Lustvolle Qualen. Melanie Weber-Tilse

Lustvolle Qualen - Melanie Weber-Tilse


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es nun Zeit sei, den Freitod zu wählen.« Joyce wollte sich gerade wieder ihrem PC zuwenden, doch für Sarah war das Thema noch lange nicht vorbei.

      »Du hast doch ein Handy!«

      »Das ist einen Tag vorher im Putzeimer ertrunken«, nuschelte sie jetzt.

      »Nein!«

      »Doch!«

      »Was ein Mist!«

      »Was haben denn meine zwei Lieblingskolleginnen zu tuscheln?«, erklang eine Stimme von hinten.

      Joyce stellten sich die feinen Nackenhaare auf. Das hatte ihr gerade noch gefehlt, dass sich der schleimige Patrick wieder von hinten näherte. Entschlossen rollte sie mit ihrem Bürostuhl zurück. Wie sie gehofft hatte, traf sie auf einen Widerstand und ein lautes Fluchen war zu hören. Das Kichern von Sarah ließ sie kurz die Augen verdrehen, dann schaute sie mit kaltem Blick zu ihrem Kollegen auf, der das Gesicht schmerzlich verzogen hatte.

      »Kannst du nicht aufpassen?« , fuhr er sie an.

      »Was schleichst du dich auch von hinten an und meinst, unsere Gespräche belauschen zu müssen?« Joyce konnte den Mann nicht ausstehen und zeigte nur allzu deutlich ihre Abneigung.

      »Das wirst du mir bü…« setzte er an, wurde aber von ihren Vorgesetzten Mr. Quinn unterbrochen.

      »Gibt es ein Problem, Mr. Fletcher?«

      »Nein, natürlich nicht«, stammelte Patrick mit hochrotem Kopf und warf Joyce noch einen giftigen Blick zu, bevor er ging.

      »Alles in Ordnung, Ms. Newman?«, dabei schaute er aber nicht Joyce, sondern Sarah an.

      Oh ja, der heiße Mr. Quinn stand total auf Sarah. Das konnte sogar ein Blinder erkennen.

      »Ja, natürlich, Mr. Quinn.«

      Eigentlich erwartete er gar keine Antwort von ihr und verschwand mit einem Seitenblick auf Sarah in sein Büro.

      Joyce drehte sich zu Sarah und musste sich das Lachen verkneifen. Mit verträumtem Blick sah sie dem Abteilungsleiter hinterher.

      »Du hast da was.«

      Diesmal war es Sarah, die nur mit einem »Hm?«, antwortete.

      »Ich bin mir sicher, das ist Sabber.«

      »Was …? Du bist echt doof. Aber so schnell lasse ich dich nicht vom Haken. Nach Feierabend werden wir ein neues Handy kaufen und danach lade ich dich auf einen Shake ein.«

      Joyce zog sich wieder an den Schreibtisch heran und konnte das aufkommende Kribbeln nicht unterdrücken. Wenn sie wieder ein Handy hatte, konnte sie endlich Sams Nachricht lesen.

      »Es ist das neueste Modell und hat alles, was Sie brauchen: mehrfarbige Status-LED, microSD-Slot, herausnehmbarer Akku, WLAN-ac, LTE Cat4, mhl 2.1, USB on the go, ein Fingerprint-Sensor und den Schutzstandard IP67.«

      Joyce blickte verwirrt vom Verkäufer zu ihrer Freundin. Diese strahlte und hielt beide Daumen nach oben. Anscheinend hatte Sarah der Ausführung folgen können, sie dagegen war mittendrin ausgestiegen. Da der Verkäufer sie anstarrte, erwartete er wohl eine Antwort von ihr.

      »Das hört sich alles gut an. Ich brauche ein Handy, was ins Internet kann und günstig ist. Keine Spielereien oder übertriebene Technik.«

      Die verständnislosen Blicke der beiden ignorierte sie und starrte nun ihrerseits den Verkäufer an. Sein Blick dagegen wurde mitleidig und schließlich zog er ein Handy hervor, was vom Preisschild her genau in ihr Budget passte. Sie gab ihm ihre Kreditkarte und fast schon, als ob er Schmerzen hatte, zog er die Plastikkarte durch das Lesegerät.

      Die Frauen traten wieder raus in die Hitze und Joyce presste die Tüte fest an sich. Endlich konnte sie mit Sam wieder in Kontakt treten.

      Sarah zerrte sie zu ihrem Lieblingscafé, und als sie unter einem großen Schirm Platz nahmen, kam sogleich der Kellner und nahm ihre Bestellung auf.

