Violet Socks. Celine Ziegler

Violet Socks - Celine Ziegler


Скачать книгу
sehe weg. Das ist ja abartig. Sie muss ja nicht direkt jedem zeigen, dass sie vögeln.

      „Heilige Scheiße", sagt nun Ethan, der sich neben Harry setzt, der aufgehört hat, mit Florence rumzumachen. Er scheint mich durch die flackernden Lichter kaum zu erkennen. „Ist das Borrymore?"

      Diesmal traue ich mich nicht, gegen Ethan’ Dummheit etwas zu sagen, denn ich befinde mich alleine auf feindlichem Terrain. Außerdem ist Brandon mit Ethan befreundet, weswegen ich erst recht nicht für Stress sorgen sollte, wobei Brandon heute Abend meinen Beschützer spielt und ich es genieße, wenn er sich für mich einsetzt.

      Was Brandon auch sofort tut. „Sie heißt Vivien. Also nenn sie auch so!"

      Und vorbei ist es mit dem Wunsch, Brandon würde sich für mich einsetzen. Vor Scham schlucke ich und hoffe, dass niemand hier verstanden hat, dass ich nicht Vivien, sondern Violet heiße. Wahrscheinlich kennt mich sowieso niemand aus der Gruppe als Violet, sondern als Berry-Loser oder Borrymore. Deswegen halte ich inne und hoffe, dass sich die Situation von alleine klärt.

      Ich sehe zu Harry, denn bei ihm weiß ich, dass er meinen richtigen Namen kennt. Ich bete, er hat es nicht mitbekommen, doch stattdessen sieht er Brandon mit amüsiert erhobener Braue an, während Florence an seinem Arm klebt und seine Schulter küsst. Bitte blamier mich nicht, Harry, bitte.

      „Was soll denn der Mist jetzt?", meckert Ethan, was mich insgeheim aufatmen lässt, weil die Konversation weitergeht, ohne dass Harry etwas gesagt hat. „Du hast keinen Ton davon gesagt, dass du die mitbringst!"

      „Muss ich auch nicht", spielt Brandon weiter den Beschützer und steht auf. Er hält mir seine Hand hin. „Komm, wir gehen an die Bar. Du könntest einen Drink gebrauchen, oder?"

      Wieder geht mir das Herz auf. Zwar trinke ich keinen Alkohol, aber allein schon diese Geste erwärmt meinen Körper und lässt mich den Rest vergessen. Wie benebelt von seiner Schönheit nicke ich und ergreife seine Hand, wodurch er mich auf die Beine zieht.

      Brandon dreht sich zu den anderen. „Wir gehen was trinken und stört uns bloß nicht."

      Ich liebe es, wie er mich vor seinen Freunden beschützt, und das, obwohl es nur um mich geht.

      Wir laufen gemeinsam die Treppen herunter und ungewollt wird mein Blick von Harrys aufgefangen. Er sieht uns hinterher, doch strahlt keine Emotion aus. Für ein paar Sekunden halten wir den Blick, als würden wir ein kurzes Gespräch führen. Ich sehe weg, als er sich zurücklehnt, um Florence in den Arm nehmen zu können. Gespräch beendet.

      Heute Abend geht es nur um Brandon und mich und niemand anderen.

      Brandon führt mich an der Hand durch die Menschenmenge, bis wir schließlich an der Bar ankommen. Ich fühle mich wohler, wenn ich mit ihm alleine bin, denn wahrscheinlich hätte ich keine weiteren fünf Minuten in der Ecke des Grauens mit Florence, der Braue und Ethan überlebt. Und Harry natürlich.

      Brandon und ich setzen uns auf höhere Hocker und ungewollt fällt mein Blick zur Ecke des Grauens. Ich sehe Harry und wie Florence ihm etwas grinsend ins Ohr flüstert, während sie sich an ihn schmiegt. Allerdings sieht er diesmal nicht zu mir. Kaum zu glauben, dass er sich mit ihr abgibt. Früher hätte er so Mädchen wie sie verabscheut.

      „Was möchtest du trinken?", holt mich Brandon wieder ins Hier und Jetzt. Er lächelt mich wieder so liebevoll an, was meine Gedanken an Harry fast vergessen lässt. „Wie wäre es mit Sekt? Oder Wodka?"

      „Oh, nein, danke. Ich trinke ungern Alkohol. Bei mir reicht eine Cola."

      Er nickt verständnisvoll, was mich überrascht. Wahrscheinlich hätte jeder andere Idiot von seinen Freunden mich blöd angeguckt, doch er tut es nicht. Brandon akzeptiert mich, wie ich bin. Und das bringt mich zum Schmunzeln, während er für sich und mich etwas zu trinken bestellt.

