Buntes Treiben. Gerstäcker Friedrich

Buntes Treiben - Gerstäcker Friedrich


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Madame Roßberg und warf den Kopf stolz und vornehm zurück.

      „Ja, aber was wollen Sie denn?" sagte Rosenthal.

      „Ich bin hier, um eine Klage gegen den Mann da einzuleiten," nahm Madame Roßberg jetzt das Wort, „ich will einmal sehen, ob noch Gerechtigkeit im Lande ist, und ob er das nämliche Schild über seiner Thür aufhängen darf, was ich über der meinen habe, um seinen Mitmenschen das Brod vom Munde wegzuschnappen. Das sagen Sie dem Friedensrichter, geschworen haben wir schon, daß wir die Wahrheit sprechen wollen, und dann kann die Geschichte gleich losgehen."

      „Was sagt sie?" frug der Friedensrichter.

      „Ach Sir," lachte der Handelsmann, „das ist ein Irrthum. Die beiden Leute wollen sich gar nicht mit einander verheirathen, sondern einander gerade im Gegentheil verklagen, wegen eines Aushängeschilds, das -"

      „Was?" rief Boyles und sah sein Factotum verblüfft an, „sie sind nicht hierher gekommen, um sich zu heirathen?"

      „Ih Gott bewahre," lachte Rosenthal, „sie denken gar nicht daran und sind einander spinnefeind. Nein, sie wollten nur -"

      „Ja, dann ist das Unglück geschehen," unterbrach ihn aber Boyles, also in die Enge getrieben, „und kein Teufel kann sie wieder auseinander bringen. Sie sind jetzt Mann und Frau."

      „Na, das wär' nicht übel," lachte Rosenthal, „ohne daß sie Beide 'was davon wissen?"

      „Ja, ich habe mir doch nichts Anderes denken können, und Amerikanisch sprechen sie auch nicht."

      „Was ist das, was er sagt?" frug Frau Roßberg rasch, die auf ein paar Worte aufmerksam geworden war.

      „Weiter nichts," lächelte Rosenthal, dem die Sache allerdings komisch genug vorkam, „als daß Sie einander wohl /57/ nicht mehr zu verklagen brauchen, Madame Roßberg, denn Sie sind jetzt alle Beide wirklich und ordentlich verheirathet und Mann und Frau."

      „Nanu?" rief Pechtels, in die Höhe fahrend, während die Frau den Händler anstarrte, als ob sie einen Geist gesehen hätte.

      „Seid Ihr verrückt?" rangen sich ihr zuletzt die Worte von den Lippen.

      „Der Richter sagt's," zuckte Rosenthal mit den Achseln, „er hat geglaubt, Sie wollten sich trauen lassen, und die Sache ist abgemacht. Das kostet aber immer fünf Dollars, Herr Pechtels, und ist eigentlich billig genug."

      „Jetzt freut mich aber mein Leben," sagte Pechtels und sah den Richter noch immer starr und erstaunt an, „das ist ja doch gar nicht möglich - in den paar Minuten."

      „Wenn der Mensch verrückt genug gewesen ist, einen solchen Unsinn zu begehen," rief indeß Frau Roßberg, die sich zuerst wieder von ihrem Erstaunen, aber noch lange nicht von ihrer Entrüstung sammelte, „so mag er es auch wieder auflösen. Sprechen Sie mit ihm, Rosenthal, aber gleich, so lange mir noch hier sind. Nicht einen Fuß setze ich über die Schwelle hinaus, bis ich nicht wieder von dem Menschen geschieden bin."

      Rosenthal wandte sich jetzt an den Friedensrichter und bat ihn, dem Verlangen der Dame nachzukommen. Dieser aber sagte achselzuckend:

      „Sie sind doch nicht etwa schon anders verheirathet? Das wäre sonst eine verfluchte Geschichte, denn sie hätten in dem Fall einen Meineid geschworen."

      „Nein," sagte der Händler, „die Frau ist Wittwe, und der Mann ist Junggeselle."

      „Desto besser," nickte der Richter zufrieden, „an der Sache selber aber kann ich gar nichts thun, und wenn sie wieder geschieden werden wollen, so bleibt ihnen nichts Anderes übrig, als sich an die 8upreme Court zu wenden, und da wird's Schwierigkeiten und Umstände genug haben. Ich kann die Leute wohl verheirathen, aber nicht wieder scheiden, oder es gäbe eine Heidenconfusion in den Ehen und Arbeit genug." /58/ „Aber wenn es nun ein reines Versehen war?"

      „Das könnte nachher ein Jeder sagen," bemerkte Boyles trocken. „Verheirathet sind sie und bleiben sie; daran läßt sich nichts mehr ändern."

      3.

      Nach der Hochzeit.

