Das periimplantäre Weichgewebe. Mario Roccuzzo
Behandlerin oder der Behandler sollten aufgrund des offenbar mit der Sulkustiefe steigenden Risikos eines Fortschreitens von Mukositis zu Periimplantitis nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus biologischen Gründen alles unternehmen, um Implantate so inserieren zu können, dass sie auch optimal positioniert sind (Berglundh et al. 2018).
Klinisch mag diese Vorgabe bei Implantationen ohne Nachbarzähne leichter umzusetzen sein, während sich umgekehrt eine Positionierung zwischen zwei Zähnen, insbesondere wenn diese parodontal geschädigt sind, schwieriger gestaltet. Die Abbildungen 1 (a und b) sowie 2 (a und b) illustrieren eine richtige und eine falsche Implantatpositionierung.
Abb. 1 a Inserieren eines (im Hinblick auf eine minimale Sondiertiefe bei der Kronenzementierung) sorgfältig ausgewählten Implantats im parodontal geschädigten Lückengebiss.
Abb. 1 b Gesunde Interdentalpapille zwischen zwei Tissue-Level-Implantaten. Zustand nach Entfernen zweier 7 Jahre alter Keramikkronen, die mit temporärem Zement in situ gehalten worden waren.
Abb. 2 a Zustand mit tiefem Schleimhauttrichter rund um ein Implantat (distal), das ohne Beachtung der Weichgewebestärke auf Höhe des Alveolarkamms inseriert worden war.
Abb. 2 b Rückstände von kunststoffbasiertem Zement rund um das distale Wide-Neck-Implantat. Der tiefe Schleimhauttrichter verhindert eine vollständige Beseitigung der Rückstände. Verschraubbare Kronen wären in beiden Fällen vorteilhafter gewesen.
Die Planung einer für die Weichgewebeintegration optimalen Implantatposition sollte vor der Zahnextraktion erfolgen. Nach der Extraktion stellen, insbesondere bei Fehlen einer oder mehrerer Alveolenwände, kammerhaltende Maßnahmen eine Möglichkeit der Behandlung dar (Roccuzzo et al. 2014c, Mardas et al. 2015). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass eine gesicherte Alveolarkammkontur oft weitere Therapieschritte erleichtert, einen fehlpositionierten Implantatkragen unwahrscheinlicher macht und einen optimalen Weichgewebeverschluss ermöglicht (MacBeth et al. 2017). Abbildung 3 (a bis i) illustriert einen langfristig stabilen Erhaltungszustand von Weichgewebe nach einer Implantation mit vorheriger Maßnahme zur Kammerhaltung. In Arealen mit besonders großer Schleimhautstärke könnte sich die korrekte Positionierung eines Implantats bei flachem Sulkus als besonders schwierig erweisen. Eine korrekte Lappengestaltung ist hier zwingend erforderlich insbesondere im Hinblick auf eine geplante zementierte Prothetik. Abbildung 4 (a bis h) zeigt exemplarisch die Positionierung eines Implantats im seitlichen Oberkiefer, wo überschüssiges Gewebe entfernt werden musste.
Abb. 3 a Röntgenaufnahme von 36 mit schwerer Paro-Endo-Läsion. Planung kammerhaltender Maßnahmen nach der Extraktion wegen resultierender Knochendefekte nahe der Nachbarzähne.
Abb. 3 b Nach Extraktion des Zahns und sorgfältiger Beseitigung des entzündeten Epithels rund um die Alveole bestand ein bukkales Knochendefizit mit Beweglichkeit der marginalen Schleimhaut.
Abb. 3 c In die dekontaminierte Alveole wurde Knochenersatzgranulat in Form von entproteinisiertem bovinem Knochenmineral mit 10 % Kollagen (Bio-Oss Collagen; Geistlich, Wolhusen, Schweiz) gefüllt, mittels einer Kollagenmembran (Bio-Gide; Geistlich) doppellagig abgedeckt und mit resorbierbarem 4-0 Vicryl-Nahtmaterial (Ethicon; Johnson & Johnson International) fixiert.
Abb. 3 d Nach 8 Wochen Einheildauer präsentierte sich der Situs mit einem gewebestarken Streifen keratinisierter Mukosa.
Abb. 3 e Nach 4 Monaten war der Alveolarkamm ohne weiteren Augmentationsbedarf für eine positionsgerechte Implantation ausreichend dimensioniert.
Abb. 3 f Zum Einsatz kam ein chemisch modifiziertes Titanimplantat (S, WNI SLActive, Durchmesser 4,8 mm, Länge 12 mm; Institut Straumann AG, Basel, Schweiz).
Abb. 3 g Das Weichgewebe wurde rings um den glatten Implantatkragen so angelagert, dass es im Hinblick auf die ungedeckt erfolgende Einheilung optimal vernäht werden konnten.
Abb. 3 h Zustand 3 Monate nach Insertion. Das Implantat ist von einem festen Kragen an keratinisiertem Gewebe umgeben.
Abb. 3 i 7 Jahre nach Insertion zeigt das periimplantäre Weichgewebe trotz einer gewissen bukkalen Rezession am benachbarten natürlichen Prämolaren einen stabilen Erhaltungszustand.
Abb. 4 a Panoramabildausschnitt der linken Kieferhöhle mit großer Zyste. HNO-seitig wurde keine weitere Behandlung empfohlen, die Implantationen ohne Tangieren der Kieferhöhle geplant.
Abb. 4 b Seitlicher Oberkiefer links. Die Knochensondierung erbrachte im Bereich des zweiten Molaren eine sehr gewebestarke Schleimhaut.
Abb. 4 c Erste Schnittführungen.
Abb. 4 d Seitlicher Oberkiefer nach Beseitigung des überschüssigen, später als Transplantat im Frontbereich verwendeten Gewebes.
Abb. 4 e Titanimplantat mit chemisch modifizierter Oberfläche (S, WNI SLActive, Durchmesser 4,8 mm, Länge 10 mm; Institut Straumann AG) in Regio 27. Das Standardimplantat mit glattem 2,8-mm-Kragen schien für einen weiter koronal liegenden Kronenrand optimal geeignet.
Abb. 4 f Intraoperative Ansicht nach der Implantation in Regio 24 (SP, WNI SLActive, Durchmesser 4,1 mm, Länge 12 mm; Institut Straumann AG). Die Auswahl des Implantats mit 1,8-mm-Kragen sollte das Risiko von künftigen Weichgewebedehiszenzen reduzieren. Die bukkale Knochenkonkavität am mesialen Implantat erhöht das Risiko einer Dehiszenz.