Die Welt der 1000 Abenteuer - Das Vermächtnis des Zauberers. Jens Schumacher
halbe Dorf ist zusammengekommen, um euch zu verabschieden. Begeisterte »Hoch lebe Bolko!«-Rufe ertönen, Hüte werden in die Luft geschleudert, Taschentücher geschwenkt. Niemand scheint daran zu zweifeln, dass ihr schon bald mit den Bruchstücken des dringend benötigten Zauberstabs zurück sein werdet …
Bevor es losgeht, beschreibt Marlara euch, wie der Zauberstab König Zardrus einst aussah, damit ihr die drei Bruchstücke erkennen könnt. Darüber hinaus gibt sie euch ein paar wichtige Ratschläge mit auf den Weg: »Leider ist kaum etwas darüber bekannt, wo sich die Teile des Stabs heute befinden. In Sloggart, einer Stadt wenige Tagesreisen von hier, lebt jedoch ein alter Gelehrter namens Mansinius. Er weiß angeblich, wo eines der Bruchstücke zu finden ist. Sucht ihn auf und befragt ihn! Hier habt ihr eine Karte, mit der ihr euch unterwegs zurechtfinden könnt.« Sie zückt ein aufgerolltes Pergament, das du an dich nimmst und in einer Tasche deines Gewandes verstaust. »Begebt euch zunächst zur Großen Allee«, fährt Marlara fort, »der befestigten Handelsstraße, die unser Land von Nord nach Süd durchzieht. Folgt ihr, bis ihr zur Abzweigung nach Sloggart gelangt.«
»Kein Problem«, ruft Bolko beiläufig. Du kennst ihn gut genug, um zu wissen, dass er überhaupt nicht zugehört hat.
»Sobald euch eure Suche weiter in den Süden führt, sucht Alvona auf, die Stadt der Alven. Ihre Königin ist dem Rat der Zauberer in Freundschaft verbunden und hat uns versprochen, ebenfalls etwas über den Aufenthaltsort der Zauberstabteile herauszufinden. Vergesst nicht: Die Stücke könnten überall sein. Sucht, wohin ihr kommt, fragt jeden, dem ihr glaubt, vertrauen zu können, nach dem Vermächtnis Zardrus. Und eilt euch!« Marlaras Gesicht verfinstert sich vor Sorge. »Der magische Schild Konduulas ist bereits löchrig. Uns bleibt nicht viel Zeit, bis er zusammenbricht und wir Gorlashs Horden schutzlos ausgeliefert sind.«
»Jo. Wir machen das schon.« Bolko versucht, seinem pausbäckigen Gesicht eine entschlossene Miene zu verleihen. Das Ergebnis wirkt so albern, dass du trotz des Ernsts der Situation um ein Haar lachen musst.
Mit einem letzten Händedruck verabschiedet sich Marlara von euch. Dabei hast du plötzlich den Eindruck, als würde dir die Zauberin unauffällig zuzwinkern. Was hat das zu bedeuten? Weiß Marlara möglicherweise, wen ihre Kristallkugel tatsächlich gemeint hat, als sie dem Rat der Zauberer von einem jugendlichen Helden berichtet hat?
Dir bleibt keine Zeit, sie danach zu fragen, denn dein Vetter stapft bereits mit großen Schritten davon, eine alberne, falsch gepfiffene Melodie auf den Lippen. Eure Mission hat begonnen!
Lies weiter bei 1.
ABENTEUERBLATT
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1
Nach einer halben Stunde Fußmarsch stoßt ihr auf die Große Allee, eine breite, grob gepflasterte Straße, die von grünen Bäumen gesäumt wird. Ihr habt sie kaum erreicht, da sinkt Bolko schon erschöpft am Fuß des erstbesten Baumes zusammen. »Bin total erledigt«, keucht er und beginnt, an seinem Rucksack herumzufummeln. »Noch nie war ich so weit von zu Hause fort. Lass uns eine Rast einlegen und etwas essen!«
Fassungslos drehst du den Kopf – man kann die Schornsteine von Roog noch am Horizont erkennen, so kurz seid ihr erst unterwegs. Seufzend überlegst du, was du tun sollst: Willst du einer Rast zustimmen, damit dein Vetter wieder zu Kräften kommt (weiter bei 84)? Oder versuchst du, Bolko zu überreden, eure Vorräte für einen späteren Zeitpunkt aufzusparen, wenn ihr sie vielleicht dringender braucht (weiter bei 17)?
