Im Schatten des Waldes. Barbara Kuhn

Im Schatten des Waldes - Barbara Kuhn


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selbstverständlich mit klarem Wasser abtupfen. Genauer gesagt, zum Trinken ist die Tinktur gewiss keinesfalls gedacht, viel zu bitter. - Bist du sicher, dass du dieses zustande bringen kannst?“, meinte Bruder Matthias ein wenig entrüstet, worauf er mich zweifelnd anschaute.

      „Gewiss. Ich werde dies schon bewältigen. Du kannst getrost mit Tiw in den Wald dich begeben“, meinte ich völlig selbstgefällig zu Bruder Matthias. Gleichzeitig blickte ich ihm fest in die Augen. Wahrscheinlich hatte er persönlich dereinst diese Tinktur gekostet? Tatsächlich schwer vorstellbar.

      Allerdings ließ ich mir meinen Ekel keineswegs anmerken und grinste ihn zuversichtlich an. „Bevor du allerdings mit Tiw aufbrichst, solltest du womöglich zu Veland dich begeben. Er wollte bei dir eine Beschwerde vortragen“, fragend sah mich Bruder Matthias an.

      „Weswegen?“

      „Veland ist ausschließlich der Meinung, du würdest ihn gänzlich verhungern sowie verdursten lassen.“ Der Mönch blickte mich amüsiert an und schüttelte seinen Kopf.

      „Mmh, wie auch immer Veland sich dieses vorstellen mag. Selbst er muss sich augenblicklich mit weniger begnügen sowie wir anderen dies ebenfalls tuen.“ Er klopfte sich reumütig auf seinen Bauch und grinste. Jedoch wurde sein Gesicht plötzlich ernst.

      „Samuel konntest du irgendetwas über sie erfahren? Wer ist sie und was sie an diesem Ort zu suchen hatte? - Je eher du es mir diesbezüglich mitteilst, desto schneller kann ich mit Tiw aufbrechen“, der Mönch blickte mich abwartend an. Wie konnte man so neugierig sein?

      Ich zuckte mit meinen Schultern, allerdings schaute ich ihn lange an. „Da mir folglich ein gewisser Mönch keinerlei Ruhe lassen wird, werde ich es dir erzählen. Zu meinem Bedauern konnte ich keineswegs viel über sie erfahren. Der Schmied aus dem hiesigen Dorf wusste lediglich, dass Gundsrads Männer nach einer Tochter von einem Adligen suchen. Ich glaube, ihr Name war Lillian, Tochter von Anthony… ich weiß dies keinesfalls mehr so genau. War gewiss keineswegs so bedeutsam.“ Mein Blick richtet sich auf die schlafende Schönheit, gleichzeitig atmete ich schwer aus.

      „Mehr konntest du in keinster Weise erfahren? Dies ist allerdings äußerst gering.“ Er musterte mich wiederum und schaute zugleich ungläubig. Ich atmete abermals tief aus. Wie konnte man gänzlich so verbissen sein?

      „Nun gut, angeblich wurde die Adlige von Geächteten verschleppt. Der hiesige Sheriff sowie Gundsrad von Hereford höchstpersönlich suchen nach ihr. Was wiederum mitunter nichts Gutes bedeutet. Man munkelt sie sei angeblich Gundsrads Erwählte. Mehr konnte mir der Schmied allerdings nicht im Geringsten mitteilen. - Andererseits, wenn sie wahrhaftig seine Erwählte ist… sodann haben wir ein gewaltiges Problem. Was machen wir alsdann mit ihr? Bei uns kann sie auf gar keinen Fall bleiben… Sie würde alle anderen gefährden und sehr wahrscheinlich an Gundsrad ausliefern.“

      Abrupt blickte ich den Mönch an, jedoch dieser sagte kein einziges Wort. Demzufolge sprach ich einfach weiter: „Was machen wir, wenn es sich bewahrheitet? - Hätte ich sie dortig im Wald zurücklassen sollen?“

      „Unter gar keinen Umständen“, antwortete der Mönch kurz. Jedoch ich sprach ohne auf ihn zu achten weiter: „Hoffentlich erwacht sie alsbald, damit sie uns erklären kann, wer sie in Wirklichkeit ist.“ Zerknirscht blickte ich zu Bruder Matthias sowie zu dieser geheimnisvollen Maid.

      „Gott wird uns gewiss helfen, selbst wenn du über diese Sache keineswegs meiner Meinung bist. Du wirst es selber erleben, es gibt für alles einen wahren Grund. Schicksal… Fügung oder Bestimmung, wie du dies immerfort nennen wirst. Sie wird dich… dich persönlich Samuel in deinen Grundlagen erschüttern. Ansonsten hättest du sie im Wald zurückgelassen und keinesfalls gerettet.“

      Erstaunt schaute ich ihn an, allerdings ignorierte er meinen Blick. „Samuel, du hättest sie dortig liegengelassen in dem Moment wo du erkanntest, dass sie ein Weib war. Dadurch, dass du sie an diesen Ort gebracht hast, bist du, egal wer sie wahrhaftig ist, für sie gänzlich verantwortlich.“ Er blickte mich wissentlich an. Was führte dieser Mönch indessen im Schilde, wusste er etwa mehr wie ich selbst?

