Sky-Navy 14 - Vorposten im Rylon-System. Michael Schenk

Sky-Navy 14 - Vorposten im Rylon-System - Michael Schenk


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und kleinen Besuchergruppen wurde es gestattet, sie zu betreten.

      Der Hohe Rat des Direktorats setzte sich aus den Vertretern aller von Menschen besiedelten Welten zusammen. Die Beschlüsse wurden demokratisch und in einer Zweidrittelmehrheit getroffen und waren dann für alle bindend. Es gab nur wenige, die den Weisungen des Rates, den sogenannten Direktiven des Direktorats, nicht bereitwillig folgten, denn die Mitgliedschaft bot große Vorteile beim Handel und sie bot den Schutz der Streitkräfte. Seitdem die Menschheit, dank des Hiromata-Kristalls, über den Nullzeit-Antrieb verfügte und man sich immer weiter in den Weltraum ausdehnte, war man auf mehrere intelligente Fremdrassen gestoßen. Mit einer davon, den Hanari, war man in fester Freundschaft verbunden. Die Menschen hatten alle Anstrengungen unternommen, um diese Intelligenzen vor der Explosion ihrer Sonne zu retten und sie rechtzeitig umzusiedeln. Auch mit den Negaruyen der Sand-Welt pflegte man freundschaftliche Kontakte. Doch die geheimnisvollen Negaruyen der verborgenen Welt und die insektoiden Norsun waren Völker, mit denen ein Frieden nicht gesichert war. Die Gefahr des Krieges schwebte wie ein Damoklesschwert über dem Direktorat und so waren selbst nach Unabhängigkeit strebende Kolonien bereit, sich enger in den Weltenbund einzubringen.

      Der Hohe Rat des Direktorats verwaltete die eher bescheidenen Vorkommen des Hiromata-Kristalls, verabschiedete die für alle gültigen Gesetze, zog Steuern ein und entschied über den Einsatz der Streitkräfte.

      Hoch-Admiral John Redfeather war der militärische Oberbefehlshaber der Sky-Navy und der Sky-Cavalry. Ihm stand sein Freund, Hoch-General Omar ibn Fahed, zur Seite, der den Befehl über die Truppen innehatte. Beide trafen ihre Entscheidungen prinzipiell unabhängig vom Rat, waren jedoch darauf angewiesen, dass dieser den Einsatz des Militärs bewilligte. Beide Seiten waren dabei um gutes Einvernehmen bemüht, auch wenn es gelegentlich Diskrepanzen gab, da der Hohe Rat auch über die finanziellen Mittel des Militärs entschied.

      In der Vergangenheit hatten die Streitkräfte keine Priorität genossen, denn der Ausbau der Wirtschaft, Handelsbeziehungen und die Unterstützung der besiedelten Welten hatten Vorrang gehabt. Doch mittlerweile mussten immer mehr Welten geschützt werden. Mit den Norsun gab es einen nur unsicheren Waffenstillstand und die Negaruyen der verborgenen Welt hatten schon mehrfach ihre kriegerische Absicht bewiesen.

      Erst vor Kurzem war zum ersten Mal eine der drei wichtigsten Militärbasen der Streitkräfte, die Sky-Base Rigel, angegriffen worden. Daher suchte Hoch-Admiral John Redfeather, gemeinsam mit seinem Freund und Adjutanten, Lieutenant Faso, einige Mitglieder des Hohen Rates auf. Hierbei handelte es sich um die „ausführenden Räte“, besonders Bevollmächtigte, die dann Entscheidungen fällten, wenn diese rasch getroffen werden mussten und keine Zeit blieb, die volle Ratsversammlung einzuberufen. Die Verantwortung der ausführenden Räte war hoch, da sie ihre Beschlüsse später vor der Vollversammlung rechtfertigen mussten, um deren nachträgliche Zustimmung einzuholen. Das war nicht immer leicht und oft scheuten ausführende Räte vor schwierigen Entscheidungen zurück, doch im Verteidigungsfall galten andere Regeln. Eine solche Situation war nach dem Angriff auf Rigel gegeben und die nächste Vollversammlung des Hohen Rates sollte erst in einem Jahr stattfinden.

      John Redfeather setzte daher auf die Befugnisse der ausführenden Räte. Vor allem der Hohe Rat Mbuto Sangales, dessen Vorfahren aus Nigeria auf der Erde stammten, hatte Redfeather in der Vergangenheit immer wieder weitreichende Befugnisse erteilt.

      Sangales hatte Redfeather und Faso zu einer sogenannten kleinen Exekutive eingeladen. Das Treffen mit drei ausführenden Ratsherren sollte einige Beschlüsse ermöglichen, die für die künftigen Möglichkeiten der Streitkräfte entscheidend sein würden.

      Redfeather und Faso nutzten einen Expresslift, um in die Spitze des Ratsgebäudes zu gelangen. Die transparente Kabine glitt außen am Gebäude empor und so genossen die beiden Offiziere eine phänomenale Aussicht über die Metropole Mars Central und deren Umgebung. Diese war längst über die einstigen Überlebenskuppeln hinausgewachsen. Das Stadtbild wurde von Seen, Grünflächen und kleinen Wäldern geprägt, die der Erholung und zugleich als grüne Lunge dienten.