2
Du hebst einige spitze Steine auf und beginnst, den Felsbeißer damit zu bombardieren. Als Bolko keuchend zu dir aufschließt, weist du ihn an, es dir nachzumachen. Kaum treffen die ersten Brocken den grauen Leib des Reptils, da fährt es fauchend herum. Dann geschieht etwas, womit du nicht gerechnet hast: Der Felsbeißer sperrt sein Maul auf und fängt geschickt einen Stein nach dem anderen aus der Luft, um ihn krachend zwischen seinen Zähnen zu zermalmen! Du erinnerst dich, dass diese Geschöpfe zwar als sehr angriffslustig gelten, sich aber weder von Fleisch noch von Pflanzen ernähren – sondern von Steinen. Du willst deinen Angriff gerade wieder abblasen, da kommt dir eine Idee. Ohne Unterlass schleuderst du dem Biest weitere Brocken ins Maul, die es gierig verschlingt. Schon bald schwillt sein Bauch sichtlich an. Als der Felsbeißer schließlich satt das Maul zuklappt und sich abzuwenden versucht, ist sein Leib so aufgequollen, dass die kurzen Beine an den Seiten kaum noch den Boden berühren. Die Riesenechse kann sich nur noch im Zeitlupentempo bewegen, so dass du gefahrlos zu dem Jungen hinübergehen kannst. Du hilfst ihm hoch und stützt ihn, und gemeinsam lasst ihr das Tier rasch hinter euch. Weiter bei 22.
3
Mit angehaltenem Atem versucht ihr, euch rückwärts vom Lager zu entfernen, ohne dass die Wölfe euch bemerken. Auf einem der Bäume entlang der Straße solltet ihr vor den Bestien in Sicherheit sein, denkst du. In diesem Moment ertönt neben dir ein durchdringendes Knirschen – Bolko ist auf einen vertrockneten Ast getreten! Das Geräusch hallt durch die totenstille Nacht wie ein Kanonenschlag, und innerhalb von Sekundenbruchteilen seid ihr von knurrenden, vierbeinigen Schatten umringt. Ein aufgerissenes Maul mit dolchartigen Reißzähnen ist das Letzte, was du in diesem Leben siehst. Dein Abenteuer endet hier.
4
Noch bevor dein Warnruf verhallt ist, schwingt ein gewaltiger, an dicken Lianen befestigter Baumstamm auf euch zu. Er ist so breit wie der Pfad, und auf der euch zugewandten Seite hat jemand lange Holzspitzen angebracht! Instinktiv wirfst du dich zu Boden – gerade noch rechtzeitig. Der zentnerschwere Stamm zischt haarscharf über dich hinweg. Du lässt ihn auspendeln, dann hebst du den Kopf. Erleichtert erspähst du Bolko, der kaum zwei Schritte entfernt ebenfalls auf dem Boden liegt, bibbernd wie Espenlaub. Auch ihm ist nichts passiert.
Du rappelst dich hoch und willst ihm aufhelfen, da beginnt es im Unterholz ringsum zu rascheln. Dutzende winzige Männer springen aus dem Dickicht hervor. Sie reichen dir kaum bis zur Brust, haben dunkelgrüne Haut und tragen nichts am Leib außer einem Lendenschurz. Ihr langes, verfilztes Haar reicht fast bis auf den Boden herab. Als sie Bolko und dich erblicken, halten sie überrascht inne. Ein mit zahlreichen hölzernen Arm- und Halsreifen geschmückter Pygmäe tritt vor, offenbar der Häuptling des Stammes.
»Wir euch bitten um Verzeihung, Fremde«, erhebt er die Stimme. »Wir Falle nicht geschaffen, um unschuldigen Reisenden zu schaden. Mein Volk in Angst lebt vor schrecklichen Funghuiden, die hausen nicht weit von hier. Wir schützen müssen alle Wege zu unserem Dorf.« »Funghuiden?«, wiederholst du fragend.
Der Anführer der grünen Männer nickt heftig. »Bösartige Pilzwesen, älter als Menschheit. Seit Jahrtausenden leben im Wald von Kwalm, machen Waldvolk Platz zum Leben streitig.«
»Pilzwesen,