Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich

Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich


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«Zu teuer? – Warum?» sagte Menzel. «Wenn man sich einmal etwas kauft, soll man sich auch gleich ‘was Ordentliches anschaffen. Ich habe mir übrigens die Sache immer viel schwieriger vorgestellt mit dem Ankaufen und gedacht, daß man erst lange in der Welt umherfahren und sein Geld verreisen müßte. Wenn man das hier gleich an Ort und Stelle abmachen kann, ist das ja weit bequemer.»

       «Auf eins möchte ich Sie übrigens noch aufmerksam machen, meine Herren, was Sie ja nicht versäumen dürfen», sagte Herr Weigel, «nämlich sich hier gleich Ihre Billets zur Weiterfahrt ins Innere, wohin Sie auch immer wollen, zu lösen.»

       «Von New York aus?» fragte Menzel verwundert.

       «Jawohl, von New York oder Philadelphia, oder wohin Ihr Reiseziel liegt.»

       «Ja, aber kann man denn die h i e r bekommen?» frug Müller.

       «Gewiß kann man das», lächelte Herr Weigel, «und das ist gerade der ungeheure Vorteil unserer jetzigen Verbindung, die den Auswanderer von der Tür seiner alten Heimat fort vor die seiner neuen setzt, ohne daß er ein einziges Mal in die Tasche zu greifen und mehr zu bezahlen braucht, als was er gleich von allem Anfang entrichtet hat. Das eben macht auch das Reisen jetzt so billig, daß man mit e i n e m Blick imstande ist, sämtliche Kosten zu übersehen. Die E x t r a – Ausgaben fallen ganz weg.»24

       «Das wäre freilich ein Glück», sagte Müller, von dem erst vor einigen Monaten ein Bruder ,hinüber’ gegangen war. «Die Extra-Ausgaben fressen sonst das meiste Geld.»

       « O b sie’s fressen, bester Herr, o b sie’s fressen », sagte Herr Weigel, sich wieder vergnügt die Hände reibend.

       «Und wo kann man die Billete also bekommen?» frug Menzel.

       «Bei mir hier, versteht sich», sagte Herr Weigel. «Alle bei mir.»

       «Und die gelten dann drüben?»

       «Nun, versteht sich doch von selbst», lachte der freundliche Agent. «Ich würde sie Ihnen ja doch sonst nicht verkaufen. Sehen Sie, wenn die Deutschen hinüber kommen, dann sprechen sie gewöhnlich noch kein Englisch – oder haben Sie das etwa schon gelernt?»

       «Ne.»

       «Nun sehen Sie, und dann werden sie dort von ihren Landsleuten – denn der Amerikaner ist nicht halb so schlimm – die sich das richtig zunutze zu machen wissen, tüchtig übers Ohr gehauen und müssen gewöhnlich gerade noch einmal so viel bezahlen, als die Sachen eigentlich kosten.»

       «Aber es soll doch eine ,Deutsche Gesellschaft’ drüben in New York sein25», sagte jetzt Brauhede, der zum erstenmal bei der ganzen Versammlung den Mund auftat, «die sich eben der Deutschen annimmt und nichts dafür verlangt.»

       «Leben wollen wir a l l e », sagte Herr Weigel achselzuckend, «umsonst ist der Tod, und daß die Leute, wenn sie ihre Zeit darauf verwenden, für die Deutschen zu sorgen, auch etwas dafür nehmen werden, läßt sich wohl an den fünf Fingern abzählen. New York ist aber ein teures Pflaster, die Leute b r a u c h e n dort mehr, wie wir hier, und wer es daher b i l l i g e r tun kann, liegt auf der Hand. Ich will m i c h auch keineswegs empfehlen, lieber Gott, es gibt noch eine Menge Leute in Deutschland, die sich demselben schwierigen und undankbaren Geschäft unterzogen haben wie ich, und die es sich vielleicht ebenso sauer werden lassen, gerade und ehrlich durch die Welt zu kommen; aber einen, der es besser m e i n t dabei, werden Sie wohl schwerlich finden, und ich überrede gewiß niemand, nach Amerika auszuwandern. Jeder Mensch muß seinen freien Willen haben und auch am besten selber wissen, was ihm gut ist.»

       «Ne gewiß», sagte Menzel, «da habt Ihr ganz Recht, das ist auch mein Grundsatz; aber das mit dem Amerika leuchtet mir auch ein, und umsonst tut da gewiß niemand etwas. Das sind verflixte Kerle da, hab’ ich mir sagen lassen, besonders die Deutschen, und wo die nicht wollen, gucken sie nicht ‘raus.»

       «Also die Billete kann man hier bei Euch kriegen?»

