möchte ich noch zwei Produkte aus dem Bienenvolk erwähnen, die ebenfalls unterschiedliche Anwendungen gefunden haben:
Gelée Royale, zu Deutsch Weiselsaft, und das weniger bekannte Apilarnil als männliches Pendant dazu.
Wahre Wunderwirkungen werden dem Gelée Royale zugeschrieben. Bei den Bienen bewirkt es das besondere Wachstum und die schnelle Entwicklung der Königin, die ansonsten genetisch identisch mit „normalen“ Arbeiterbienen wäre.
Es soll verjüngend wirken, schön machen, Energie spenden und Krebs heilen. Diese Wirkungen auf den Menschen sind wissenschaftlich nicht evidenzbasiert erforscht und es gibt kaum klinische Studien über Gelée Royale. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum ich in meiner Arbeit auf Details darüber verzichte.
Produkte der Biene: Cremehonig mit Trüffel und Buchweizenhonig auf Stoffen, aus denen Wachstücher hergestellt werden.
Für die Produktion von genetisch wertvollen Königinnen mit guten Eigenschaften, ist die Zucht von Königinnen in meinen Augen legitim.
Ein wesentlicher Grund ist die Produktionsmethode. Bienenvölker ihrer Königin zu berauben, um ein Volk in Zuchtstimmung zu versetzen, ist beim höchsten Standard der Bio-Imkerei (Demeter) verpönt und verboten.
Meines Erachtens ist dieser Ansatz aber zur Produktion von genetisch wertvollen Königinnen mit besonderen Eigenschaften, wie Sanftmut oder Varroatoleranz, legitim. Aber nur um ein Mittel zu erzeugen, das geheimnisvolle Wirkungen haben soll, die allesamt nicht erforscht sind, ist eine Art der Tierhaltung, die an Schweinemastbetriebe oder massenhafte Geflügelhaltung erinnert und aus Gründen der Tierethik keinen Platz haben sollte.
Ein weiterer Grund für meine Ablehnung gegen Gelée Royale ist die Herkunft. Die kleinteilige Imkerei in Österreich (wie in vielen anderen europäischen Ländern) führt dazu, dass diese Betriebe sich nicht mit der Herstellung von Weiselsaft beschäftigen können. Daher kommt Gelée Royale fast ausschließlich aus China. Was in diesem Land nachweislich mit Honig- und Wachsverfälschung passiert, lässt vermuten, dass auch dort produziertes Gelée Royale keine Standards erreicht, die für medizinische oder kosmetische Anwendungen erforderlich sind.
Umlarven – ein wesentlicher Arbeitsschritt in der Königinnenzucht
Der Begriff Apilarnil wurde von einem rumänischen Imker erfunden. Nicolae Iliesiu beobachtete, dass sich Entenküken schneller entwickelten, wenn sie Drohnenbrut als Futter bekamen. Das ist natürlich kein überraschendes Ergebnis. Natürlich beschleunigt Eiweißfutter die Entwicklung, verglichen mit Mais oder anderem Getreide, das üblicherweise gefüttert wird.
Insekten als Nahrung (insbesondere als Eiweißquelle) hat in anderen Erdteilen eine lange Tradition. Am 1. Jänner 2018 ist in der EU eine Verordnung zu „Novel Food“ in Kraft getreten, in der Insekten als „neuartige“ Lebensmittel nun auch auf unseren Esstisch kommen. Neue Regale in Supermärkten mit getrockneten Mehlwürmern, Grillen oder Grashüpfern sind nur eine Seite dieser Entwicklung.
Königin im Bienenstock
Burger oder andere verarbeitete Junknahrung mit Insekten statt Fleisch werden bald en vogue sein.
Apilarnil soll die Potenz fördern, ein natürliches Dopingmittel sein, aber auch den Alterungsprozess verlangsamen und bei Stoffwechselkrankheiten helfen. Das macht es natürlich für viele Menschen interessant.
Die Herstellung von Apilarnil durch Auspressen von Drohnenbrut und Gefriertrocknen des Larvenblutes macht das Mittel nicht besonders anziehend. In speziellen Fällen mag es medizinische Indikationen für dessen Anwendung geben und ich höre auch von positiven Ergebnissen bei schweren chronischen Erkrankungen.
Bienenkönigin mit Arbeiterinnen (© Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, Waugsberg)
Trotzdem sehe ich mich nicht genötigt, Apilarnil einer breiten Anwendung zuzuführen.
Ähnlich wie bei Gelée Royale verzichte ich daher in meiner Zusammenschau über Apitherapie auf eine genauere Beleuchtung von Apilarnil und denke, dabei nicht dem Vorwurf der Unvollständigkeit anheim zu fallen.