Der Killer kam aus Santa Fu. Didier Desmerveilles

Der Killer kam aus Santa Fu - Didier Desmerveilles


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auf und ich sorge für 'ne angemessene Entschädigung.«

      »Meine Kontonummer«, stellte sie eher fest, als dass sie nachfragte.

      »Ja, nee, ich dachte jetzt ...«

      »Für die Entschädigungszahlung.«

      »O.k., o.k. Kontonummer.«

      Er hatte ihr dann dreitausend Euro überwiesen und seine Mobilfunknummer in die Betreffzeile der Online-Überweisung geschrieben. Mit dem Absender »Firma Aksam« hatte sie nichts anfangen können und das Ganze für einen Bankirrtum gehalten. Wie bei Monopoly: »Bankirrtum zu deinen Gunsten. Ziehe 4000 Mark ein« (Version aus der Zeit vor der Einführung des Euro). Bekanntlich war das Leben kein Spiel. Sie hatte telefonisch darauf bestanden, den Betrag zurückzuzahlen. Und nachdem sie endlich kapiert hatte, wer da am anderen Ende mit ihr sprach, hatte sie schließlich in die Entschädigung in Naturalien, wie er die Einladung ins ziemlich vornehme Au Quai am Hamburger Hafen unverfroren umschrieb, eingewilligt.

      Sie hatte schließlich einsehen müssen, dass er trotz seiner rotzigen Sprache, die übrigens zu 99 Prozent aufgesetzt war (und jeder Grammatikfehler eine Maskerade), kein »Proll« war, wie er selbst Menschen geringschätzig nannte, die ein gewisses Maß an Höflichkeit, insbesondere dem zarten Geschlecht gegenüber, vermissen ließen. Er hatte viel gelesen, studierte an der Hamburger Universität Geschichte im elften Semester und bereitete nach eigenen Worten eine Magisterarbeit zum Thema »Der Zerfall des Osmanischen Reiches in Korrelation mit der europäischen Dekadenz im ausgehenden 19. Jahrhundert« vor. Sie hatte sich in ihn verliebt.

      Er hatte sie schon geliebt, als sie sich vor seiner Kühlerhaube vom Zebrastreifen erhob. Es war das größte Glück, das er in seinem fast drei Jahrzehnte währenden Leben bisher erfahren hatte, und er konnte es mitunter auch jetzt immer noch nicht fassen.

      »Ich liebe dich, Fredo«, wiederholte sie und schob das letzte Stück Pizza beiseite. »Aber unsere Beziehung steht einfach unter keinem guten Stern. Mein Vater ist dagegen, dein Vater ist erst recht dagegen. Du hast dich ja noch nicht mal getraut, mit ihm über uns zu reden.«

      »Ach, das.« Fredo machte eine wegwerfende Handbewegung. »Kommt Zeit, kommt Tat, Goldstück.«

      »Und, ja, dieser anonyme Brief letzte Woche hat mir Angst gemacht. ›Liebst du dein Leben, übst du Verzicht. Edleres Streben als Fredo, der Wicht, gebührt dir, o reine, o kostbarste Maid. Dies dir mitteilen soll dieser Bescheid.‹«

      »Hast du auch noch auswendig gelernt, den Scheiß!«, schimpfte Fredo.

      »Fredo, dahinter kann doch nur dein Vater stecken. Der weiß bestimmt längst über uns Bescheid. Ich hab' mich in letzter Zeit des Öfteren beobachtet gefühlt. Oder ich werd' langsam paranoid.«

      »Goldstück, mein Alter kann nicht mal genug Deutsch für einen einzigen fehlerfreien deutschen Satz und dann soll der auf einmal dichten können wie Goethe?«

      »Also, Goethe hat schon noch bisschen mehr zu bieten als dieser Karnevalsdichter, aber das ist jetzt auch nicht der Punkt, Fredo.«

      »Na, umso besser, dann machen wir jetzt 'n Punkt. Thema abgehakt. Wo das Glück wohnt, gibt's Neider. Das war schon immer so. Der Brief – weißt, von wem der kommt? Der stammt von irgendso'm pickelgesichtigen Verklemmten, der heimlich in dich verknallt ist.«

      »Fredo!«

      »Ich kenn' solche Typen. Die Mädels schaun ihn seit seiner Geburt nicht mal mit'm Arsch an, weil er aussieht wie'n benutzter Präser, und wenn er irgendwo was gefragt wird, braucht er drei Minuten, bis er das Maul aufmacht und was rausgestottert kriegt. Aber zu Hause am Computer läuft er auf einmal zu Höchstform auf und kommt groß raus als der Dichter der Pissnelke. Kannst mir geben, den Brief, wisch' ich mir morgen Arsch mit ab.«

      »Fredo!«, rief Luisa. »Fredo, jetzt kapier' doch endlich mal: Wir schaffen das nicht. Das Damoklesschwert hängt über uns, aber wir weigern uns nach oben zu schauen. Das ist die Lage.«