       «Wohin Sie wollen, und ich stehe Ihnen dafür, daß sie nicht allein echt sind, sondern daß die hier in Deutschland gelösten Plätze auch noch den Vorrang haben vor allen in Amerika genommenen – wenn einmal Eisenbahn26 oder Dampfboote zu sehr besetzt sein sollten. Es ist ja hier gerade so mit der Post, wo die, die sich zuerst und auf der längsten Station haben einschreiben lassen, den Vorrang erhalten müssen vor denen, die nachher kommen.»

       «Ahem, das ist klar», sagte Menzel. «Na also, da dächt’ ich, ließen wir uns gleich einmal Plätze belegen und gäben das Draufgeld, damit wir die Sache richtig hätten, und nachher können wir ja einmal über die Farmen sprechen. Ich habe verwünschte Lust.»

       «Du, das hat noch Zeit», sagte aber jetzt Brauhede wieder, Menzel am Rocke zupfend. «Erst müssen wir es uns doch einmal mit den anderen zu Hause überlegen.»

       «Wenn aber nachher die Plätze auf dem ganz guten Schiff fort sind», sagte Müller mit einem sehr bedenklichen Gesicht.

       «Ja, s t e h e n kann ich Ihnen n i c h t dafür», versicherte Herr Weigel, die Achseln zuckend, daß sie beinahe seine Ohrläppchen berührten.

       «Na, meintwegen», sagte Brauhede, der allerdings auch in der Absicht hierher gekommen war, ihre Passage fest zu akkodieren, jetzt aber, da es dazu kam, Geld zu zahlen, nur ungern damit herausrückte. «Aber von wegen der Farm müssen wir noch erst mit den anderen sprechen, und eine Farm kriegen wir auch noch immer.»

       «Ja, aber w a s für eine», sagte Herr Weigel.

       Brauhede blieb aber bei seiner Meinung, und Menzel bestand jetzt nur wenigstens darauf, die beiden Pläne einmal mitzunehmen, damit sie sich zu Hause ordentlich hineindenken könnten. Wenn auch Herr Weigel sie im Anfang nicht außer Händen geben mochte, ja sogar versicherte, er habe nicht übel Lust, die eine Farm für sich selber auf Spekulation zu kaufen, ließ er sich doch zuletzt überreden, ihnen, aber allerdings nur auf zwei Tage, die Pläne zu überlassen, und dann das weitere über den Ankauf mit einer zweiten Deputation der Gesellschaft zu besprechen.

       Menzel bezahlte dann das Aufgeld auf ihre Passage im M e t e o r für siebenundfünfzig Personen und dreizehn Kinder, die sämtlich aus e i n e r Ortschaft auswandern wollten, und nahm dann auch noch, nach einer kurzen Beratung mit den beiden anderen, die nötigen Billete auf der Eisenbahn von New York aus, oder machte wenigstens eine Anzahlung darauf, daß sie ihnen der Agent aufbewahrte, da dieser versicherte, er sei nur noch in Besitz einer sehr kleinen Anzahl und wisse nicht, wenn er gleich wieder andere bekommen würde, während die Anfrage danach sehr stark wäre.

       Außerdem kauften sie sich auch noch ein halbes Dutzend kleine Broschüren, die Herr Weigel, wie er sagte, gerade frisch aus der Druckerei als etwas g a n z N e u e s bekommen hatte – ein Datum stand nicht darauf – und die drei Männer verließen dann wieder, von dem schmunzelnden Agenten bis an die auf den Markt führende Tür begleitet, das Haus.

       «Höre Du», sagte Brauhede, als sie wieder vor dem Haus und auf der Straße waren, und langsam über den Markt weggingen, «mit dem Landkaufen wollen wir uns doch lieber hier noch nicht einlassen, das ist eine wunderliche Geschichte und will mir nicht recht in den Kopf.»

       «Nicht in den Kopf?» rief aber Menzel. «Und warum nicht? – Der Mann bekommt alle Tage Briefe aus Amerika, warum soll der nicht wissen, was dort zu verkaufen ist?»

       «Wenn’s aber so gut und billig wäre, brauchten sie’s doch nicht hier herüber zu schicken», meinte Brauhede kopfschüttelnd.

       «Das ist alles, was Du davon verstehst», sagte Müller. «Amerikaner könnten sie gewiß genug zu Käufern kriegen, aber deutsche Bauern wollen sie, die ihnen zeigen, wie man das Land behandeln muß, und darum schicken sie herüber. Die sind froh drüben, wenn unsereins hinüberkommt.»

       «Nun, mag sein», brummte Brauhede. «Aber sicher ist doch sicher, und wenn ich mein Geld hier weggegeben habe, und kann das Land, was mein sein soll, nachher nicht finden, wie’s dem Niklas seinem Bruder gegangen ist, nachher wäre die Geschichte faul.»

       «Dem Niklas sein Bruder war aber auch ein Esel», sagte der andere, «der


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