Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes. Michael Schenk

Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes - Michael Schenk


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Welle auf Welle wuchs ihre Streitmacht zu

      einer gewaltigen Woge heran, die schon bald über die Stadt und ihre

      Menschen hereinbrechen und sie verschlingen würde.

      »Wir werden die Mauer nicht mehr lange halten können«, sagte Helrund

      und blickte die Mauerkrone entlang.

      »Nein, nicht mehr lange.« Palwin spuckte aus, und sein Speichel mischte

      sich mit dem allgegenwärtigen Sand. »Wir werden sie aufgeben und uns

      zurückziehen müssen. Doch bevor das geschieht, werden wir unsere Lanzen

      in die Leiber der verfluchten Barbaren senken. Mögen die finsteren Abgründe

      den Sand und seine Krieger verschlingen.«

      Die Wehrmauer umgab die in konzentrischen Ringen errichteten Häuser

      Tarsilans und wirkte mächtig und unbezwingbar, aber es gab einfach zu

      wenige Männer, um die Stadt verteidigen zu können. In viel zu weiten

      Abständen standen sie entlang der Mauer hinter den Zinnen. Die meisten von

      ihnen trugen die grünen Umhänge der Pferdelords, doch einige waren in den

      braunen Stoff der einfachen Stadtbewohner gehüllt. Auch neben Helrund und

      Palwin stand ein solcher Mann, den die beiden Pferdelords mit Argwohn

      betrachteten. Es lag nicht einmal an ihm selbst, denn immerhin gehörte er

      dem Pferdevolk an. Doch in seinen Händen hielt er Waffen, welche die

      beiden erfahrenen Kämpfer zutiefst verabscheuten.

      »Es ist nicht recht, dem Feind mit Pfeil und Bogen zu begegnen«, brummte

      Palwin. »Man muss ihm im Sattel begegnen und die Lanze mit festem Stoß in

      seinen Leib senken. Von Angesicht zu Angesicht.« Er spuckte erneut aus.

      »Ihn aus der Ferne mit dem Pfeil abzuschlachten, hat keine Ehre.«

      Der Mann im braunen Umhang erwiderte Palwins Blick und verzog das

      Gesicht. »Ihr werdet Euch schon bald wünschen, es gäbe mehr von meiner

      Art auf der Mauer, guter Herr Pferdelord.«

      Palwin stieß ein obszön klingendes Geräusch aus. »Den Pfeil in einen

      Pelzbeißer oder eine Raubkralle zu senken, das ist Euer ehrliches Handwerk,

      Herr Jäger. Aber einen Krieger aus der Ferne zu morden, das hat keine Ehre.

      Nein, die hat es nicht.«

      »Sagt das den Barbaren des Sandvolkes, Herr Pferdelord«, erwiderte der

      Jäger wütend. »Auch sie töten aus der Ferne. Ihr kennt ihre merkwürdigen

      Rohre, die sie an den Mund legen und mit denen sie ihre scharfen Stacheln

      verschießen. Schon mancher Pferdelord wurde durch sie vom Pferd geholt.«

      »Wie auch immer, es hat keine Ehre«, knurrte Palwin.

      Helrund legte seine Hand beschwichtigend auf die Schulter seines

      Kampfgefährten. »Streitet nicht. In diesem Moment stehen wir vereint,

      Schulter an Schulter. Ich gebe Euch recht, mein guter Herr Palwin, es wäre

      ehrenhafter, dem Feind auf dem Rücken unserer Pferde zu begegnen, die

      Stoßlanze fest in der Hand. Aber selbst der König sagt, dass eines Tages

      womöglich gar die Pferdelords mit Pfeil und Bogen kämpfen.«

      »Niemals«, erwiderte Palwin entschieden. »Kein wahrer Pferdelord würde

      diese Waffen verwenden, um den Feind so ehrlos abzuschlachten.«

      »Die Ehre, die Ehre«, zischte der Jäger. »Wo war sie denn, als die

      Barbaren in unser Land einfielen, unsere Weiler überrannten und Frauen und

      Kinder abschlachteten? So wahr ich Otan aus dem Grüntalweiler heiße, ich

      bin ein guter Jäger, Ihr Herren Pferdelords, und solange noch Kraft in meinen

      Armen ist und Pfeile in meinem Köcher sind, werde ich ihre Spitzen in die

      Leiber der Mörder senken.«

      Helrund nickte und lächelte versöhnlich. »Wohl gesprochen, guter Herr

      Otan.« Er klopfte Palwin auf die Schulter. »Und er hat recht, mein Freund,

      wir werden uns bald wünschen, mehr Jäger auf der Mauer zu haben, die ihre

      Pfeile auf den Feind schießen können.«

      »Dennoch sollten wir ihm gebührend entgegentreten. Auf dem Rücken der

      Pferde und mit vorgereckter Lanze.« Palwin grinste. »So wie wir uns das

      erste Mal begegnet sind, Helrund, mein Freund.«

      Helrund erwiderte das Lächeln. »Ich kann mich noch gut daran erinnern,

      guter Herr Palwin. Der Kampf um die Herde des Grausteinweilers, bei dem

      Ihr mir Eure Lanze in die Schulter rammtet. Ein guter Stoß, noch immer

      schmerzt die Narbe, wenn das Wetter umschlägt.«

      »Heute wird mein Schild Euch decken, guter Herr Helrund.« Palwin

      schüttelte die Stoßlanze in seiner Hand. »Und mein Stahl wird den Feind von

      der Mauer stoßen.«

      »Wir haben dem Feind nicht viel Stahl entgegenzusetzen«, seufzte

      Helrund. »Die Hälfte der Wache des Königs und die Menschen der Weiler

      sind auf dem Weg zur Grenze, um eine neue Heimat zu finden. Unsere

      Reihen sind dünn besetzt.« Er zuckte die Schultern. »Immerhin stehen wir

      nun geeint Seite an Seite, alter Freund.« Helrund blickte über die Mauer auf

      die sich sammelnden Barbaren des Sandvolkes. »So haben wir den Barbaren

      auch etwas Gutes zu verdanken.«

      Noch vor wenigen Jahreswenden waren die Clans des Pferdevolkes

      verstreut gewesen und kämpften untereinander um Herden und Weidegründe.

      Als dann die Barbaren des Sandvolkes aus dem Norden herandrängten, waren

      einzelne Weiler des Pferdevolkes eine leichte Beute und wurden einfach

      überrannt. Doch in der Zeit der höchsten Not, als alles verloren schien, war

      wie aus dem Nichts ein Mann aufgetaucht und hatte die Wende

      herbeigebracht.

      Wer ihn von Ferne sah, war wenig beeindruckt, denn der Mann wirkte

      schmächtig und unscheinbar, aber aus der Nähe erkannte man das Feuer, das

      in seinen Augen brannte. Mit Überredungskunst und Waffengewalt einte er

      die Clans und wurde schließlich der erste König des Pferdevolkes. Fast schien

      es, als könne das Volk mit vereinter Kraft den Barbaren widerstehen, aber es

      gab zu viele von ihnen, und viele tapfere Pferdelords fielen unter den

      Stachelpfeilen


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