      Nachdem dieser verschwunden war, schaute Sarah sie ernst an. »Und nun erzähl.«

      »Was soll ich denn erzählen, Sarah? Ich hab dir bisher doch alles berichtet, wenn wir uns geschrieben haben.«

      »Hältst du mich für blöd? Hast du dich heute einmal beobachtet? Du bist kaum wiederzuerkennen, nur weil du ihm nicht schreiben kannst.« Sarah schaute sie aufmerksam an.

      Joyce rutschte nun nervös auf ihrem Stuhl hin und her. »Er hat Aufgaben für mich«, nuschelte sie, sodass Sarah sie erst einmal verständnislos anschaute, bis sie verstanden hatte, was ihre Freundin gerade gesagt hatte.

      Sie lehnte sich weit über den Tisch, riss dem Kellner, der gerade dazu trat die Milchshakes aus der Hand und schaute sie dann mit einem süffisanten Lächeln an. »Du willst mir jetzt nicht erzählen, dass du auf solche Spielchen stehst? Du, das Mauerblümchen? Da hat ja der Papst mehr Ahnung davon als du!«

      Joyce keuchte auf. »Sag mal, geht’s noch? Was bitteschön, soll das denn jetzt? Du bist echt …«

      Sarah lachte laut auf, wurde dann aber schnell wieder ernst. »Das war ein Scherz. Aber wie ich sehe, findest du das nicht lustig.« Sie rutschte mit dem Stuhl näher an sie heran. »Und jetzt möchte ich jedes verdammte Detail wissen!«

      Das Handy lag neben ihr auf dem Bett und das rote Licht zeigte an, dass es am Aufladen war. Freudig öffnete sie die Abdeckung, um ihre SIM-Karte einzusetzen, nur um dann ungläubig die Augen aufzureißen. Nie und nimmer würde diese Größe in das kleine Fach passen. Warum hatte der bescheuerte Verkäufer nicht gesagt, dass dort Micro-Karten hineingehörten … die sie nicht hatte.

      Enttäuscht ließ sie den Kopf sinken und schrie ihre Wut in das Kissen hinein.

      Sam

      Sein Morgen begann gegen halb Elf. Eigentlich hatte er trotz einer Nachtschicht vorgehabt, wie gewohnt um 6:30 Uhr aufzustehen und fünf Meilen zu laufen, aber er fühlte sich dann doch nicht danach. Bis 4 Uhr nachts hatte er an der Korrektur der Klausuren gesessen, doch fühlte er sich immer wieder genötigt auf sein Handy zu schauen, ob sie geantwortet hatte.

      Das kannte er so nicht von ihr. Sie war fast pünktlich wie ein Uhrwerk. Jeden Abend gegen 10 Uhr hatte er ihre Antwort im Postkasten.

      Er müsste lügen, wenn er behaupten würde, dass ihn das nicht irritierte und so zog sich das Korrigieren doch länger hin als erwartet, und seine Motivation sich danach mit nur zwei Stunden Schlaf in den Knochen aus dem Bett zu quälen, war weniger als null.

      ›Was solls‹, dachte er, ›ich hab erst um 12 Sprechstunde‹ und so drehte er sich nochmal im Bett um.

      Als er dann endlich aus dem Bett raus war, wurde erst mal die Anlage ordentlich aufgedreht und mit Type O Negative ging es unter die Dusche. October Rust - ja damit ließen sich wirklich die letzten Fetzen der Müdigkeit vertreiben und erlaubten ihm einen entspannten Start in den Tag.

      Ein schneller Blick auf sein Handy verriet ihm ... nichts. Sie hatte immer noch nicht geantwortet. Zwölf Stunden Verspätung, was war da nur los? Seufzend schaute er auf die Uhr. Er hatte keine Zeit sich nun darum zu kümmern, wenn er nicht zu spät zu seiner Sprechstunde kommen wollte.

      Die Mittagshitze kündigte sich schon an, und so zog er sich nur eine dünne Armeehose und ein olivfarbenes T-Shirt an. ›Scheiß drauf, was der Dekan sagt‹. Bei dem Wetter würde er nicht die ganze Zeit in einem Anzug rum laufen, und in seiner eigenen Suppe kochen!

      So ging es mit seiner Maschine Richtung Campus und er genoss den lauen Fahrtwind. Ja, diese Gegend hatte schon was, man musste sich nur drauf einlassen. Eigentlich hatte er überlegt, wieder für ein halbes Jahr in den aktiven Dienst zu gehen, aber dann war sie passiert.

      Wie hatte sich dieses unschuldige Ding nur auf so eine Seite verirren können? Sicher, ihre Fantasie war der Hammer, aber ausgelebt hatte sie noch nichts und sollte es so weit kommen und er würde sich nicht ganz dämlich anstellen, wäre er der


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