      Brandon reicht mir meine Cola, während er sich sein Bier krallt. „Ich finde es beeindruckend, dass du keinen Alkohol trinkst. Jedes andere Mädchen hätte sich von mir jetzt den teuersten Cocktail spendieren lassen."

      Ich zucke schüchtern grinsend mit der Schulter. „Na ja, du bekommst es doch sowieso umsonst, also macht es keinen Unterschied."

      „Stimmt, du hast recht. Es tut mir übrigens leid, dass meine Freunde so ätzend zu dir waren. Normalerweise nehmen sie alle Leute gut auf."

      Ich lache auf und drehe das Colaglas in meiner Hand im Kreis. „Du musst dich nicht entschuldigen. Florence und Ethan waren noch nie freundlich zu mir und ich habe es auch nicht erwartet."

      „Wieso eigentlich?"

      „Aus unerklärlichen Gründen. Es wird immer ein Mysterium bleiben."

      „Und Harry?"

      Ich runzle die Stirn. „Harry?"

      „Ja, was ist mit ihm? Ich weiß, dass ihr euch größtenteils ignoriert, aber wart ihr früher nicht mal unzertrennlich?"

      Ich weiß nicht, wieso, aber in diesem Moment sticht etwas für einen Herzschlag in meiner Brust. Wahrscheinlich ist es das Wort „unzertrennlich“. Ich hasse dieses Wort, seitdem Harry und ich getrennte Wege gehen. Unzertrennlich wären wir gewesen, wenn er mir nicht einfach den Rücken zugedreht hätte, um jemand anderes zu sein. Wir waren nie wirklich unzertrennlich, denn im Nachhinein sind wir getrennt. Wegen ... Warum eigentlich? Und vielleicht ist dieses Unwissen der Grund, weshalb ich einen kurzen Schmerz spüre, als ich ein weiteres Mal an Harry denke, der gerade mit Ethan einen Shot runterkippt. Ich weiß nicht mal, wieso wir nicht unzertrennlich waren, und ich weiß auch nicht, wieso er sich so verändert hat. Diese Ungewissheit tut weh, aber es hält nicht lange an, als ich sehe, wie er Florence küsst.

      Ich wende mich wieder an Brandon und versuche, Harry auszublenden. „Ich denke, wir haben uns mit der Pubertät einfach verändert. Er ist heute anders als früher und ich bin heute anders. Zumindest ein bisschen. Wahrscheinlich hat er dir schon jede Menge Mist über mich erzählt."

      „Wieso sollte er das tun?"

      „Weil er mich nicht ausstehen kann."

      „Er kann dich nicht leiden, das weiß ich, aber er hat noch nie direkt ein Wort über dich verloren, soweit ich weiß. Zumindest nicht in meiner Gegenwart."

      Ich blinzle total überrumpelt von dieser Tatsache. „Er hat nie über mich gesprochen? Kein einziges Wort?" Das kann ich nicht glauben.

      „Nein, nie. Ich meine, du warst – bis auf die letzten Tage – nie ein großes Gesprächsthema in unserer Runde, aber trotzdem hat er nie über dich geredet."

      Harry hat nie über mich gesprochen? Nicht mal im negativen Sinne? Wenn ich mir vorstelle, wie oft ich mit Benja und Charly gemeinsam über ihn hinter seinem Rücken gelästert habe, könnte ich fast ein schlechtes Gewissen deswegen haben. Er ist auch nicht Gesprächsthema Nummer eins bei uns, aber kam schon öfter zur Sprache, vor allem seitdem er so mit Florence rummacht. Und ich habe ihn in diesen Gesprächen mit Benja und Charly heftig beleidigt. Ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl, ich sollte mich deswegen schuldig fühlen.

      „Aber Florence hat in letzter Zeit öfter über dich gesprochen", redet Brandon weiter. Er lächelt. „Deswegen habe ich dich angesprochen. Ich habe dich das erste Mal richtig wahrgenommen und musste dich sofort nach einer Verabredung fragen."

      Ich lächle, obwohl mir dazu gerade nicht zumute ist. „Ich hoffe, du bereust es nicht."

      „Absolut nicht. Ich hoffe, du bereust es nicht, den Abend mit mir, anstatt mit deinen Freunden zu verbringen."

      Charly und Benja fehlen mir, aber einen Abend muss ich nun mal ohne sie auskommen. Gleich morgen werde ich ihnen alles berichten. Deswegen sage ich: „Ich bereue es auch nicht."

      Wir halten für ein paar Sekunden unsere Blicke und ich verliere mich in seinen schönen braunen Augen. Er ist so hübsch, es ist kaum vorzustellen, dass ich wirklich mit ihm hier bin, während ich ihn doch vor ein paar Tagen noch heimlich im Unterricht beobachtet habe. Ich kann nicht verstehen, womit ich diesen Abend


Скачать книгу