In Amerika. Gerstäcker Friedrich

In Amerika - Gerstäcker Friedrich


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am Besten und Leichtesten in dies neue Leben fänden. Dem Charakter des Negers nach hielt man diese aber ganz genau in der nämlichen Art und Weise ab, wie man es früher der bevorzugten Rasse abgesehen.

       Es wurde ein alter, würdiger Neger mit schneeweißer Wolle zum Präsidenten gewählt; er war selber früher gewissermaßen Haushofmeister im Hause des Gouverneurs von Lexington gewesen und jetzt nach seinem Geburtsort zurückgekehrt. Als Schriftführer hatte sich ein von Cincinnati herüber gekommener freier Mulatte, der dort eine Barbierstube hielt, angeboten, und die zahlreich besuchte Versammlung, die in einem der größten Tanzlokale des Ortes abgehalten wurde, bot insofern ein nicht unbedeutendes Interesse, als sich auch die „Ladies“ dabei beteiligten und der ganze Raum von bunten und lichten Kleidern wimmelte.

       Es ist eine eigentümliche Tatsache, dass alte Negerinnen, die stets viel Fett ansetzen, eine auffallend tiefe Bassstimme bekommen und auch durchschnittlich mit einem klangvollen Organ begabt sind. Sie genossen dabei nicht allein in den kleinen Städten, oder in größeren in ihrer Straße, nein selbst in den einzelnen Pflanzungen eine gewisse Autorität und es gab kaum etwas Würdevolleres, als solch eine alte, dicke Dame, die nach Feierabend, ihre kurze Tonpfeife rauchend, beide Hände auf die ausgespreizten Knie gestemmt, im stärksten Bass ihre Orakelsprüche aufgab – denn ich hätte keinem der „f a r b i g e n L e u t e“ raten wollen, ihr darin zu widersprechen. In einem solchen Fall ließen sie auch niemanden ihrer Rasse vorübergehen, ohne ihn anzureden, und gnade ihm Gott, wenn er sich in einer Antwort die geringste Blöße gab. Das ordentlich wiehernde Gelächter der alten Dame wie der Zuhörer würde ihn in voller Flucht die Straße hinabgejagt haben.

       Dass sich d i e s e Damen nicht aus einer Versammlung halten ließen, in die sie mit Farbe und Geist gehörten, verstand sich von selbst, und selbst das junge Volk, wenn es sich auch noch nicht in den Saal selber gewagt, hielt doch Fenster und Türen besetzt, um wenigstens zu hören und zu sehen, was da drinnen vorging.

       Merkwürdiger-, und doch leicht erklärlicher Weise haben sämtliche Schwarze, wenn auch in Amerika geboren, einen ganz besonderen Negerdialekt, der sich aber nur meist in Verstümmlung der Worte kund gibt. Statt des englischen ‚th’ sagen sie gewöhnlich ,d’ – statt „this child“ „dis child“ usw. – das oft gebrauchte Wort Master sprechen sie wie Massa – Mistress wie Missus – statt nothing noffin, statt of ob und tausend andere dem ähnliche Worte. Es wäre unerklärlich, wie alle ohne Ausnahme mitten zwischen einer gut und rein sprechenden Bevölkerung an solchem Dialekt festhalten könnten, und nicht endlich einmal, besonders die Kinder, zu einer besseren Aussprache gelangten, aber wo kamen sie je mit dieser bevorzugten Rasse in längere Unterhaltung? Sie erhielten Befehle, die sie ausführen mussten – weiter nichts; nur auf ihre eigene Rasse blieben sie angewiesen, und in der konnten sie ihren verstümmelten Dialekt nicht verbessern, und werden es auch noch nicht für eine lange Reihe kommender Jahre.

       So niedrig und für den Sklaven vollkommen passend den Weißen aber auch diese Ausdrucksweise erscheinen mochte, so würdevoll wurde sie von den Versammelten behandelt, und als der Präsident nach einer etwas unruhigen Einleitung, in welcher jeder, besonders der anwesende Damenflor, das Wort haben wollte – mit energischer Handhabung der großen Glocke die Sitzung eröffnete und donnernder Stimme ordentlich hinausschrie: „Ladies and Gemmen!“ (das Negerwort für Gentlemen), da lagerte sich feierliche Stimme im ganzen Saal, und der würdige Präsident hätte jetzt seine Rede beginnen können, wenn ihm in dem Augenblick etwas eingefallen wäre.

       Durch die Mühe aber, die er sich geben musste, um den Tumult zu beschwichtigen, schien er die Einleitung, wie er sie sich vorher überdacht, gründlich vergessen zu haben und zwei bis drei Mal stotterte er wieder sein Ladies and Gemmen, bis die jungen Dinger da draußen am Fenster schon zu kichern anfingen und das Publikum unruhig wurde.

