Tarris. Peter Padberg

Tarris - Peter Padberg


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um Gamsis zu jagen und ist nun schon so lange fort, dass ich beginne, mir Sorgen zu machen.“ Fanir wollte schon antworten, bevor ihn ein erneuter Blick von Lortir zum Schweigen brachte. „Wir haben ihn getroffen. Aber leider nicht so, wie Du und ich es uns wünschen würden, Brum. Ich habe eine schlechte Nachricht für Dich: Lannar ist gestorben. Wir fanden ihn auf einer Lichtung einige Stunden nördlich von hier. Er war schon einen Weile tot und es sah so aus, als wenn er von einem wilden Tier gerissen worden wäre. Wir haben ihn beerdigt und die Gebete für ihn gesprochen. Leider konnten wir nicht mehr für ihn tun.“ Brum brach in Tränen aus. Es war seinem Gesicht deutlich abzulesen, dass ihm der Knecht etwas bedeutet hatte. Es trat eine länger andauernde Stille in dem Raum ein, bevor die Gespräche wieder in Gang kamen. Nichts desto trotz blieben Sie noch länger bei Brum, obwohl Maurah und Fanir nach kurzer Zeit schliefen. Irgendwann wurden sie von Lortir geweckt und von Brum zu ihren Zimmern im Gästehaus geführt. Fanir teilte sich ein Zimmer mit Lortir und Maurah bekam ein eigenes Zimmer.

      Fanir träumte von seinem Schwert Sternenstaub. Im Traum sprach er mit dem Schwert und das Schwert antwortete, als wenn es ein Lebewesen wäre. Allerdings kam es Fanir im Traum eher wie ein Austausch von Gefühlen und Gedanken vor und nicht wie ein Gespräch. Der Austausch geschah mit Hilfe von Magie und der Traum war so real, als wenn er das Schwert in seiner rechten Hand halten würde. Es war ein angenehmer Traum und er fühlte die Wärme in seinem Rücken, die er immer dann spürte, wenn er seine magischen Fähigkeiten einsetzte. Der Traum änderte sich und Fanir kämpfte nun zusammen mit Sternenstaub gegen einen großen, dunklen Krieger. Sternenstaub zeigte ihm ungewohnte und neue Kombinationen von Schlägen und Abwehrtechniken, die er sich in seinen kühnsten Träumen bisher nicht hatte vorstellen können. Sie ergänzten sich, als wenn sie ein Wesen wären und schaukelten ihre Kraft und Energie mit Hilfe der gegenseitigen magischen Beeinflussung in immer größere und ungeahnte Höhen. Sternenstaub fuhr mit der Geschwindigkeit eines Blitzes durch die Luft und der schwarze Krieger hatte nicht der Hauch einer Chance, den Kampf zu gewinnen. Fanir hätte ewig in dieser Art und Weise und in diesem Traum weiterkämpfen können. Doch plötzlich vibrierte das Schwert in seiner Hand und begann zu leuchten, als wenn es ihm etwas mitteilen wolle. Fanir erschreckte sich so stark, dass er augenblicklich erwachte und sich im Bett aufsetze.

      Etwas stimmte nicht. Alles war still, viel zu still. Obwohl das erste Morgengrauen erahnbar war, hörte er keine Vögel. Er stand auf und schaute aus dem Fenster, wo alles friedlich und wie immer aussah. Und doch hatte er ein merkwürdiges Gefühl. Er wollte Lortir nicht im Schlaf stören, zog sich daher an und machte sich auf den Weg zu Maurahs Zimmer, um sie zu wecken. Er öffnete vorsichtig die Tür und wollte gerade das Zimmer betreten, als ein Messer dicht neben ihm surrend in der Wand stecken blieb. „Ich bin es Maurah! Kein Grund, mit Messern zu werfen!“. Er öffnete vorsichtig die Tür. Maurah war ebenfalls bereits angezogen und stand am Fenster. „Du spürst es auch.“ sagte Maurah nur. Sie verstanden sich ohne Worte. „Ich wollte gerade einen Vogel in Gedanken suchen, um nachzuschauen was los ist. Passt Du auf, solange ich in Trance bin?“ „Natürlich – fang an!“. Wie üblich setzte Maurah sich im Schneidersitz auf den Boden und bekam einen abwesenden Gesichtsausdruck. Fanir ging zum Fenster und schaute hinaus. Die Fenster waren aus dem klaren und harten Glas, das es vor langen Zeiten gab und heute nicht mehr hergestellt werden konnte. Er fragte sich, wo Brun dieses Glas wohl her hatte, noch dazu im Gästehaus – was für eine Verschwendung.