      Frau Roßberg sah schon aus den Bewegungen des Friedensrichters, daß er sich weigere, dem Verlangen zu willfahren, und gerieth jetzt in der That fast außer sich. Es war ein Glück für sie, daß Boyles kein Wort von alledem verstand, was sie in ihrer Aufregung vorsprudelte, denn „Esel" und andere Thiernamen gehörten dabei noch zu den mildesten Ausdrücken. An der Sache selber aber ließ sich in der That nichts mehr ändern, und mit der größten Unbefangenheit bestand Boyles noch außerdem fortwährend auf der Bezahlung seiner fünf Dollars von Pechtels, und drohte sogar, diesen als widersetzlich gegen das Gericht einsperren zu lassen, bis er seiner Verpflichtung nachgekommen wäre.

      Pechtels machte nun allerdings den Vorschlag, daß sie Beide, er und Madame Roßberg, den „erlittenen Schaden" gemeinschaftlich tragen sollten, aber die Dame, seine jetzige Frau, warf ihm nur einen verächtlichen Blick zu, verließ die Office, rief nach ihrem „Hannes" und rasselte kaum eine Viertelstunde später mit der alten Kathrine nach der Ansiedelung zurück.

      Die Madame Roßberg war übrigens eine ganz entschiedene Frau und hatte schon ihren Plan entworfen. Hier konnte ihr natürlich Niemand helfen, denn die Männer hielten ja doch alle zusammen, aber an ihren Consul in Cincinnati wollte sie sich direct wenden, und der müßte und würde ihr auch Recht verschaffen. Das wäre doch noch schöner gewesen, wenn man /59/ nicht einmal zu einem Friedensrichter hätte gehen können, um eine Klage anzubringen, ohne gleich verheirathet zu werden.

      Pechtels, wie er seine fünf Dollars bezahlt und den ersten Aerger überwunden hatte, mußte doch lachen; die Geschichte war eigentlich komisch, und daß er gerade mit der Wittwe vom „goldenen Löwen" so gewissermaßen heimtückisch zusammengegeben worden, ein zu wunderlicher und abnormer Fall. Boyles aber wurde, als ihn die „Ladies" verlassen, und er sein Geld in der Tasche hatte, gemüthlich. Er lud Pechtels und Rosenthal zu sich in den Laden und „tractirte", das heißt, er schob Jedem ein Glas und die Whiskyflasche hin, damit sie sich „selber helfen sollten", ließ sich dann noch einmal den Namen des Bräutigams sagen, den er aber hartnäckig mit k statt ch aussprach, und trank dann die Gesundheit der „Madame Pektels und einer Menge von kleinen Pektels, als Nachkommenschaft in der Ansiedelung".

      Pechtels mußte natürlich gute Miene zum bösen Spiele machen, und nur das beruhigte ihn, daß Rosenthal nicht gerade jetzt in ihre Gegend fuhr, denn geschwiegen hätte der Bursche ja doch nicht, während er sich darin diesmal wohl sicher auf die beiden Frauen verlassen konnte. Dann fand sich ja wohl auch mit der Zeit eine Art und Weise, diese aus Versehen geschlossene Verbindung wieder zu lösen.

      Allerdings versuchte er noch einmal mit Rosenthal's Hülfe den Richter zu bewegen, die fatale Sache ungeschehen zu machen. Er konnte ja „das Blatt einfach herausreißen", wer sah hier danach, und daß sie Alle reinen Mund halten würden, dessen durfte er sicher sein. Boyles aber schüttelte ganz entschieden mit dem Kopf, und selbst als ihm Rosenthal, auf Pechtels' Veranlassung, andeutete, daß es dem Wirth auch nicht auf zehn oder zwanzig Dollars ankäme, um ihm, dem Friedensrichter, „außergewöhnliche Mühe" zu vergüten, so weigerte sich der Yankee trotzdem hartnäckig. Er traute nämlich seinem Factotum nicht und wollte ihn nächstens fortschicken, und da dieser von der ganzen Sache wußte, hätte er ihn schlimm in Verlegenheit und noch schlimmer in Strafe und Verlust des Amtes bringen können.

      Die Sache mußte jedenfalls vor der Hand so bleiben, und /60/ Pechtels konnte das nicht besonders zur Genugthuung dienen, daß ihm Rosenthal sagte, er wolle in etwa acht Tagen einmal in der Ansiedelung vorsprechen und sehen, wie sich Alles gemacht habe. Natürlich hielt er den Mund nicht, und der Wirth vom ,,goldenen Affen" wußte genau, was ihm nachher an Spott und Neckereien bevorstand.

      Hier kam er übrigens nicht früher fort, als bis er ebenfalls „tractirt" hatte, und dann war Rosenthal daran, und dann wieder - als ,,glücklicher Gatte" der Wirth. Damit aber machte er sich doch von den Uebrigen los; er fühlte sich nicht in der Stimmung zu einem Gelage, am wenigsten mit diesen Menschen, und sein Pferd wieder aufzäumend, ritt er eine kleine Weile später, allein und keineswegs in besonderer Eile, nach der Ansiedelung zurück.

      Bunte


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