Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich


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«Ja nun, das ist aber auch nicht viel mehr», meinte der zweite, Müller.

       «Nun, ein Dollar ist ungefähr ein Speziestaler», sagte Herr Weigel. «Lassen Sie mich einmal sehen – die stehen jetzt – stehen jetzt 1 Thlr. 12 ½ Silber- oder Neugroschen.»

       «Nu ja», sagte Menzel wieder, «das ist aber immer kein Geld – und für tausend Dollars kauft man da eine fix und fertig eingerichtete F a r m, wie sie’s, glaub’ ich, nennen, mit allem, was dazu gehört?»

       «Ich habe hier gerade», sagte Herr Wenzel, in seinen Papieren suchend, «ein paar Anerbietungen von höchst achtbaren Leuten – wirklichen Amerikanern – die mir Farmen zu höchst mäßigen Bedingungen offerieren. Die Leute wissen da drüben, daß hier viele zu mir kommen und sich nach solchen Plätzen erkundigen, und wenn sie dann ‘was Gutes haben, schicken sie’s mir. Wo hab’ ich denn die verwünschten Pläne jetzt hingelegt – ah, hier ist der eine – sehen Sie, Gebäude und alles sind darauf angegeben – und der andere kann nun auch nicht weit sein; ich habe sie erst vorgestern meinem Bruder gezeigt, der gar nicht übel Lust hatte, eine davon für sich zu kaufen – da ist er.»

       Die drei Bauern drängten sich um den kleinen Tisch herum, auf dem Herr Weigel die Pläne jetzt ausbreitete, und suchten sich in den kreuz und quer laufenden Strichen zu orientieren, wie der Platz eigentlich liege und was darauf stände.

       «Ja, aber w o ist denn das nun eigentlich und wie sieht’s dort aus?» sagte Menzel endlich nach einigen vergeblichen Versuchen deshalb. «Aus der Geschichte wird man nicht klug.»

       «Ja, sehen Sie», sagte Weigel, mit seinem Finger den Plan erklärend und den angegebenen Zahlen folgend, «das hier, Nr. 1, ist das Wohnhaus, ein Doppelgebäude, der Zeichnung nach mit einer offenen Veranda dazwischen, des warmen Klimas wegen, denn drum herum stehen ,Baumwollenbäume’ angegeben, Nr. 2 da ist ein anderes Gebäude, bis jetzt zu Negerwohnungen benutzt; denn der bisherige Besitzer scheint Sklaven gehalten zu haben; Nr. 3 ist eine Scheune; Nr. 4 ist ein Rauchhaus, die Leute verschicken von dort aus viel getrocknetes Fleisch; Nr. 5 ist, wie es scheint, ein Waschhaus, und Nr. 6 ein anderes Wohnhaus, was dem ersten gegenübersteht und wahrscheinlich den ganzen Hofraum, da die Front nach dem Flusse zu liegt, abschließt.»

       «Und welcher Fluß ist das?»

       «Der Missouri, einer der größten Ströme Amerikas, über eine englische Meile breit und viele hundert Meilen hinauf schiffbar; alle Wetter, meine Herren, von den dortigen Strömen können wir uns hier gar keinen Begriff machen!»

       «Hm – und wieviel Land gehört dazu?»

       «Dazu gehört ein ,Died’ von vierzig Ackern, was früher als Kongressland gekauft und schon bezahlt ist, und natürlich mit übernommen wird; um den Platz herum kann noch so viel Kongressland dazugenommen werden, wie man haben will – nur die vierzig Acker, von denen aber ein Teil schon urbar gemacht ist, müßten natürlich höher bezahlt werden23

       «Und was soll die ganze Geschichte kosten?» frug Müller. Der dritte, dessen Name Brauhede war, hatte noch kein einziges Wort zu der ganzen Verhandlung gesagt.

       «Die ganze Geschichte», erwiderte Weigel, sich das Kinn streichend, «wie ich sie Ihnen hier gleich an Ort und Stelle überlassen kann, mit Häusern und Grundstück und dazu noch einem kleinen Viehbestand von vielleicht einigen achtzig Stück Rindvieh und fünfundfünfzig oder sechzig Schweinen, würde – etwa – Eintausend und einige sechzig spanische Dollars betragen.»

       «Und das wäre nach unserem Geld?» sagte Menzel, Müller dabei heimlich unter dem Tisch anstoßend.

       «Nach unserem Geld?» wiederholte Herr Weigel, mit einem Stück dort liegender Kreide die Summen rasch auf dem Tisch selber aufaddierend. «Würde es in einer runden Zahl etwa Tausend – vierhundert – eine Kleinigkeit über vierzehnhundert Taler Preußisch Courant betragen.»

