Dr. Patchwork und die Insekten. Gordon Goh

Dr. Patchwork und die Insekten - Gordon Goh


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andere groß und bissig und wieder andere waren gigantisch und verfügten über eine Art organischer Schusswaffen. Es war schwer zu sagen, ob diese Tiere intelligent waren oder nicht. Eines aber war klar: Sie wollten die Menschen fressen. Sie befanden sich im Krieg mit ihnen und ihre Anzahl schien kein Ende zu nehmen. Daher nannte man sie „Die Plage“.

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      Abb. 1: Die Eden-2-Kolonisten passieren das Nemesisobjekt.

      Kapitel 1: Der vitruvianische Dr. Steinberg

       1

      In der Forschungsabteilung der interstellaren Eden-2 Kolonie forscht der exzentrische Dr. Adam Steinberg in seinem Labor nach den Geheimnissen der Plage. Bereits drei Jahre sind seit dem ersten Kontakt mit dieser außerirdischen Spezies vergangen, aber dennoch fehlen ihm die nötigen Proben zur Erforschung dieser, so bezeichnet Dr. Patchwork sie, wunderbaren Kreaturen, da bis jetzt kaum einer diesen Kontakt überlebt hat. Und wenn doch, dann nur, weil die militante Interstellar Force Hochleistungsplasma-Waffen eingesetzt hat. Aber was soll der arme Doktor mit verkohlten Überresten anfangen?

      »Nutzlose Spasstis!« murmelt er vor sich hin, während er die schwarz verkohlten Chitin-Panzer analysiert, die die Interstellar Force ihm von ihrem letzten Außeneinsatz mitgebracht hat.

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      Abb. 2: Dr. Adam Steinberg alias Dr. Patchwork.

      »Ihr hirnzelllosen Affen wollt mich drängen, meine Ergebnisse schnell auf den Tisch zu bringen? Dann riskiert verdammt nochmal eure nutzlosen Drecksleben! Mit dieser Scheißprobe kann ich nicht arbeiten.«

      Aus der Richtung der Eingangstür vernimmt Dr. Steinberg eine bekannte, aber dennoch unwillkommene Stimme, die ihm antwortet »Wer soll hier sein Drecksleben riskieren, Steinberg?«.

      Es ist Mr. Sinclair, der Leiter der Forschungsabteilung zur Entwicklung von Verteidigungsmitteln, Science of Defends, kurz SOD - jene Abteilung, für die Dr. Steinberg arbeitet.

      Dr. Steinberg hebt die verkohlten Chitin-Panzer-Reste mit der Zange hoch und zeigt sie seinem Chef.

      »Was soll ich mit dieser verschmorten Kampfdrohne machen? Wissen schaffen? Gewiss nicht! Ich brauche frisches Material und kein BBQ.« grummelt Dr. Steinberg seinem Chef entgegen.

      »Ihre eigenbrötlerische Lebensweise schadet noch der Glaubwürdigkeit unseres Unternehmens Dr. Steinberg. Ich wette, auf der Erde würden Sie unter einer Brücke hausen und mit Mäusen reden.« zieht Sinclair ihn auf und fügt noch hinzu »Vielleicht würden Sie an der Probe mehr erkennen, wenn Sie mal hin und wieder das Licht anknipsen.«.

      Steinberg rümpft die Nase und erwidert »Im Gegensatz zu euch Schlipsträgern, bevorzuge ich das Licht in meinem Kopf.«.

      Steinberg gibt schließlich nach und kommt aus seiner dunklen Ecke vor dem Seziertisch, seinem Lieblingsplatz, hervor. Nun sieht Sinclair das seltene Gesicht seines zwielichtigen Mitarbeiters. Sie stehen sich gegenüber. Ein vom Schlafmangel geprägter Laborant im weißen Kittel steht einem Bürohengst im Anzug und lila grau gestreifter Krawatte gegenüber. Steinberg hat eine Augenschwäche auf dem linken Auge, weshalb er eine Schutzbrille trägt, die nur das linke Auge bedeckt. Dieses auf Eden-2 als Monoggle bekannte Design ist schon fast ein Markenzeichen Steinbergs. Seine rotblonden Haare stehen aufrecht und kurz. Schon ziemlich gepflegt. Gepflegter als sein Sechstagebart. Auf seinem Laborkittel hängt auf der linken Brusttasche ein Namensschild mit einer Stecknadel, auf dem das Wappen seiner Arbeitsabteilung steht. Jeder, der für SOD oder einem anderen Großunternehmen Edens arbeitet, trägt so eine Stecknadel mit dem entsprechenden Wappen. Steinberg arbeitet für die SOD in der Plageforschungsabteilung. Deswegen ist neben den schwarzen Initialen „SOD“ eine goldene Küchenschabe als Wappen abgebildet. Manche nennen diese Stecknadeln auch scherzhaft Familienwappen. Sinclairs Familienwappen ist ein goldenes SOD, was bedeutet, dass er zur Führungsabteilung gehört.

