Sybille lernt reiten. Christine Rödl

Sybille lernt reiten - Christine Rödl


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halten wohl noch ihren Verdauungsschlaf“, mutmaßte Nina lachend.

      „Den können sie auch am Putzplatz machen“, bestimmte Iris grinsend und legte ihrer Stute das Halfter an.

      Die Freundinnen banden ihre Pferde nebeneinander an und holten die Putzkästen aus der Sattelkammer. Während sie die Ponys striegelten, füllte sich der Parkplatz des Keilhofs. Immer mehr Reiter trafen ein, fingen ihre Vierbeiner ein und begannen sie zu putzen. Nina und Iris griffen den Reitschülern unter die Arme und nach einer halben Stunde waren alle Pferde gesattelt und getrenst. Jetzt tauchte auch Maria Keil auf und begrüßte sie kurz.

      „Heute im Anschluss an die Probe würden wir gerne die Texte aufsprechen. Ihr müsst dafür einfach nur mit schöner Betonung vorlesen. Während der Aufführung wird dann die Aufnahme abgespielt und ihr braucht euch nur aufs Reiten konzentrieren“, erklärte sie. Sie schickte die Weihnachtsfeen und die schwarzen Gestalten zum Warmreiten auf den Reitplatz. Diese hatten zuerst ihren Auftritt und mussten daher auch als erste fertig sein.

      In einer langen Karawane machten sich die Reiter auf den Weg. Am Reitplatz bildete sich eine Warteschlange vor der Aufstiegshilfe. Um die Warterei sinnvoll zu nutzen, führten Iris und Nina ihre Ponys noch zwei Runden um den Platz. Sie bauten direkt einige Führübungen ein und zogen den Sattelgurt nach jeder ihrer Runden etwas fester.

      Zu Beginn ging es am langen Zügel im Schritt um die ganze Bahn. Nach und nach nahmen die Reiter die Zügel auf und und trabten die Pferde an. Auf ein Zeichen von Maria ritten sie aus dem Platz hinaus zur Reithalle, wo das große Tor geöffnet war. Die dunklen Gestalten blieben vor der Halle stehen, die Feen lenkten ihre Pferde hinein.

      Die Quadrille der Feen, die als Erstes auf dem Programm stand, musste zweimal wiederholt werden, bis Maria zufrieden war. Danach durften die schwarzen Reiter ihren Auftritt proben, der eine Art Hetzjagd mit einigen Feen darstellte. Hierbei stahlen die schwarzen Gestalten den Weihnachtszauber und das Abenteuer nahm seinen Lauf.

       Kapitel 3

      Durgeschwitzt ritt Nina im Schritt neben Iris her. Die Probe war diesmal deutlich anstrengender als gestern gewesen. Und jetzt dann mussten sie auch noch ihren gesamten Text aufsprechen. Trotzdem war sie froh um diese Art von Ablenkung. Sie wollte nicht zu ihren Eltern nach Hause. Was, wenn sie ihr mitteilen würden, dass sie sich trennten?

      „Ich glaube, die beiden sind jetzt so weit, dass wir absteigen können. Wir legen ihnen einfach eine Abschwitzdecke auf“, riss Iris ihre Freundin aus den Gedanken.

      Nina sah sie kurz verwirrt an, dann waren die Worte zu ihr durchgedrungen. Sie nickte und schwang sich aus dem Sattel. Mit steifen Gliedern führten sie die Ponys zurück zum Putzplatz. Auch jetzt herrschte hier wieder reges Treiben. Maria und Rolf waren fleißig damit beschäftigt die Reitschüler beim Absatteln und Versorgen der Pferde zu unterstützen.

      „Geht ihr doch schon mal hinein und beginnt mit den Aufnahmen. Dann helfen wir den Reitern hier draußen“, schlug Iris vor. Rolf schüttelte jedoch den Kopf.

      „Ihr habt uns heute so viel im Stall geholfen. Wenn überhaupt geht Maria rein, sie kennt sich eh besser damit aus, wer welchen Text aufsprechen muss“, erklärte er. Seine Frau, die gerade mit einem Stapel Abschwitzdecken herangetreten war, drückte ihm ihre Last in die Arme.

      „Dann geh ich mal rein und koche direkt eine oder eher einige Kannen Tee. Jeder der hier draußen nichts mehr zu tun hat, kommt zur Aufnahme hinein.“ Sie gab Rolf einen Kuss auf die Wange und verschwand ins Haus.

      Ihr folgten schon bald ein paar Reitschüler, die froh waren, sich endlich aufwärmen zu können.