       „Ladies und Gemmen“, begann er da endlich, ärgerlich gemacht, noch einmal, „ich bin kein Redner, und kein Mensch kann es von mir verlangen, denn ich habe es nicht gelernt, aber ich wollte nur mitteilen, dass diese Versammlung zusammenberufen ist, um einige wichtige Sachen zu beraten.“

       Er war jetzt in Schuss gekommen, und das Ganze ging ihm von nun an fließend genug, wenn auch in seinem schauerlichen Negerenglisch, von den dicken Lippen.

       „Geehrte Gemmen besonders“, fuhr er fort, „Sie wissen, dass unsere bisherigen Massas, die jetzt Gottlob nichts mehr über uns zu bestimmen haben, uns, wie es ihnen einfiel, Namen gaben. Mich nannten sie Scipio oder Sip – da sitzt Bob, dort Pluto, dort Othello, da drüben Missus Lydia, Missus Euphrosine, Missus Coeleste und wie sie alle heißen, aber Ladies und Gemmen, das genügt nicht mehr, denn wir treten jetzt als Staatsbürger in andere Rechte. Wir werden zum Beispiel das Recht und die Pflicht bekommen, unsere Stimme nicht allein für die Gesetzgebung abzugeben, nein, wir können auch selbst hineingewählt werden...“

       „Oh Loord à Massy!“ (Lord have mercy) schrie eine dicke Negerin in lauter Erstaunen auf.

       „Und wie würde das klingen“, fuhr der Redner unbeirrt fort, „wenn wir bei der Wahl oder als Erwählte keinen anderen Namen anzugeben wüssten, als Sip, Bob, Dick, Othello oder sonst wie. Ja, die Behörden der Weißen haben sogar bestimmt....“

       „Ich möchte den geehrten Redner darauf aufmerksam machen“, sagte plötzlich, während alles lachte und den Kopf dahin drehte, eine feine Stimme, „dass wir nicht mehr ,Behörden der Weißen’ sagen dürfen, indem diese Behörden jetzt ebenso gut für das farbige als das weiße Volk da sind.“

       „Bravo – bravo!“, schrie es von verschiedenen Seiten. „U n s e r e Behörden.“

       „Gemmen“, sagte der alte Neger demütig, „ich nehme den Verweis hin, ich gestehe ein, dass ich Unrecht habe; es heißt u n s e r e Behörden.“

       „Bravo, Sip! Bravo, bravo!“, tobte der ganze Chor ringsumher. „Unsere Behörden!“

       „Unsere Behörden also, Gemmen...“

       „Bravo, bravo“, schrieen die Leute wieder, die sich augenscheinlich daran erfreuten, auch ein Wort in die Verhandlung mit einreden zu dürfen.

       „Unsere Behörden also“, fuhr der Redner mit unzerstörbarer Geduld fort, „haben sogar angeordnet, dass wir uns jetzt – farbige Gemmen und Ladies – vorausgesetzt natürlich familienweise – N a m e n zulegen sollen – Vor- und Zunamen, wie wir wollen. Um Ihnen das – Ladies und Gemmen, durch ein Beispiel klar zu machen, heiße ich nicht mehr Scipio, wie ich bisher gerufen wurde, sondern Alfred Henderson, Esquire, denn wir haben das nämliche Recht, das Esquire hinter unseren Namen zu setzen, wie die Buckras56, meine Frau heißt Aurora Henderson und meine beiden Kinder Gustav und Hulda Henderson. Ich bitte deshalb die verehrte Versammlung, sich ebenfalls für irgendeinen Namen zu entscheiden und denselben hier gleich unserem verehrten Schriftführer Gentleman James Jefferson, Esquire, zu Protokoll....“

       „Ich bitte ums Wort!“, unterbrach ihn eine Stimme aus der Menge.

       „Entschuldigen Sie, ich bin noch nicht fertig“, sagte Alfred Henderson, indem er sich etwas beleidigt emporrichtete, „zu Protokoll zu geben. Dann, Ladies und Gemmen, erlaube ich mir, Ihnen noch anzuzeigen, dass in allen südlichen Staaten Büros errichtet werden sollen, die den Namen freed man’s Bureaus erhalten, wohin wir uns wenden können, wenn wir irgendein Anliegen haben. Viele von uns sind leider in die Lage gekommen, so lange die Sklaverei dauerte, einzelne Familienmitglieder durch Verkauf zu verlieren. Die weißen Gemmen wollen sich Mühe geben, darin Nachforschungen zu halten, und wer von einem der Seinigen keine Nachricht hat, der kann sich dort melden, um die nähere Beschreibung der Vermissten zu geben.“

       „Oh Lord – oh Loord“, kreischte eine Anzahl von Frauenstimmen auf, „oh bless my soul – meine Livia, mein Nero – meine Lucy, mein Bob – oh, wo sind sie hin, Gentleman Sip – können wir es erfahren?“

       Der alte Neger zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht, Ladies“, sagte er, „aber das freed man’s Bureau wird sich Mühe geben, es herauszubekommen, wenn Sie nur wenigstens mit einiger Bestimmtheit angeben können, wohin sie geschafft sind.“

       „Aber


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