      Der Gedanke über das Glas brach abrupt ab. Auf der Mauer bewegte sich ein schwarzer, großer Schatten, der einen Bogen in der Hand und ein langes Schwert, einen Zweihänder, über den Rücken geschnallt hatte. Er konnte den Schatten deutlich gegen den rot-blau schimmernden Himmel sehen, wo Sol bald aufgehen würde. Es war kein Homuae. Das Wesen war mindesten drei Köpfe größer als Lortir und hatte sehr breite Schultern. Seine Oberschenkel waren fast genauso breit wie die Schultern, wodurch es unförmig aussah; und auch der Kopf war deutlich größer als der eines Homuae. Fanir wollte sich gerade abwenden, um Maurah aus ihrer Trance zurückzuholen, da bemerkte er vier weitere dieser Schatten, die in zwei Zweiergruppen ebenso wie das erste Wesen geräuschlos und langsam in Richtung Haupthaus schlichen. Fanir ging zu Maurah und rüttelte sie vorsichtig aus der Trance. Er wusste, dass er dies eigentlich nicht tun sollte, nichtsdestotrotz hielt er es für mehr als erforderlich. Ihr Blick wurde klar und sofort zog sich ihre Stirn wütend in Falten. „Sag nichts! Ich weiß, dass ich Dich eigentlich nicht wecken soll, aber schau aus dem Fenster, bevor Du Dich aufregst! Und nimm Deinen Bogen und Dein Schwert!“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, ging Fanir eilig in sein eigenes Zimmer, weckte Lortir und erklärte ihm in kurzen Worten die Lage, während er Schwert, Dolch und sein altes, schwarzes Kettenhemd anlegte. Auch Lortir war bereits angezogen und gerüstet, als Maurah ins Zimmer kam. „Ihr folgt mir, haltet Euch aber im Hintergrund und aus Kämpfen heraus, falls es wirklich dazu kommen sollte! Das ist ein …“ Befehl, wollte Lortir sagen, als der grauenhafte Schrei sich in ihre Ohren bohrte. Der Schrei hatte nichts an sich, was an einen Homuae erinnerte. Kurz darauf ertönten nicht weniger grausame Schmerzensschreie. Sie rannten aus dem Zimmer, eilten die Treppe hinunter und standen nur Sekunden später auf dem Hof, auf dessen anderer Seite das Haupthaus stand.

      Auf dem Hof herrschte Chaos. Einer der schwarzen Schatten befand sich nur fünfzehn Schritte von den Dreien entfernt in der Mitte des Hofes und drang ohne Waffe auf einen Knecht ein, der sich mit einem einfachen Schwert verteidigte. Das Wesen hatte dolchlange Krallen zwischen den Fingern, mit denen es wie mit echten Dolchen kämpfte. Aber auch andere Bewohner des Hofes kämpften bereits gegen die fünf Eindringlinge. Weiter rechts, wo die Straße zur Mühle mündete, kämpften drei Knechte gegen eines der Wesen, das seinen Zweihänder gezogen hatte. Fanir konnte genau sehen, wie es den Zweihänder in einem kraftvollen, horizontalen Schlag gegen den rechten der Verteidiger führte. Der Knecht hatte keine Chance. Der Zweihänder schnitt durch den Homuae wie ein Messer durch weiche Butter; der obere Teil des Körpers kippte zur Seite und das Blut spritzte über den Hof. Der Schlag war gewaltig und Fanir verspürte ein überaus ungutes Gefühl.

      Das Wesen wandte sich dem zweiten der Verteidiger zu und drehte sich dabei in ihre Richtung. Sein Gesicht, das eine dunkelgrüne schlammige Farbe hatte, war erschreckend. Gelbe Augen leuchteten über breiten flachen Nüstern, unter denen ein noch breiterer Kiefer lag, aus dem Zähne wie bei einem Raubtier ragten. Das Wesen führte den nächsten Schlag von oben nach unten genau gegen den Kopf des zweiten Verteidigers. Der Knecht riss einen Fangdolch in die Höhe und rettet so sein Leben, konnte aber nicht verhindern, dass ihn der Schlag noch an der Schulter traf und schwer, aber nicht tödlich verletzte.

      Genau in diesem Moment hörte Fanir ein Surren neben sich. Plötzlich war das linke Auge des Ungeheuers verschwunden. An seiner Stelle befand sich ein weiß gefiederter Pfeil von Maurah. Das Wesen ging noch einige Schritte in Richtung des dritten Verteidigers und brach dann mit einem grauenhaften Schrei zusammen.

      Auch Lortir hatte sein Schwert gezogen und stürmte auf den Klauenkämpfer zu, der vor ihnen den Knecht zerfetzte. Lortirs Bastardschwert zog eine tiefe Wunde in den Rücken des grünen Wesens, grünschwarzes Blut floss aus der schweren Wunde und tropfte auf den hellen Sand des Hofes. Das Wesen zeigte keine Regung, zog sein Schwert und drehte sich zu Lortir um. Es öffnete den Mund und zeigte seine Fangzähne. Nur einen Sekundenbruchteil später ragte ein weiß gefiedert Pfeil aus seinem Mund. Aber die Kreatur zeigte keine Regung, sondern führte einen mächtigen Schlag gegen Lortir, dem dieser nur durch ein schnelles Abrollen zur Seite entgehen konnte. Im Aufstehen traf Lortir das Bein des Wesens aus der Drehung. Wieder spritzte Blut, aber wieder zeigte das Wesen keine Reaktion, sondern zog den Pfeil aus dem Rachen und brachte sein Schwert erneut in Kampfhaltung. Fanir sah, dass sich die übrigen drei der Kreaturen in Richtung Hof bewegten und zog die Kopie von Sternenstaub. Er rannte auf das Wesen zu, das mit Lortir kämpfte und ihm den Rücken zukehrte. Er wollte diesem den Rest geben und Lortir helfen, der trotz der Verletzungen des Ungeheuers immer mehr in die Verteidigung gedrängt wurde. Die Schläge des Monsters prasselten in schneller Folge auf Lortir ein. Fanir weckte die Magie in sich und zum ersten Mal in seiner Leben wurde sein Rücken nicht nur warm, sondern heiß – als wenn die Magie die große Gefahr spüren konnte. Sie strömte durch seinen Körper, als wenn eine zweite Person von ihm Besitz ergreifen würde. Seine Bewegungen wurden schneller, seine Kraft nahm zu und sein Schlag erfolgte mit großer Wucht gegen den ungedeckten Rücken des Wesens. Fanir


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