      »Goldstück, was redest du? Du bist meine Luisa. Wenn ich bei dir bin, schmelzen alle meine Gedanken wie Butter in Sahel-Zone. Und die Buttersoße, die dann auf heißem Sand schwimmt, spiegelt dein Bild, einen einzigen Traum vom Glück. Und da kommst du mir jetzt mit solchem Analysegelaber von wegen Damokles und so? Mir zeigt das nur, dass du nicht verschlungen bist von Glut der Liebe wie ich. Du hast noch freie Kapazitäten zum kühlen Nachdenken, während ich hundert Prozent in Flammen stehe!«

      »Du weigerst dich ganz einfach, den Realitäten ins Auge zu sehen, Fredo, Liebster. Man kann aber nicht immer blind durchs Leben gehen, auch nicht blind vor Liebe. Es sind Kräfte am Werk, die uns auseinander bringen wollen!«

      »Uns auseinander bringen«, wiederholte Fredo und machte eine Gesicht, als hätte man ihn gerade des vierfachen Mordes bezichtigt.

      »Ja. Ich komm' mir vor wie auf 'ner Eisscholle, die in der Mitte bricht, und ehe wir es merken, stehen wir auf zwei verschiedenen Inseln aus Eis, die das Meer auseinander treibt. Und warum? Weil du die ganze Zeit nur rufst: ›Kein Problem, Goldstück, sind bloß meine Gedanken, die schmelzen wie Butter in Sahelzone!‹«

      »Goldstück, was sind das für eisige Räsonnements!«, protestierte Fredo.

      »Du bist wie ... wie Scrat«, fuhr Luisa unbeirrt fort, »dieses Rattenhörnchen in Ice Age, das immer nur auf seine Eichel schaut, während die Welt um ihn herum in zwei Teile zerbricht.«

      »Jetzt hör mir mal gut zu, Goldstück: Niemand kann wahre Liebe trennen, o.k.? Kann jemand die Sterne vom Himmelszelt trennen oder Rhythm von Blues, Rock von Roll, Country von Western? Schollen, die das Meer auseinander treibt ... Weißt du, was das ist, Goldstück, weißt du, was das ist?« Sie wusste, dass er die Antwort gleich selbst geben würde, und schwieg. »Kleinmut ist das, Goldstück, Kleingläubigkeit!« Er nahm einen Schluck aus dem Weinglas neben seinem Teller. »Und dass du es nicht vergisst: Ich bin der Sohn von Erol Aksam. Du weißt, was der für einen Ruf hat. Und davon frei machen kann ich mich nur mit dir und deiner Liebe!«

      »Das ist genau der Punkt: Dein Vater macht mir Angst.«

      »Und ich habe nur vor einem Angst: dass du aufhörst mich zu lieben. Hörst du auf mich zu lieben, Goldstück, hörst du auf mich zu lieben?«

      »Fredo, du willst zu viel!«

      »Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Du liebst mich nicht und ich kann mich gleich vor ICE schmeißen. Oder du liebst mich wie ich dich und dann können die uns alle mal. Da kann Mount Everest oder K 9 zwischen uns stehen.«

      »K 2«, verbesserte Luisa mit einem Lächeln.

      »Was?«

      »Der zweithöchste Berg der Welt, falls du den meinst, heißt K 2, nicht K 9. K 9 ist der Schäferhund aus Mein Partner mit der kalten Schnauze

      »Ist mir doch scheißegal, kann K 4, K 27 oder auch K 3789 sein. Wenn meine Luisa mich liebt, ist der für mich nur ein Fußabtreter, den ich mal eben links liegen lasse, während ich unterwegs bin, um meiner Luisa in die Arme zu fliegen.« Er stand jetzt auf seiner Seite des Tisches vor ihr und breitete die Arme aus. Einige Gäste des del Angelo schauten interessiert zu ihnen herüber. Aber Fredo schien das eher noch mehr in Fahrt zu bringen als in irgendeiner Form zu irritieren. Er begab sich zu ihrem Platz, nahm erneut ihre Hand und zog sie von ihrem Stuhl. »Wenn meine Luisa mich liebt, da kann Schicksal mir noch so viele Stürme ins Gesicht blasen, sie werden mich am Ende doch zu dir wehen. Je schwieriger und aussichtsloser die Lage, umso herrlicher wird unsere Liebe sein.« Er nahm ihre andere Hand und legte sie auf seine Schulter, als wollte er sie zu einem Tanz überreden. Im Hintergrund lief Bello e impossibile von Gianna Nannini. »Musst du noch Angst haben vor irgendwelchen nachtaktiven Monstern, wenn ich da bin? Traust du mir nicht zu, dass ich auf dich aufpass'? Da können Drachen aus Jurassic Park ausbrechen, ich mach' die alle kalt. Ich schwör's dir, Goldstück: Die krümmen dir kein Haar! Aber du darfst nicht aufhören mich zu lieben, Baby, denn sonst werde ich kraftlos wie Luftballon, dem man die Luft abgelassen hat.« Langsam war sein Kopf dem ihren immer näher gekommen. Er umfasste mit beiden Armen ihre Taille und hauchte ihr ins Gesicht: »Aber


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