       «Wieviel Stück Rindvieh?» sagte Müller.

       «Einige achtzig Stück sind angegeben», sagte Weigel, «und müssen auch überliefert werden; aber gewöhnlich sind es noch mehr, denn das Vieh läuft draußen im Freien herum und bekommt Kälber, und man weiß es oft nicht einmal – die Kälber werden überhaupt nie mitgezählt.»

       «Und die Passage hinüber kostet?» frug Menzel.

       «Zwischendeck oder Kajüte?»

       «Zwischendeck – immer wo’s am billigsten ist», lachte Menzel und strich sich wohlgefällig über die silbernen Knöpfe.

       «Ja, kann mir’s denken», rief Herr Weigel, auf den Scherz eingehend und ihn leise gegen den Arm von sich stoßend, «Sie sehen mir auch gerade aus, als ob’s Ihnen auf ein paar Taler ankäme!»

       «Ja, wo man’s kann, muß man’s zusammennehmen», beteuerte auch Müller, «also wie viel kostet’s im Zwischendeck à Person?»

       «Vierundvierzig Taler für die Person – Kinder zahlen die Hälfte.»

       «Aber ganz kleine Kinder?» sagte Müller.

       «Nun, Säuglinge gehen ein», lachte Herr Weigel, «das ist die Beilage, die doch auch nur vom Schiff aus indirekte Nahrung bekommen.»

       «Leichten Zwieback?» frug Menzel.

       «Ja wohl», sagte Herr Weigel, etwas verlegen lächelnd, da er nicht wußte, ob der Bauer das im Spaß oder Ernst gemeint. – «Wie viel Personen sind sie denn aber wohl etwa?»

       «Nu, so einige sechzig möchten wir immer zusammen herausbekommen», meinte Müller.

       «Aber alle auf ein Schiff müßtet Ihr uns bringen», sagte Menzel.

       «Nun, das versteht sich von selbst», rief Herr Weigel, «und ein famoses Schiff geht gerade den 15. ab – ich glaube, das beste, das von Bremen und Hamburg überhaupt läuft – die Diana.»

       «Ne, das wär’ uns noch zu früh. »

       «Am 1. nächsten Monats geht ein noch besseres», sagte Herr Weigel, «wenigstens geräumiger und ein besserer Segler.»

       «Ne, das wär’ uns auch noch zu früh», sagte Menzel.

       «Gut, dann träfen sie es gerade ausgezeichnet mit dem Meteor», versicherte Herr Weigel, keineswegs außer Fassung gebracht, «ich wollte Ihnen den im Anfang nicht anbieten, weil ich fürchtete, daß Sie früher zu reisen wünschten; wenn Sie aber s o lange Zeit haben, dann kann ich Ihnen allerdings die vorzüglichste Reisegelegenheit bieten, die sich nur überhaupt denken läßt.»

       «So – na, das paßte schon besser», sagte Müller, «wie hieß das Schiff gleich?»

       «Meteor.»

       «Hm – werd’ es mir merken – aber nicht wahr, beim D u t z e n d kriegen wir die Passage doch auch ‘was billiger.»

       «Ne, d a s geht nicht», lachte Herr Weigel gerade heraus. «Es ist ja nicht so, daß ein Schiff nur eben so viel Menschen an Bord nehmen kann, wie darauf Platz haben, sondern es muß auch genug Raum und über und über genug Essen und Trinken für sie dabei sein, w e n n einmal die Reise in einem unglücklichen Fall länger dauerte als gewöhnlich. So ein Schiff hat deshalb auch nur eine bestimmte Zahl von Auswanderern, die es an Bord nehmen kann und nach amerikanischen Gesetzen nehmen d a r f , und auf die ist alles mit Kosten und Preis ausgerechnet, auf’s tz. Die kleinen Kinder werden eingegeben, aber die großen müssen bezahlen. Und wie war’s mit der Farm? »

       «Wo ist denn der andere Platz, zu dem der lange Zettel gehört?» sagte Menzel, der sich diesen indessen genau betrachtet und nach allen Ecken herum und herumgedreht hatte, ohne, wie er meinte, einen Handgriff dran bekommen zu können.

       «Der hier? Der ist in Wisconsin; auch ein guter Platz, aber kein so großer Strom dabei», sagte Herr Weigel. «Ist aber auch billiger. Dort kann ich Ihnen eine Farm, allerdings nur mit einigen vierzig Kühen, für etwa Siebenhundertundfünfzehn Dollars überlassen, und dann habe ich noch fünf andere von sechs-, acht-, elf-, neun- und, ich glaube, zwölfhundert Dollars – die letztere ist aber eine


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