Veilchen-Anthologie Band 1. Andrea Herrmann (Hrsg.)

Veilchen-Anthologie Band 1 - Andrea Herrmann (Hrsg.)


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      Vorwort

      Das Veilchen ist eine Literaturzeitschrift für alle, die gerne lesen und schreiben. Es publiziert im Drei-Monats-Rhythmus Kurzprosa, Lyrik, Rezensionen und Ausschreibungen von Wettbewerben. Die Zeitschrift hat sich spezialisiert auf die weniger bekannte Literatur, auf Erstlingswerke und Selbstverleger, und möchte so bisher unentdeckte Literaten fördern. Sie finden das Veilchen im Internet unter www.geschichten-manufaktur.de (Webseite) und http://veilchen.forumprofi.de (Forum).

      In den letzten (bzw. ersten) 14 Jahren sind im Veilchen viele wunderbare Kunstwerke erschienen. Diese Anthologie enthält die 58 schönsten lyrischen und poetischen Beiträge aus dem Veilchen von der ersten Ausgabe im Januar 2003 bis zur 58sten im Juli 2017. Die Texte sind alphabetisch sortiert nach dem Nachnamen des Autors. Darunter steht die jeweilige Veilchen-Ausgabe.

      In einem weiteren Band werden die besten traurigen, gruseligen, lustigen und philosophischen Beiträge aus demselben Zeitraum erscheinen.

      Viel Spaß beim Lesen!

      Andrea Herrmann

      Veilchen-Redaktion

      Zeit

      Zeit ist nur eine Melodie, ein schönes umfassendes, musikalisches Werk für großes Orchester.

      Schalte den Mond an und lass uns eine Pause machen.

      Wir wollen ineinander ausruhen.

       Veilchen im Oktober 2007, Ausgabe 19

       Susanne Ulrike Maria Albrecht

       Die Autorin wurde mehrfach ausgezeichnet. Beim vierten internationalen Wettbewerb „Märchen heute“ belegte Susanne Ulrike Maria Albrecht (3.November 1967) den ersten Platz.

      Vor dem Regen

      Die Stille

      vor

      dem Regen

      ist tief.

      Vogeldurchsungen.

      Flüsternde Bäume

      im Wind.

      Zeit

      hält

      den Atem an ...

      Lautlos fallen die ersten Tropfen.

       Veilchen im April 2005, Ausgabe 9

       Esther Bystrek, 02.06.2004

      Sehnsucht

      Wenn da einer

      wäre, der

      den gleichen Weg

      ginge – wie ich.

      Nur

      für ein Stück

      weit, nur

      für ein Weilchen

      ... Man

      müsst‘ ja nicht

      unbedingt

      mit‘nander reden.

      Nicht einmal

      sich ansehn, so

      man nicht mag.

      Aber, wenn

      da einer wäre

      – das wär‘ doch schön.

       02.06.2006

       Veilchen im Januar 2008, Ausgabe 20

       Esther Bystrek

       Jahrgang 1967. Aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig. Sie begann 1991 mit dem Schreiben, zunächst nur Gedichte, dann auch Kurzgeschichten, hauptsächlich Fantasy, Märchen und ein bisschen Horror. Ab Mitte der 90er Jahre Veröffentlichungen bei der Edition Wendepunkt, in der Anthologie XX der Bibliothek deutschsprachiger Gedichte, beim Geest-Verlag und beim Veilchen. Sie gewann den zweiten Preis beim Wettbewerb „Braunschweiger Schelmen“. Sie ist auch eine begeisterte Leserin. Außerdem malt und zeichnet sie schon immer. Viele ihrer Bilder schmückten das Titelblatt des Veilchens.

      Der Photograph

      Nuscheler ist als Photograph eigentlich Dilettant, er sieht mit seinem inneren Auge die Dinge so, wie sie nie und nimmer sein können, und die Bilder dieses inneren Auges sind es, die Nuscheler immer vergeblich zu photographieren sucht – vergeblich, weil das auf dem Film Abgebildete sich seinen Vorstellungen nie ganz anbequemen will. Nuscheler ist, verkürzt gesprochen, ein verhinderter Maler, seine Leinwand ist der Film, und wenn man diesen etwas abgegriffenen Vergleich weiterverfolgt, malt Nuscheler, indem er mit seinem gläsernen Auge, der Kamera, so lange herumblickt und schweift, bis dieses Auge das zeigt, was Nuscheler zu erwarten vorgibt. In Wirklichkeit aber glaubt Nuscheler selbst nicht daran, eines seiner inneren Bilder in der Wirklichkeit vorfinden zu können; immer weicht ein Detail von ihnen ab, und hier gerät Nuscheler in einen Konflikt. Denn Nuscheler ist kein Arrangeur, kein Photograph, der im Atelier mit künstlichem Licht und arrangierten Requisiten ein Bild hinstellt und zusammenbaut, der bei einer Landschaftsaufnahme abgebrochene Äste in den Vordergrund hält, um eine rahmende Kulisse zu schaffen. Hier hindert Nuscheler eine vielleicht falsch verstandene Berufsehre daran, der Wirklichkeit Gewalt anzutun. Eine hingestellte und arrangierte Wirklichkeit ist gar keine, sagt Nuscheler, jedenfalls keine vorgefundene. Nuscheler will sich an das halten, was er vorfindet, wenn er auf die Straße hinausgeht, er will sich an die Wirklichkeit halten. Da Nuscheler im Hinausgehen aber immer schon angefüllt ist mit dem Bild, das er zu finden beabsichtigt, ist dieses Hinausgehen in Wirklichkeit gar kein Hinausgehen, sondern ein Hineingehen. Und zuletzt ist ganz unklar, ob die Bilder im Inneren von Nuscheler wirklich etwas Vorgefundenes sind oder ob er sie nicht auch schon, wie der Arrangeur im Atelier, zusammengebaut und hingestellt hat. Aber ich habe ja schon gesagt, dass Nuscheler eigentlich Dilettant ist.

       Veilchen im Januar 05, Ausgabe 8

       Jonas-Philipp Dallmann, [email protected]

       geboren 1969, lebt und arbeitet in Berlin; Studium der Architektur, freier Lektor, Autor und Ghostwriter; zahlreiche Veröffentlichungen; 2. Preis beim MDR-Literaturwettbewerb 2004; 2005 und 2017 Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste.

      Im April

      Meine besten Zeiten hatte ich im April

      als eine Laune der Natur

      den Saft nach oben in die Zweige schickte

      als einen Tag lang fröhlich ich

      und einen Tag lang traurig war

      als Tropfen perlten, Winde bliesen und

      Eiswürfelvorhangfäden fielen

      als man den Rotstift von der Straße kehrte

      als wir nicht wussten, ob wir den grauen Schirm

      gegen die Sonnenstrahlen wenden sollten

      oder den bunten Schirm

      in Richtung auf die Regenmauern richten

      als spät


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