      Obwohl die beiden Offiziere schon seit Jahren befreundet und eng vertraut miteinander waren, wahrten sie eine Art formeller Distanz. Der Lieutenant bemerkte die sorgenvolle Miene des Hoch-Admirals und räusperte sich. „Sir, Sie wirken bedrückt. Sorgen Sie sich wegen des Zusammentreffens?“

      „Nicht wegen Sangales. Wenn Navy und Cav einen Freund im Hohen Rat haben, dann ihn. Aber er kündete an, dass die anderen beiden ausführenden Räte ausgerechnet Lambert und Kenduke sein werden.“

      Faso bewies sein stets gegenwärtiges Hintergrundwissen. „Lambert. Sein Bruder besitzt Lambert Incorporated, einen der größten Waffenproduzenten, von Mars Military Industries einmal abgesehen. In seinen Beschlüssen stets der Industrie wohlgesonnen, beteuert aber, dabei keine persönlichen Interessen zu verfolgen. Weist gerne darauf hin, dass sein Bruder ihm nützliche Einblicke in wirtschaftliche Vorgänge gewährt.“ Der Adjutant lächelte. „Um den würde ich mir keine Gedanken machen, Sir. Ihre Pläne bedeuten Aufträge für die Industrie und dabei wird so einiges für Lambert Incorporated abfallen. Nein, Sir, den Mann haben Sie im Sack.“

      „Schön, Faso, was halten Sie von Kenduke?“

      „Wenig, Sir. Ein Zauderer, der sich lieber der Mehrheit anschließt und ungern eigene Verantwortung übernimmt. Manchmal frage ich mich, Sir, nach welchen Kriterien Politiker gewählt werden. Ich habe trotz ernsthafter Bemühungen noch nicht herausgefunden, ob eher die Qualifikation oder die Augenfarbe entscheidend sind. Da Hochherr Sangales sicher auf Ihrer Seite ist, Lambert seinen Vorteil sehen wird und sich Kenduke gerne der Mehrheit anschließt, dürfen Sie also wahrscheinlich damit rechnen, dass Ihre Vorschläge angenommen werden.“

      Beide mussten lachen und die Stimmung des Hoch-Admirals besserte sich merklich.

      Als sie wenig später das Büro des Hohen Rates Mbuto Sangales betraten, konnte Redfeather ganz unbefangen lächeln, während er den drei Politikern die Hand reichte.

      Während sie in einer gemütlichen Sitzgruppe Platz nahmen und Sangales sie aus einem Robotspender bewirtete, sah Faso sich in dem großen Raum um, der fast die gesamte Ebene der Turmspitze einnahm. Dieser war gegen das Sonnenlicht abgeschirmt und wurde von Skulpturen, Schilden, Waffen und Tierköpfen dominiert, die keinen Zweifel an den afrikanischen Ursprüngen der Familie Sangales ließen.

      Faso ließ seine Hand möglichst unauffällig über einen stehenden Löwen gleiten, um das Fell zu prüfen, doch Sangales war ein aufmerksamer Beobachter. „Er ist echt, Lieutenant. Einer meiner Vorfahren erlegte ihn noch mit dem Speer in der Savanne.“ Er lachte vergnügt. „Natürlich ist das schon zwei oder drei Jahrhunderte her. Wer sich heutzutage an einem Tier oder einer Pflanze auf der Erde vergreift, der braucht eine Sondergenehmigung des Rates oder er riskiert die Gehirnlöschung.“ Sangales wurde wieder ernst und wandte sich Redfeather zu. „John, ich habe eben noch mit den Hochherren Lambert und Kenduke über den Angriff auf Sky-Base Rigel gesprochen. Ich muss sagen, dass uns dieser Vorfall sehr beunruhigt.“

      „Nicht nur Sie, Hochherr“, versicherte John Redfeather. „Nachdem die Negaruyen unseren Kreuzer Nanjing in eine Falle lockten und dessen Besatzung ermordeten, haben sie zweimal Norsun-Welten überfallen, um einen Krieg zwischen uns und den Insektoiden zu provozieren. Rigel hingegen richtete sich erstmals direkt gegen uns. Wenn man von der Falle für unseren Kreuzer einmal absieht“, fügte er einschränkend hinzu.

      „Ein direkter Angriff auf einen unserer stärksten Militärstützpunkte“, betonte Ratsherr Lambert. „Das beweist in meinen Augen, dass sich die Negaruyen nicht vor einer Auseinandersetzung mit uns scheuen.“

      „Krieg“, verbesserte Kenduke nervös. „Wir reden hier nicht von einer simplen Auseinandersetzung, sondern von einem Krieg, der uns alle vernichten könnte.“

      „John, wie sehen Sie das?“, hakte Sangales nach. „Haben wir lediglich ein paar, äh, Unstimmigkeiten mit den Burschen oder befinden wir uns mit ihnen im Krieg?“

      „Ein unerklärter Krieg, Hochherr. Keine offizielle Kriegserklärung, falls es so etwas überhaupt bei einer interstellaren Auseinandersetzung zwischen zwei unterschiedlichen Völkern gibt. Doch die Fakten


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