      Nina, Iris und Rolf blieben so lange draußen, bis auch das letzte Pferd versorgt worden war und traten schließlich zuletzt ein. Mittlerweile waren viele der Reiter schon wieder auf dem Heimweg, denn die meisten hatten nur einige Sätze gehabt, die aufgenommen werden mussten. Sie staunten nicht schlecht, als sie mitten auf dem Wohnzimmertisch einen Laptop und ein Mikrofon, auf einem speziellem Ständer, dafür vorfanden. Vor diesem Mikro saß Nadine, eine Reitschülerin, die im gleichen Alter wie Nina und Iris war. Ihr war die große Ehre zu Teil geworden Campari, einen stattlichen Rappen, während der Aufführung zu reiten. Mit ihm würde sie das Volk der dunklen Reiter anführen. Alleine dadurch hatte sie schon eine Menge Text. Da sie sich beim Einsprechen immer wieder verhaspelte und die Aufnahme neu gestartet werden musste, dauerte es eine ganze Weile, bis endlich alles aufgenommen worden war.

      Da nach ihr noch drei weitere Mädchen warteten, verkrümelten sich Nina und Iris mit Tee und Keksen in Iris Zimmer. Mittlerweile hatte Nina wieder einige Nachrichten von Madeleine und Lisa bekommen, die sie nun durchlas. Während Lisa sich sicher war, dass es sich um einen harmlosen kleinen Streit gehandelt hatte, beschimpfte Madeleine Ninas Vater wüst und war der Meinung, Nina sollte kein Wort mehr mit ihm sprechen. Iris las die Nachrichten ebenfalls und legte den Kopf in den Nacken, um nachzudenken.

      „Ich weiß doch noch nicht mal, ob er wirklich eine Freundin hat“, seufzte Nina und tippte die Worte gleichzeitig in ihr Smartphone.

      „Na dann müssen wir das herausfinden“, kam die Antwort von Madeleine prompt via WhatsApp.

      „Und wie?“, fragte Lisa nun.

      „In dem wir ihn auf frischer Tat ertappen“, antwortete Iris, ebenfalls im Gruppenchat und Nina blickte sie erstaunt an.

      „Und wie stellen wir das an?“, wollte sie wissen. Wenige Sekunden später tauchte die gleiche Frage von Madeleine im Nachrichtenverlauf auf.

      „Iris? Kommt ihr?“, tönte da von unten Rolfs Stimme.

      „Das überlegen wir uns, wenn wir unseren Text aufgesprochen haben“, entschied Iris und tippte eine kurze Antwort in den Chat. Anschließend gingen die Mädchen die Treppe hinunter.

      Die anfängliche Nervosität bei der Aufnahme verflog schnell und bald machte es den beiden Freundinnen großen Spaß, ihren Text vorzulesen. Nina ging bei dieser Aufgabe richtig auf und betonte ihre Sätze wie eine echte Schauspielerin. Iris ließ sich von ihr anstecken und spielte ihre Rolle genauso überzeugend.

      Als sie am Ende des Stücks angekommen waren, seufzte Nina. „Schade, das hat gerade so viel Spaß gemacht!“

      Gemeinsam gingen sie zurück in Iris‘ Zimmer, denn nun mussten noch Rolf und Maria ihren Text aufsprechen.

      Madeleine und Lisa hatten scheinbar wie auf heißen Kohlen vor ihren Smartphones gesessen. In regelmäßigen Abständen war ein „?“ in der WhatsApp-Gruppe aufgetaucht.

      „Hast du schon einen Plan?“, fragte Nina nun neugierig.

      „Nicht so richtig“, gab Iris zu, „erzähl doch erstmal ein wenig von deinem Papa und vor allem seiner Arbeit. Vielleicht fällt uns dann etwas ein. Wenn er deine Mama wirklich betrügt, muss er ja irgendwann zu seiner Freundin fahren.“

      Um nicht alles zusätzlich noch tippen zu müssen, nahm Nina gleichzeitig eine Sprachnachricht für WhatsApp auf, als sie zu reden begann.

      „Mein Papa ist Rechtsanwalt und eigentlich ist er immer bei der Arbeit. Auch oft am Wochenende. Zumindest behauptet er das. Ich glaube, dass er sich da aber vermutlich eher mit dieser anderen Frau getroffen hat. Ich weiß allerdings nicht, wer diese Frau ist und woher er sie kennt“, erklärte Nina.

      „Vielleicht eine Mitarbeiterin oder eine Kundin?“, schrieb Madeleine.

      Iris nickte sofort. „Das würde Sinn machen“, meinte sie.

      „Hat er eine Sekretärin? In Filmen haben die Männer doch immer eine Affäre mit ihrer Sekretärin?“, kam es nun von Lisa.

      Nina hielt inne. Tatsächlich hatte ihr Vater eine Sekretärin. Julia Krüger arbeitete schon eine ganze Weile für ihn. Nina hatte sie bereits öfter getroffen und etliche Male mit ihr telefoniert, als sie eigentlich versucht hatte ihren Papa zu erreichen. Sie war nett und wirklich hübsch, allerdings mindestens 10 Jahre jünger als Bernd. Genau das teilte


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