      »Du solltest dich frisch machen, Steinberg!« kommentiert Sinclair »Wir haben in weniger als zehn Minuten eine Sitzung. Die anderen Forschungsabteilungen präsentieren ihre Ergebnisse. Ich hoffe, du bringst auch welche mit. Wäre zu deinem Besten.«.

      Steinberg rümpft die Nase und sagt »Bei den Scheißproben, die mir die Interstellar Force gebracht hat, war es nicht leicht, aber weil ich ein unschlagbarer Meister auf meinem Gebiet bin, mache ich eure Inkompetenz durch meine Kompetenz wett.«.

      »Sollte das ein „ja“ sein?« fragt Sinclair.

      »Das soll heißen, dass ihr ohne mich aufgeschmissen wärt. Und jetzt: raus aus meinem Königreich, Sie Insekt!«

      Sinclair kehrt ihm den Rücken zu und erwidert mit erhobenem Finger »Zehn Minuten, Steinberg!«.

      Steinberg erhebt zum Abschied ebenfalls einen Finger, aber nicht denselben.

      Sinclair verlässt Steinbergs Labor mit wütenden Schritten und rennt dabei fasst Ivy um, die gerade das Labor betreten will und erschrocken vor Sinclairs griesgrämiger Fratze stehen bleibt. Auch Sinclair erschreckt kurz, aber nicht nur weil Ivy ihn überrascht hat, sondern auch weil er sich niemals daran gewöhnt, dass Ivy kein Mensch, sondern eine Ratte ist. Sie ist eine genetische Meisterleistung von Steinbergs Vater, einem genialen Genetiker, dem es gelungen ist, Ratten mit menschlicher DNA zu züchten. Ivy ist eine 1,8 m große Rattendame, die aufrecht auf zwei Beinen steht und ihr weißes Rattenfell und ihre prallen Brüste aus Scham unter einer Hose und einem Hemd versteckt. Darüber trägt sie einen Laborkittel mit derselben Anstecknadel, wie Steinberg sie trägt, da sie nicht nur in der selben Abteilung arbeitet, sondern Adam Steinbergs einzige Laborassistentin ist. Ihre schwarzen Pupillen und die rote Iris drumherum verfolgen die ungeduldigen Schritte von Sinclair, der soeben das Labor verlässt. Sie lassen ihn nicht aus den Augen, während sie weiter in Adams Labor hineingeht und fragt »Hast du ihn wieder provoziert«.

      »Wen kümmert´s? Er ist ein Idiot, wie all die anderen in dieser bekloppten Kolonie.« antwortet Steinberg.

      »Mich kümmert es, wenn du Ärger bekommst.«

      »Mach dir keine Sorgen, Ivy! Mit dem komme ich klar.« sagt Adam, während er seine verkohlte Probe entnervt auf die Präparierschale schmeißt. »Ivy, nimm die „Protokolle“ und geh schon mal in den Sitzungsraum! Wir haben gleich eine Sitzung. Ich werde mich etwas verspäten, also will ich, dass du Sinclair etwas ausrichtest.«.

       2

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      Abb. 3: Ivy (Rattus sapiens), Laborassistentin von Dr. Adam Steinberg.

      Drei Minuten nachdem Adam seiner Rattenassistentin erklärt hat, was sie zu tun hat, ist sie bereits eilig auf dem Weg zum Sitzungsraum der SOD, der sich im selben Gebäudekomplex befindet, wie die Labore und der Rest der Forschungsabteilung. Sie rennt durch die Korridore und lässt dabei ein paar Seiten der Protokolle aus Versehen aus ihren Händen fliegen, fängt diese jedoch sofort mit ihrem 1,25 m langen Rattenschwanz wieder auf. Sie rennt an den anderen Angestellten vorbei, die ihr ausweichen müssen. Immer wieder entschuldigt sie sich beim Personal, den SOD-Beamten, den Sekretären und dem Reinigungsdienst, für ihre hastigen Sprints durch die Gänge und erwischt noch geradeso den nächsten Aufzug. Sie hat es eilig, weil Steinberg seine Gelder an seine Konkurrenten verlieren würde, falls nicht irgendein Fürsprecher rechtzeitig für ihn einspringt. Ivy hasst diese Eile und sie muss tief hecheln, weil sie nicht so viele Schweißdrüsen hat, wie ein Mensch. Im Lift neben ihr steht einer von Adams Konkurrenten. Es ist Jeremy Needle, der Projektleiter, der Floraabteilung. Seine Forschungsgruppe beschäftigt sich mit der Entwicklung genetisch angepasster Pflanzen. Es ist seine Aufgabe, die Pflanzen, die sie mit nach Hause nehmen konnten, so zu modifizieren, dass sie nicht wieder die Oberhand übernehmen können, so wie es auf der Erde der Fall war. Dazu dienen Ihnen


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