      „Es wird sich schon alles zum Guten wenden. Habe lediglich dieses eine Mal Vertrauen zu Gott.“ Der Mönch legte mir die Hand beruhigend auf die Schulter.

      „Samuel, dein Geheimnis über dein Mitgefühl zu dieser holden Maid ist gut bei mir aufgehoben. Ich bin mir völlig bewusst, dass du eine gute Seele in dir trägst. Zudem wirst du gewiss das Richtige tuen, dessen bin ich mir vollkommen bewusst.“ Der Mönch nickte zuversichtlich, ließ mich los, nahm seinen Bündel und verließ die Höhle.

      „Tiw kommt, wir wollen indessen aufbrechen! Hoffentlich finden wir dieses Kraut alsbaldig! - Samuel wird sich ein paar Tage um die Fremde kümmern! - Veland könntest du Harroh mitteilen, dass wir beide uns am großen Felsen bei der knorrigen Eiche befinden. Ebendort werden wir nach diesem seltenen Kraut suchen. In etwa zwei Tagen sind wir gewiss wiederum zurück, bis dahin! - Veland! Ungeachtet dessen, du wolltest diesbezüglich noch etwas von mir? Die Sache mit dem Durst, wenn wir wiederum zurückkommen…

      ***

      Irgendwann blendete ich den Wortwechsel zwischen Matt sowie Veland gänzlich aus. Meine Gedanken kreisten um die Worte des Mönches. Er hatte wahrhaftig mit allem Recht. Indem ich sie ins Lager gebracht hatte, gefährdete ich alle anderen und war somit für sie gänzlich verantwortlich. So hatte ich dieses zurzeit keinesfalls betrachtet. Dennoch was sollte ich jetzig tun? Es war wohl mein Schicksal, dass ich ausgerechnet diesen Pfad an jenem Tag eingeschlagen hatte. Normalerweise ging ich niemals in diese Richtung. Denn dieser Weg lag eigentlich keinesfalls auf meinem Erkundungsgang. Dennoch konnte ich es jetzig keineswegs mehr rückgängig machen. Sie war hier, bei mir, und wachte mitnichten auf!

      Nun war ich richtig ratlos, niedergeschlagen sowie irgendwie gänzlich enttäuscht. Was würde geschehen, wenn sie wahrhaftig die Tochter eines Grafen, demnach eines Adligen wäre?

      Innerlich spürte ich, dass dieser Gedanke mir beträchtliches Unbehagen bereitete. - Wir bekämpften in jeder erdenklichen Weise die Adligen. Die sogenannte Obrigkeit sowie ihre verhassten Schergen. Jedoch warum war sie auf der Flucht vor Gundsrads Männern?

       Wieso hatte sie Bauernsachen von einem Knaben getragen? Dies war natürlich ebenso verboten, wie für unsereins das Wildern, selbst für eine Adlige. Außerdem was suchte sie auf einem Pferd mitten im Wald und noch dazu gänzlich allein? Äußerst merkwürdig fand ich dies allemal. Was sollte diese Maskerade?

      Warum hatte sie kein einziges Wort gesprochen oder konnte sie vielleicht gar nimmer sprechen? Jedoch diese Augen, dieser Blick, in dem damaligen Wald. Alsdann sagten sie zu mir etwas gänzlich anderes. Ihre Augen wirkten so unergründlich, wie ein tiefer, klarer Gebirgsbach. So rein… so faszinierend und so unschuldig… so wahrlich wunderschön. Ein tiefer sehnsüchtiger Seufzer entglitt mir und ich verfiel abermals meinen Gedanken.

      In dem Moment, wie ich sie erblickte… wahrlich erblickte, was sie war… hatte ich ein seltsames Gefühl verspürt. Dass ich bis dahin noch nie… niemals in meinem jetzigen Dasein verspürt habe. Es ärgerte mich ein wenig, dass ich mir ohnedies wiederum Gedanken über diese Fremde machte. Wahrhaftig zu viele Gedanken!

      Ich, der Krieger, wie ich mich selbig gerne bezeichnete, sollte keinesfalls so töricht sein, sich an einen Weiberrock zu hängen. Dies war so beschämend… so entwürdigend! Die bedeutsamste Frage war trotz alledem, ist sie genauso oberflächlich wie alle Adligen es ohnehin waren. Hatte sie ein Herz für die Bediensteten… die Untertanen… die Bauern… das niedrige Volk?

      Unwillkürlich drehte ich mich in ihre Richtung und schritt langsam näher an dessen Schlafplatz. Mein Blick glitt gemächlich über ihre zierliche Gestalt. Sie hatte einen Umschlag aus Brei der mit Blättern bedeckt. Dieser befand sich an ihrer linken Schulter und war mit einem Band befestigt. Sie war überaus bleich, so als wäre sie beinahe bereits blutleer. Auf ihrer Stirn hatten sich kleine Schweißtropfen gebildet, außerdem zitterte sie ein wenig. Die Augen hatte sie immer noch geschlossen. Ihr gesamter Körper war, bis auf die Schultern sowie


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